Es ist ziemlich einfach, einen Mann dazu zu bringen, seine Wohnung zu putzen!

Na ja, ich würde wohl nicht den Meister-Proper-Award gewinnen, aber meine Wohnung macht in der Regel einen ganz ordentlichen Eindruck.

Die Folge guter Erziehung? Ich weiss nicht so recht. Nicht, dass meine Mutter mich nicht gut erzogen hätte, aber damals, im Hotel Mama, bedurfte es gelegentlich schon den Fähigkeiten eines Bergsteigers, um von der Türe zu meinem Bett zu gelangen.

Oder war es meine Ex-Frau, die mich gut „erzogen“ hat? Auch da bin ich mir nicht ganz sicher. Sie war zwar sehr ordentlich und eine Expertin darin, mir zu zeigen, wo ich einen Fleck übersehen habe. Aber die Leidenschaft fürs Putzen hat das in mir nie geweckt. Ich entwickelte eher die Fähigkeit, sie zu überzeugen, dass ich zwar gute Absichten habe, aber so unfähig bin, dass sie es lieber gleich selber macht, als mich zu instruieren. Aber psssst, verratet ihr das ja nicht.

Irgendwie hat das Ehe-Leben dennoch meine Putz-Sinne geschärft. Ich kenne den Unterschied zwischen dem, was eine Frau für sauber hält und der männlichen Definition von blitze-blank. Komischerweise halten es Frauen für wichtig, dass auch an Stellen geschruppt wird, wo man gar nicht hinsieht. Solange ich nicht unters Sofa blicke, stört mich auch nicht, dass dort Staub ist.

Das Schöne am Single-Leben ist, dass ich beim Putzen nur noch mir selber Rechenschaft ablegen muss. Wenn ich finde, dass es sauber ist, dann ist es das auch.

Doof ist nur, dass ich die weibliche Sicht der Dinge kenne. Und diese Stimme in meinem Kopf nicht immer ignorieren kann. Erst vor kurzem wurde sie wieder laut. Ich erwartete Besuch. Weiblichen Besuch.

Am Abend vor diesem Date wollte ich mit einem Kollegen ein Bierchen trinken gehen. Doch als ich von der Arbeit nach Hause kam und mich eigentlich parat machen sollte, entdeckte ich im Badezimmer Kalkflecken. Und ich hatte den Drang, diese sofort zu entfernen. Plötzlich merkte ich, dass auch der Spiegel unbedingt poliert werden muss. Wie lange hatte ich diesen Teppich nicht mehr ausgeschüttelt?! Auf diesem Regal hat sich ja eine richtige Staubschicht angesammelt. Und warum ist mir noch nie zuvor aufgefallen, dass man diese Vase verschieben kann und mit dem Staubsauger plötzlich in noch unerforschte Ecken vordringt?!

Ich musste meinen Kollegen anrufen und die Bierchen-Verabredung absagen. Mein Date mit dem Putzlappen hatte Vorrang.

Was dann aus dem eigentlichen Date wurde? Es kam nicht zu Stande. Sie sagte unsere Verabredung ab. Ganz kurzfristig. Doch das war mir egal. Die Faszination darüber, wie blitze-blank meine Wohnung war, liess alles andere erblassen.

Wenn ich mich jetzt so in meiner Wohnung umschaue, bin ich ganz zufrieden. Doch in den Ecken sammelt sich schon wieder der Staub an. Im Badezimmer wäre eine Entkalkung nötig. Und das Spiegelschränkchen sollte dringend entmistet werden.

Liebe Frauen, ich brauche dringend ein Date.

A la prochaine
Euer Nino

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Info: Nino ist ein Mittdreissiger, war verheiratet und hat zwei Kinder. Nach zehn Jahren in festen Händen kehrt der Seeländer auf den Singlemarkt zurück – und merkt, dass er das Flirten erst wieder lernen muss. Und nein, Nino ist nicht sein echter Name. Auch die Namen der hier erwähnten Damen sind frei erfunden. Aber eine echte Kolumnen-Sammlung gibt es unter www.bielertagblatt.ch/nino