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Moutier

Die Mehrheit will zum Kanton Jura

Am 18. Juni stimmt Moutier über seine Kantonszugehörigkeit ab. Am Montagabend hat das Stadtparlament über die Abstimmungsbotschaft des Gemeinderates beraten. 24 Stadträte wollen zum Jura, 14 plädieren für Bern.

Michael Bassin und Catherine Bürki/pl

Am Montagabend hat sich das Stadtparlament von Moutier versammelt, um über die gemeinderätliche Botschaft zum Urnengang vom 18. Juni zu beraten. Die Exekutive hat nun den Auftrag, die verschiedenen Argumente in die Abstimmungsbotschaft aufzunehmen.

Trotz des brisanten Themas verlief die Debatte durchaus gesittet. Nur zwei Politiker gerieten nach zwei Stunden Beratung verbal aneinander. Der Auftritt von Pierre Alain Droz (SVP) hatte seinem Kollegen Daniel Heizmann (SP) gar nicht gefallen, sodass auch dieser heftig zurückschoss. Noch während Heizmanns Widerrede begab sich Droz abermals zum Mikrofon und holte zur Replik aus. In diesem Augenblick war die Spannung im Saal spürbar.

Aber der SVP-Mann liess sich vom Ratspräsidenten überzeugen, wieder an seinen Platz zurückzukehren. Später bat Droz noch einmal um eine Wortmeldung. Davon abgesehen verlief die lange Beratung eher diszipliniert.

Sicherheitskräfte im Saal

Ganze zwei Stunden und 20 Minuten tauschten die Volksvertreter ihre Argumente aus. Schliesslich sprach sich das Gremium mit einem grossem Mehr für den Übertritt von Moutier in den Kanton Jura aus. Das Ergebnis erstaunt nicht, wenn man die politischen Kräfte im Rat betrachtet: Die SP, der Parti Rauraque, die CVP und der RPJ konnten 24 Stimmen für einen Austritt aus dem Kanton Bern vereinen. Dagegen kamen die probernischen Parteien SVP und FDP mit einer Stimme aus dem Lager des Groupe Interface auf 14 Stimmen. Bei Interface hatten sich drei Abgeordnete der Stimme enthalten (siehe Zweittext).

Dass es sich um eine ganz besondere Sitzung handeln würde, war klar. So waren zwei Sicherheitsangestellte der Gemeinde im Saal anwesend. Die Medienvertreter und das Publikum waren zahlreicher als üblich erschienen.

Bei der Eröffnung der Sitzung kam Stadtpräsident Marcel Winistoerfer von der CVP gleich zur Sache: Leidenschaftlich kritisierte er die Abstimmungskampagne der Pro-Berner. «Die spielen doch nur mit der Angst», wetterte er. Winistoerfer bezeichnete die Argumente der Gegner als «Gerüchte aus der unteren Schublade», als «verworrene Erklärungen» und als «Heuchelei».

Nach der Vorstellung des gemeinderätlichen Berichtes zur Abstimmung stellten die SVP-Fraktion sowie die FDP den Antrag auf Rückweisung des Dokumentes an die Exekutive. Pierre-Alain Drotz monierte «Widersprüchlichkeiten, Ungenauigkeiten und Unterlassungen».

Der SVP-Politiker rügte, dass die Stadtregierung den Brief des Berner Regierungsrates vom 17. Februar (er war nach der Redaktion des Berichtes eingegangen) nicht in die Erwägungen einbezogen habe. Zudem werde die existenzielle Gefahr für das Spital von Moutier nicht genügend gewürdigt. Schliesslich hatten die Behörden von Moutier gemeinsam mit den Kantonen Jura und Bern ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches klar eine Gefährdung des Spitalstandortes feststellt. Am Ende wurde der Rückweisungsantrag mit 27 zu 
12 Stimmen abgelehnt.

Einige Seitenhiebe

Zwischendurch ertönten einige Seitenhiebe. So rief der Pro-Berner Pierre-Alain Droz, nachdem die Redezeit seiner projurassischen Ratskollegin Chantal Mérillat zu Ende war, in den Saal: «Ich verlange eine Ausnahme vom Reglement, denn das, was Chantal hier vorträgt, ist ja so interessant.» Auch Valentin Zuber (SP) wandte sich vom Rednerpult an seinen Gegner Manfred Bühler (SVP): «Sie sind ein Repräsentant unseres künftigen Ex-Kantons.»

Bei der Diskussion wurden zwar alle wichtigen Themen behandelt, aber wirklich neue Argumente sind nicht vorgebracht worden.

Die Pro-Berner fürchten vor allem um die Existenz des Spitals von Moutier, welches eine wichtige regionale Arbeitgeberin und Ausbildungsstätte ist. Ebenso werden die vom Kanton Jura bisher gelieferten Zahlen in Zweifel gezogen: Es handle sich um dürftige «jurassische Versprechen», sagen die Berntreuen.

Die Befürworter des Übertritts in den Kanton Jura sehen das anders und kehren den Spiess um: Sie sprechen von einem «totalen Mangel an Garantien» vonseiten des Kantons Bern. Die Autonomisten stellen die soziale Familienpolitik und das Schulsystem im Kanton Jura in den Vordergrund. Zudem laufe Moutier in Gefahr, im «Sog der Metropolregion Biel-Seeland zu ertrinken».

Nun müssen die verschiedenen Argumente Eingang in die Abstimmungsbotschaft der Exekutive von Moutier finden. Die Redaktion obliegt dem Büro des Stadtparlamentes. Dieses besteht aus fünf Mitgliedern, welche unterschiedlichen Parteien angehören.