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«Man will ein Stück Expo und ein Stück ETF zurück»

Lakelive

Lukas Hohl
im Bieler
Strandbad – dort, wo Lakelive mit
diversen
Sportangeboten
punkten will. 
Susanne Goldschmid

Interview: Bernhard Rentsch

Lukas Hohl, was ist Lakelive?

Lukas Hohl: Es ist ein generationen- und kulturübergreifendes Festival, das die Region zusammenbringen und Angebote in den Bereichen Musik, Sport und Kultur schaffen will.

Das war nun die Beschreibung des Produkts in sehr schöner PR-Sprache aus dem Katalog. Geht es etwas konkreter?

Die Nutzung und Präsentation der Seelage für die ganze Bevölkerung ist uns schon ein wichtiges Anliegen. Lakelive entsteht entsprechend auch mit vielen Partnern, Inputs und Ideen aus der Region. Wir sind mit ganz Vielen im Gespräch. Es soll nicht einfach ein Musikfestival werden, wie wir dies sehr oft in der ganzen Schweiz antreffen. Viele erinnern sich an Erlebnisse während der Expo 2002 oder dem Eidgenössischen Turnfest 2013 – da wollen wir anknüpfen. Wir planen, das Gelände in Nidau auch visuell und mit unseren Bauten diesen beiden Erfolgsgeschichten anzupassen. Es wird Einiges entstehen, das sich im Juni 2013 bewährte.

Wie kam es zur Idee?

Wir liebäugelten schon länger mit der Brache am See. Einzelveranstaltungen bewiesen immer wieder, dass da Leben darauf gehört. Nach der Wettbewerbsausschreibung der Stadt Biel zur Belebung des Seebeckens haben wir uns zusammengetan und ein Konzept eingereicht.

Was heisst wir?

Hinter dem Konzept steht die Bieler Eventagentur Eventra, unter anderem die Organisatoren des Festivals Royal Arena und Orpundart in Orpund, und Fränk Hofer vom Zukunftsatelier in Biel. Wir haben das Thema aber von Anfang an im Team angepackt. Wir sind zusammen mit Marcel Sallin und Fränk Hofer als Trio hauptverantwortlich. Hofer ist als früherer Direktor des Eidgenössischen Turnfestes von 2013 eine wichtige Figur, kennt die Rahmenbedingungen und auch die Infrastrukturen bestens. Neben uns dreien sind sehr viele weitere wichtige Akteure involviert, die das Festival mitprägen werden.

Sie wollen Musik, Sport und Kultur verbinden. Wie setzen Sie dies um?

Primär, indem wir ein Festivalgelände schaffen, das für alle während neun Tagen gratis und frei zugänglich ist.

Gratis sind die grossen Konzerte aber wohl nicht?

Nein, für Livekonzerte und für Livesport gibt es ein Ticketingsystem. Gratis ist aber der Zugang auf rund 90 Prozent des Geländes und die Nutzung des vielfältigen Angebots aus dem regionalen Kulturbereich auf einer Zirkusbühne. Auch das Bieler Strandbad ist während neun Tagen gratis zugänglich.

In der Schweiz gibt es viele Konzerte, Veranstaltungen, Festivals und Open-airs. Die Dichte an Sommeraktivitäten ist enorm. Weshalb braucht Biel Lakelive?

Natürlich sind die Möglichkeiten im Sommer fast unbegrenzt. Aber in Nidau und in Biel, insbesondere am Seeufer, fehlt etwas. Wir haben den Eindruck, die Menschen in unserer Region haben auf so etwas gewartet. Man will ein Stück Expo und ein Stück ETF zurück.

Wen sprechen Sie konkret an?

Die Zielgruppe «alle» existiert im Marketing zwar nicht. Es ist aber halt doch, was wir anstreben. Wir möchten für jede und für jeden etwas anbieten – und sei es ganz einfach das Geniessen des Sommers in Seenähe.

Zurück zum Angebot: Sie haben von drei Bereichen gesprochen. Bisher kennt man vor allem erste (zu bezahlende) Musikangebote. Damit beschreiten Sie noch keine neuen Wege.

Da haben Sie recht. Und wir unterscheiden uns gegen aussen auch noch nicht speziell gegenüber andern Angeboten. Wegen den frühzeitig nötigen Verpflichtungen der diversen Lead-Angebote auf der Musikbühne und damit verbunden mit dem Start des Vorverkaufs mussten wir damit beginnen. Es folgen aber Highlights und vielfältige Angebote in den Bereichen Sport und Kultur.

