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Wochenkommentar

CBD: Fluch oder Segen für die Legalisierungs-Befürworter?

Wird CBD zum Türöffner für einen legalen Cannabis-Markt? Könnte man meinen. Zu einem anderen Schluss kommt Redaktionsleiter Parzival Meister in seinem Wochenkommentar.

Heimat: Die CBD-Hanf-Zigarette, die der Detailhändler Coop ins Sortiment aufgenommen hat. copyright: keystone

Parzival Meister

Wer hätte das gedacht, als letztes Jahr bekannt wurde, dass nun Hanf ohne Rauschwirkung auf den Markt kommt? Wer hätte gedacht, dass der legale CBD-Hanf dermassen einschlagen würde? In der breiten Bevölkerung galt Hanf als Rauschmittel. Klar, es war bekannt, dass Cannabis auch zu medizinischen Zwecken zum Einsatz kommt. Doch für den Grossteil der Bevölkerung war klar, dass die breite Masse der Kiffer das Zeug nur raucht, um high zu werden.

Dass nun ein Produkt auf dem Markt reissenden Absatz findet, das nicht «bekifft» macht, ändert vieles. In erster Linie ändert es aber die öffentliche Wahrnehmung von Hanf. Registrierten die Sinnesorgane früher diesen süsslichen Rauchgeschmack, war sofort klar: Hier betäubt sich jemand. Heute begegnet man demselben Duft und denkt sich: Ist ja nichts dabei. Völlig legal. Diesen Hanf gibt es ja nicht beim Strassen-Dealer, man kauft ihn im Denner, am Kiosk oder bei Coop als vorgedrehte Zigaretten.

Bekannt wurde CBD durch einen Bericht des US-Senders CNN vor rund fünf Jahren. CNN zeigte in einem Dokumentarfilm, wie der Wirkstoff Cannabidiol, also CBD, einer 5-Jährigen dabei half, ihre Epilepsieanfälle unter Kontrolle zu bringen. Dies, nachdem sämtliche andere Medikamente versagten. Zwar ist die medizinische Wirkung von CBD erst ungenügend erforscht, doch Berichte über die positive Wirkung von Hanf auf Menschen mit bestimmten Leiden häufen sich. Diese Fälle und der Umstand, dass CBD eine beruhigende Wirkung ohne Rausch nachgesagt wird, machen neugierig. Die allgemeine Wahrnehmung zu Cannabis in der Öffentlichkeit hat sich verändert, Konsumenten werden nicht mehr per se als «Drögeler» abgestempelt.

Und diese Neugier hat in der Schweiz einen neuen Markt geschaffen. So wird geschätzt, dass der Verkauf des legalen Hanfs im laufenden Jahr zu Steuereinnahmen von rund 15 Millionen Franken führen wird. Hanf scheint beliebter zu sein denn je. Interessant ist in diesem Zusammenhang aber die Frage, ob CBD ein Türöffner für einen noch viel grösseren Markt sein wird. Nämlich für legales Marihuana mit Rauschwirkung.

Im Frühling dieses Jahres hat der  Verein «Legalize it» bei der Bundeskanzlei einen Initiativtext eingereicht, der die Legalisierung von Marihuana anstrebt. Die Prüfung des Initiativtextes ist noch nicht abgeschlossen, wann die Unterschriftensammlung beginnt, ist offen. Doch klar ist: Die Schweiz wird sich nach 2008 erneut mit der Cannabis-Legalisierung auseinandersetzen und eine Entscheidung treffen müssen – ob aufgrund dieser Volksinitiative, oder aber das Thema wird bereits auf parlamentarischer Ebene wieder aufs Parkett gehievt.

Die Frage nun, ob der CBD-Boom für die Legalisierungs-Befürworter ein Segen ist, dürften die meisten mit einem Ja beantworten. Es liegt doch auf der Hand: Legaler und illegaler Hanf sind optisch und vom Geruch her nicht zu unterscheiden. Das Produkt also, das legalisiert werden soll, hat einen Zwilling, von dem die Schweizer regelrechte Fans sind. Die negativen Assoziationen zur Pflanze sind der Euphorie gewichen, welch positive Wirkung dieses Kraut haben kann. Der süssliche Rauch, er ist salonfähig geworden.

CBD, der Türöffner also? Mitnichten. Der CBD-Markt wird tendenziell eher den Legalisierungs-Gegnern in die Hände spielen. Beziehungsweise nimmt er all jenen Befürwortern den Wind aus den Segeln, die mit dem viel gepriesenen, positiven Wirkstoff der Pflanze argumentieren. Der Erfolg von CBD basiert ja gerade darauf, dass Cannabis auch ganz ohne Rausch seine positive Wirkung entfalten kann. Eine Legalisierung von Marihuana sei also unnötig, werden die Gegner sagen können.

Welche Argumente bei dieser Abstimmung den Unterschied machen werden, wird sich erst noch zeigen. Für den «bösen» THC-Hanf ist der «gute» CBD-Hanf aber eher Fluch als Segen.

E-Mail: pmeister@bielertagblatt.ch  
 

Stichwörter: CBD, Hanf, Legalisierung, Debatte

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