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Siegfried Weichlein

«Das war der Sündenfall schlechthin»

Was ist in Deutschland los? Warum hat die Thüringen-Wahl die Kanzlerkandidatin zur Aufgabe gebracht? Wieso schafft der Erfolg der AfD derart grosse Aufregung? Und könnte die Schweiz ein Vorbild sein für den Umgang mit der Rechten? Antworten von Historiker Siegfried Weichlein, der beide Politiksysteme von Nahem kennt.

Historiker Siegfried Weichlein beim Reichstag in Berlin:«Verletzlichkeit ist ein hohes Gut für Deutschland.»  copyright: paul hahn/bieler tagblatt

Interview: Tobias Graden

Siegfried Weichlein, letzte Woche wurde in Thüringen der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt, kurz darauf stand die Bundesrepublik Kopf. Warum diese Aufregung?
Siegfried Weichlein: Die Wahl war der Sündenfall deutscher Politik schlechthin.

Warum?
Weil es sich um eine faktische Koalition von CDU, FDP und AfD gehandelt hat, die den neuen Ministerpräsidenten gewählt hat. Dieses Zusammenspannen der bürgerlichen demokratischen Mitte mit der äussersten extremen Rechten, das erregt ein solches Aufsehen. Die Grünen, die Sozialdemokraten und die Linken haben die Frage, wie sie sich zur Rechten stellen, schon lange beantwortet. Jetzt stellt sie sich für CDU und FDP.

Wenn man aber ganz simpel nach dem Links-Rechts-Schema geht und die AfD darauf zur rechten Seite zählt, ist es doch nicht weiter erstaunlich, dass eine Mehrheit für einen bürgerlichen Ministerpräsidenten gebildet wird.
Das Wort von der «bürgerlichen Mehrheit» ist ein Begriff, den die AfD selber ins Spiel gebracht hat, um sich mit der CDU und der FDP auf eine Bank zu setzen. Die deutsche historische Erfahrung ist aber eine andere: Die bürgerliche Mitte, das ist nicht die AfD. Die AfD hat vor dem Hintergrund der deutschen Erfahrung im 20. Jahrhundert jene Position inne, welche die rechtsextremen Parteien vertreten haben.

Die AfD hat in Thüringen fast 25 Prozent Wähleranteil. Es war eine Frage der Zeit, bis sie zu einem wichtigen Faktor bei solchen Wahlen werden würde.
Ja, aber ein wichtiger Faktor ist sie schon länger, und schon länger stellt sich gerade deswegen für die bürgerliche Mitte die Frage: Wie halten wir es mit der AfD, wenn es uns denn möglich wäre, mit der AfD zusammen einen Bürgermeister zu wählen oder einen Ministerpräsidenten? Anders als in der Schweizer Konkordanzdemokratie geht es hier um den Zugang zu den Schalthebeln der Macht in der parlamentarischen Mehrheitsdemokratie – und damit um den Ausschluss von Anderen. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte stellte sich also die Frage: Ist die Brandmauer auf der Seite zur extremen Rechten stabil oder hängt sie von tagespolitischen Opportunitäten ab?

Sie hätten Kemmerich also nicht zugetraut, dass er diese Brandmauer auch aufrecht erhält?
Die Brandmauer war ja schon gefallen! Die Wahl selbst war – wiewohl formal korrekt – eine faktische Koalition von AfD und Bürgerlichen und hat genau das Argument von äusserster rechter Seite validiert, nämlich dass es eine bürgerliche Mehrheit gibt. Aber die AfD, das sind keine Bürgerlichen! Das sind Leute der extremen Rechten, zumal in Thüringen. Neuwahlen muss es allerdings nicht in erster Linie wegen dieser Wahl vom 6. Februar geben, sondern weil die Landtagswahlen keine eindeutigen Mehrheiten hervorgebracht haben.