Womit punkten Sie auf der grossen Bühne?

Wir setzen dort Akzente, wo kein anderes Festival dies tut. Zum Beispiel mit dem Engagement des Duos 2Cellos – wer bringt schon zwei Cellisten auf die grosse Bühne? Oder mit dem gewählten Mix zwischen Elektro-Klängen, einer Schlagernacht oder einem Abend mit Latin-Musik. Stolz sind wir darüber, dass wir mit einem Bieler Abend mit Pegasus, James Gruntz oder Cee-Roo starten können.

Wie viele Besucherinnen und Besucher erwarten Sie?

Über die ganze Festivaldauer erwarten wir rund 100 000 Besucher – der mit Tickets zugängliche Musikbereich wäre mit 15 000 Anwesenden ausverkauft. Das erreichen wir aber wohl im ersten Jahr nie.

Am 31. Juli findet auf dem See und auf dem benachbarten Strandboden traditionellerweise der Big Bang statt. Konkurrenzieren Sie sich nun mit dem Sommerfest?

Nein, auch da läuft die Zusammenarbeit sehr gut. Nach dem Feuerwerk, das bekanntermassen sehr viele Menschen anzieht, geht es bei uns mit einem Elektroprogramm weiter. Das ist wohl eher etwas für ein jüngeres Publikum. Die Besucher des Big Bang können aber auch einfach so bei uns verweilen. Wir unterstützen die Organisatoren des Bielerseefestes unter anderem, indem die Kosten für den Pinverkauf zugunsten des Feuerwerks bei uns im Ticketpreis eingeschlossen wird. Die Tatsache, dass an diesem Abend sehr viele Menschen auf dem Strandboden und im Strandbad zusammenkommen, stellt uns aber schon vor grosse Herausforderungen. Dessen sind wir uns bewusst.

100 000 Besucher ist ein ambitiöses Ziel. Sie müssen dazu auch Gäste von ausserhalb der Region anlocken. Wie bewerben Sie dazu das neue Angebot?

Das ist eine grosse Aufgabe. Und das ist auch nicht eine günstige Aufgabe. Wir können uns nicht nur auf die Werbung und Kommunikationskampagne in der Region beschränken. Wir müssen in der ganzen Schweiz aktiv sein. Das wird mit den ersten warmen Sonnenstrahlen einfacher sein als bisher.

Sie sprechen es an: Im Winter ein Sommerfestival zu bewerben, ist schwierig. Wie sind die bisherigen Erfahrungen?

Das ist schon so – und gleichwohl freuen wir uns über einen erstaunlich guten Start im Vorverkauf. Für einige Konzerte gehen die Tickets im grossen Rahmen weg. Auch die Hotels in der Region signalisieren bereits einen sehr guten Buchungsstand.

Welches sind denn bisher die Renner?

Ganz klar der kolumbianische Latin-Star Carlos Vives, der Besucher aus der ganzen Schweiz und dem benachbarten Ausland anzieht. Er ist eine Art Polo Hofer von Lateinamerika und tritt erstmals in der Schweiz auf.

Mit welchen kritischen Reaktionen wurden Sie bisher konfrontiert?

Die Rückmeldungen sind bisher durchwegs positiv. Uns kommt zugute, dass die Erwartungshaltung nicht extrem gross ist. Viele freuen sich ganz einfach, dass hier im Sommer etwas läuft.

Auch die Anwohner, die während mehreren Tagen mit Mehrbelastungen und Lärm konfrontiert werden?

Diese Thematik ist sehr präsent und ist uns sehr wohl bewusst. Da haben einzelne Veranstalter in den letzten Jahren Fehler gemacht. Wir werden aktiv auf die Anwohner zugehen und an drei Abenden die Problematik diskutieren. Bisher kam noch keine Kritik bis zu uns.

Mit welchem Sportangebot wollen Sie punkten?

Im Zentrum steht da der Bielersee mit Strand- und Wassersportarten. Wir unterscheiden zwischen den Livesport-Angeboten und den Sportaktivitäten. Im zahlenden Bereich finden ein nationales Beachvolleyballturnier und ein internationales Klub-Beachsoccer-Turnier statt.

Aufgrund der Erfahrungen an der Beachvolleyball-EM in Biel dürfte es damit allerdings zuschauermässig nicht einfach sein. Was machen Sie besser?

Nichts – die Schwierigkeiten sind uns bewusst. Wir erwarten da auch nicht Tausende von Zuschauern. In beiden Sportarten finden einwöchige Camps für Jugendliche statt. Damit fördern und unterstützen wir diese auf unsere Weise.