Sie haben also Verständnis für die Abgeordnete Susanne Henning-Wilsow von der Linken, die dem frisch gewählten Ministerpräsidenten als Zeichen der Verachtung den Blumenstrauss vor die Füsse geworfen hat?
Bei dieser Szene muss man genau hinschauen: Es war eine Doppelgeste. Da war auch eine angedeutete Verneigung dabei. Die Abgeordnete zeigte Achtung für das Amt des Ministerpräsidenten, aber Abscheu vor dem Amtsinhaber und der Art und Weise, wie er sich hat wählen lassen. Hätte sie bloss den Blumenstrauss hingeworfen, dann wäre dies ein Fehdehandschuh gewesen und liesse sich nicht mehr demokratisch rechtfertigen.

Die Regierung Kemmerich wäre ohnehin nicht lange überlebensfähig gewesen, man hätte sich also gut etwas Gelassenheit leisten können.
Sie ist ja sozusagen umgehend gestürzt worden, der Ministerpräsident ist jetzt nur geschäftsführend im Amt. Einerseits habe ich hinreichend kenntlich gemacht, worin das unerhörte Ereignis besteht. Anderseits tut man der extremen Rechten einen Gefallen, wenn man nun eine Dauererregung in der Öffentlichkeit schürt, weil davon profitieren nur die Extreme. Etwas mehr Gelassenheit im Umgang mit dem parlamentarischen Alltag wäre ratsam, aber gleichzeitig auch eine deutliche Wachsamkeit gegenüber rechts.

Die Wahl in Erfurt verlief verfassungskonform und insofern den demokratischen Regeln gehorchend. Jedoch forderte selbst die Bundeskanzlerin, die Wahl sei rückgängig zu machen. Diese Reaktion ist doch undemokratisch, nicht?
Ja und Nein. Es ist undemokratisch auf den ersten Blick, diese Wahl eines Ministerpräsidenten sofort anzugreifen. Anderseits: Mit der formalen Korrektheit alleine ist es nicht getan. Formal korrekt ist auch Franz von Papen 1932 ins Amt gekommen und hat daraufhin Preussens Selbständigkeit beendet. Formal halbwegs korrekt ist Adolf Hitler an die Macht gekommen. Das zeigt: Gerade in Deutschland ist Demokratie mehr als eine formale Angelegenheit. Sie ist die Sicherung von Rechtsstaatlichkeit, von Rechtsgleichheit und Wohlfahrtsstaatlichkeit, das ist alles im Grundgesetz festgeschrieben. Wenn an diesen Säulen gerüttelt wird, dann sind gleichsam demokratische Grundfeste gefährdet.

Für die CDU in Ostdeutschland verbietet sich eine Kooperation mit der Linkspartei. Wird diese spezifische Ost-West-Komponente nicht zu wenig berücksichtigt?
Da sprechen Sie eine wichtige Bruchlinie in der politischen Kultur an. Um in der CDU diesen Anti-SED-Reflex durchzusetzen, wird man offenbar in Teilen so radikal, dass man selbst die Unterstützung der AfD in Kauf nimmt. Die Ursachen liegen in der generationellen Prägung durch die DDR. Im SED-Regime gab es per Definition keine Faschisten, die waren angeblich allesamt in der Bundesrepublik. In Wahrheit aber waren für 1989 über 15000 Rechtsradikale in der DDR dokumentiert. Es gibt im Osten keine Kultur, sich mit der eigenen Geschichte zu konfrontieren, und die alleinige Verantwortung für die Zeit zwischen 1933 und 1945 wurde an Westdeutschland abgeschoben. In Westdeutschland ist die politische Kultur dagegen viel stärker dadurch geprägt, dass die nötigen Fragen seit den 60er-Jahren gestellt wurden: Papa, wo warst du im Krieg? Was hast du gemacht bei den Nazis? Dieser grosse Unterschied wirkt mental bis heute nach.

Gleichwohl: Es gibt nicht nur in Thüringen Stimmen in der CDU, die sagen, man dürfe nicht einer linken Regierung den Weg ebnen. Hans-Georg Maassen, prominentestes Mitglied der Werte-Union, hat das auch so gesagt, und der kommt aus dem Westen.
Das bringt uns zur grundsätzlichen Frage: Ist denn das Nazi-Regime von 1933 bis 1945 dasselbe wie das SED-Regime in der DDR? Müssen wir die Linke genauso bekämpfen wie die AfD?

Was denken Sie?
Da würde ich eben sagen: Bei der Linken handelt es sich um eine Partei, die nach 30 Jahren Ankommen in gesamtdeutschen Institutionen ihre Erfahrung mit der Demokratie gemacht hat. Wir haben von ihr Ministerpräsidenten gesehen und Regierungsbeteiligungen. Wir haben nicht gesehen, dass es dabei zu Gehirnwäsche und Indoktrination gekommen wäre. Also muss Die Linke anders bewertet werden als die AfD.

Der unterlegene bisherige Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow postete am 6. Februar in den sozialen Medien umgehend ein Bild, das den Handschlag Kemmerichs mit Björn Höcke mit jenem zwischen Hitler und Hindenburg gleichsetzt. Ist dies für Sie als Historiker ein angemessener Vergleich?
Nein, das ist es nicht. Es gibt eine Pseudo-Evidenz: Es herrscht die gleiche Stimmung, die Körperhaltungen sind ähnlich. Doch historische Vergleiche haben ihre Untiefen. Wenn Ramelow mit diesem Bild den Tag von Potsdam aufruft, evoziert er, dass die AfD mit der NSDAP gleichgesetzt werden kann. Doch die AfD ist nicht die NSDAP. Sie hat keine paramilitärische Truppe wie die SA, die in den letzten Weimarer Jahren so wichtig war. Sie hat keinen rassistischen Vernichtungswillen gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe. Damit soll nicht gesagt sein, dass es in der Bundesrepublik keine echten Neonazis gäbe – die gibt es durchaus, zum Beispiel in der Jugendabteilung der NPD. Von der AfD lässt sich dies aber nicht sagen. Und sie steht auch nicht gerade vor der vollständigen Machtübernahme, wie es das Hitler-Hindenburg-Bild suggeriert.

Die heutige Lage wird von AfD-Kritikern allgemein gerne mit dem Ende der Weimarer Republik gleichgesetzt. Ist das sinnvoll?
Es besteht eine Pseudo-Evidenz. Damals wie heute gibt es Rechte, und die Regierungsbildung ist schwierig. Wer genauer hinsieht, bemerkt freilich, dass wir es mit anderen Kontrahenten zu tun haben, dass wir heute keine Präsidialregierung haben, die gar nicht mehr aufs Parlament achten muss, wie das am Ende der Weimarer Republik der Fall war. Damals war ja auch die Opposition ausserparlamentarisch. Von der Gefährdung der Demokratie müssen wir heute zwar tatsächlich sprechen, aber sie hat andere Ursachen.

Welche?
Wir dürfen sie uns nicht als Wiederholung dessen vorstellen, was 1933 in Deutschland geschah oder zuvor in Italien, Polen oder Ungarn. Heute geht es vielmehr darum, dass die grossen demokratischen Blöcke zersplittern, dass autoritäres Gedankengut vordringt, dass populistische Positionen und Ganzheitsvorstellungen gewinnen und dass das Potenzial, sich schon bei kleinsten Dingen masslos zu erregen, so zugenommen hat, dass das Feld für Kompromisse und Gemeinsinn immer enger wird.

Szenarien wie in Thüringen sind allerdings auch in anderen Bundesländern absehbar, das Sprengpotenzial ist gross. Wie sollten also die etablierten Parteien damit umgehen?
Die AfD kündigt ja an, bei einer nächsten Wahl Ramelow zu wählen… Sie will das System ad absurdum führen. Es zeichnen sich aber mehrere Modelle des Umgangs damit ab. In Brandenburg etwa spannen die etablierten Parteien zusammen, um den Rechten den Weg zur Macht zu erschweren. Wir müssen uns aber klar machen: Wir befinden uns mitten im Aufgalopp für die nächsten Bundestagswahlen. Das Modell, sich von der extremen Rechten tolerieren zu lassen oder mit ihr eine Mehrheit zu finden, ist bei diesen nicht vorstellbar. Das heisst: Eine Partei, die jetzt dieses Modell favorisiert, wird sich bei der Bundestagswahl einem ganz anderen Gegenwind ausgesetzt sehen als nun in Thüringen.