Die Sportangebote für alle?

Während den neun Festivaltagen soll der Bielersee zum Treffpunkt werden. Wie erwähnt ist der Zugang zum Ufer im Strandbad gratis. Dieses wird zum Open-air-Fitnesszentrum, wo man in Workshops zahlreiche Sportarten ausprobieren kann. Für die Sportangebote wird dabei eine kleine Gebühr fällig.

Womit wir wieder bei den Finanzen wären. Wie erreichen Sie das Budget von 2,5 Millionen Franken, das von Ihnen kommuniziert wurde?

Die Einnahmen setzen sich einerseits aus dem Ticketing und aus Sponsoring zusammen. Die Stadt unterstützt uns zudem mit einem fünfstelligen Betrag. Das Risiko tragen dabei vollständig wir. Für Lakelive haben wir eine GmbH gegründet.

Sie sprechen von Unterstützung der Stadt Biel. Andere Veranstalter beklagen diese. Weshalb profitieren Sie?

Wir profitieren nicht, weil wir etwas Spezielles machen, oder weil wir spezielle Zugänge zur Stadtkasse kennen. Diese Unterstützung ist Bestandteil der erwähnten Wettbewerbsausschreibung und dient zur Attraktivierung der Seezone.

Wie schwierig war die Suche nach Sponsoren?

Das ist tatsächlich eine aufwändige Sache. Wir sind da seit Längerem dran und dürfen heute feststellen, dass das Sponsoringbudget bereits erreicht ist. Wir erhalten auch sehr viel Unterstützung aus der regionalen Wirtschaft. Es bewährt sich, dass wir ebenfalls Päckli für kleinere Budgets geschnürt haben.

Welchen Betrag erarbeiten Sie mit Sponsoring?

Das bleibt intern und wird nicht kommuniziert.

Wie tief müssen die Besucher ins Portemonnaie greifen?

Wir haben viele verschiedene Angebote, eigentlich für jedes Budget. Damit das ganze Festival erschwinglich wird, gibt es Passepartouts. Ein Stehplatz bei allen Konzerten und Live-Sportevents kostet 299 Franken.

Das dritte Thema ist Kultur. Was ist da geplant?

Neben vielen regionalen Angeboten in unserem Local Market sticht da die erwähnte Bühne in einem Zirkuszelt hervor. Auch da treten Künstlerinnen und Künstler aus verschiedensten Sparten auf. Natürlich vor allem Talente aus der Region. Das Programm ist noch in Bearbeitung. Klar ist, dass da niemand Eintritt bezahlen muss.

Trotz professionellen Organisationsstrukturen sind Sie auf viele ehrenamtliche Helfer angewiesen. Wie gehen Sie bei der Rekrutierung vor?

Auch wir brauchen natürlich sehr viele Helferinnen und Helfer. Wir benötigen sicher mindestens 800 Volonteers. Diese rekrutieren wir dank unseren Beziehungen im Sport und in der Kultur. Fränk Hofer hat da viel Erfahrung bei Sportveranstaltungen, wir organisieren seit etlichen Jahren unter anderem die Festivals in Orpund. Da greifen wir auf ein grosses Netzwerk zurück. In Orpund hatten wir noch nie grössere Probleme, genügend Helfer zu finden. Da war und ist auch nie die Entschädigungsfrage im Zentrum. Viele sind zufrieden, Teil des Ganzen zu sein und jedes Jahr wieder mithelfen zu können.

Sie sprechen die Mehrjahresplanung an. Damit ist bereits klar, dass Lakelive nicht ein einmaliges Festival ist?

Der riesige Aufwand, den wir aktuell für die erste Austragung betreiben, soll in der Tat nicht nur für eine Durchführung sein. Natürlich wollen wir Lakelive jährlich durchführen und den Anlass so zu einem festen Bestandteil des Sommers am See werden lassen.

Zur Person

  • Lukas Hohl
  • Aufgewachsen in Orpund
  • Jahrgang 1991
  • Mitarbeiter der Eventagentur Eventra 
GmbH in Biel
  • Zusammen mit Marcel Sallin und 
Fränk Hofer Projektleiter Lakelive 
und Sprachrohr des Festivals
  • KV-Ausbildung mit Weiterbildungen Marketing/Kommunikation; diverse 
Tätigkeiten im Marketing-/Managementbereich v.a. bei Sportorganisationen – u.a. Vereinsmanagement beim Schweizerischen Fussballverband und Turnverband br