Es mehren sich nun die Forderungen, Merkel müsse zurücktreten. Vielleicht kommen die Bundestagswahlen früher als vorgesehen.
Das fordert der Gauland schon lange... Damit täte Merkel der AfD den grössten Gefallen. Mir scheint, das ist der unwahrscheinlichste Ausgang derzeit, es sei denn, der Druck auf sie wächst aus ihrer eigenen Partei selbst; mit dem Argument, Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur müssten in einer einzigen Person liegen.

Die moderne Schweizer SVP wird gerne als Blaupause für andere rechtspopulistischen Parteien in Europa gesehen, auch für die AfD. Aus Schweizer Sicht lässt sich sagen: Die Einbindung aller relevanten politische Kräfte ins System ist die vernünftigste Weise des Umgangs mit dem Rechtspopulismus. Die Schweiz ist nicht zur Diktatur geworden und die Attraktivität der SVP ist hierzulande zuletzt eher gesunken. Wäre dies nicht ein mögliches Modell für den Umgang mit der AfD?
Die Schweizer Konkordanzdemokratie ist doch etwas ziemlich anderes als die bundesdeutsche Verhandlungsdemokratie. Die Schweizer Konkordanz sichert allen grossen politischen Kräften ihre Beteiligung an der Regierung. Dagegen ist das deutsche parlamentarische demokratische System mit starken Verhandlungselementen zwar auf Konsens ausgerichtet – in der Koalition und möglicherweise mit Partnern darüber hinaus. Aber es sieht eben auch den Wechsel zwischen Mehrheit und Minderheit vor. Was zudem in der Schweiz bei Abstimmungen zuletzt aufgefallen ist, ist das starke zivilgesellschaftliche Engagement gegen die Initiativen und Referenden der Rechten, denken Sie etwa an die Operation Libero. So etwas gibt es in Deutschland kaum, da ist die Staatsgläubigkeit stärker, man vertraut auf die Parteien. Der grösste Unterschied aber ist, dass die deutsche politische Kultur immer das Element der Verantwortung gegenüber den Verbrechen von 1933 bis 1945 haben wird; gegenüber dem Mord an den europäischen Juden und den 55 Millionen Toten, die der Zweite Weltkrieg forderte. Das war ein solches Ausmass an Gewalt, dass es eine langwährende Verantwortung begründet.

Europaweit gesehen ist der Aufstieg der AfD nicht beispiellos, auch anderswo gibt es vergleichbare Entwicklungen. Vollzieht sich also in Deutschland einfach eine breitere Entwicklung mit etwas Verspätung?
Die europäische Normalität ist es sogar, dass die rechten und rechtsextremen Parteien eher bei 30 Prozent liegen als wie in Deutschland bei etwa 15 Prozent. Spätmoderne Gesellschaften folgen anderen politischen Dynamiken als zu der Zeit, als wir das althergebrachte System mit vier grossen Parteien gewohnt waren. Diese grossen Blöcke – der Sozialismus, der Liberalismus, der politische Katholizismus und der Konservatismus – bildeten die Verwerfungen der Industriegesellschaft ab, nämlich die Konflitklinien zwischen Arbeit und Kapital, Zentrum und Peripherie und von Mehrheit und Minderheit. In der postindustriellen Gesellschaft, also seit den 1970er-Jahren, greifen diese Gegensätze kaum mehr. Dieser Wandel hat die Zersplitterung der Mittelschicht gebracht, und mit ihr ist auch das Parteiensystem zersplittert.

Ist der Aufstieg der Rechten auch damit zu erklären, dass die Erinnerung an die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs verblasst, nicht zuletzt, weil die Zeitzeugen aussterben? Es sind ja nicht nur die so genannten Globalisierungsverlierer, die rechts oder rechtspopulistisch wählen.
Die normative Wirkung des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts lässt bei vielen Menschen nach und neue Probleme drängen in den Vordergrund – und in Osteuropa war es ohnehin die Auseinandersetzung mit dem Kommunismus, die man als letztes erlebt hat. Für die Bundesrepublik aber darf dies nicht gelten. Man kann nicht Bach und Beethoven haben ohne Himmler und Hitler, man kann keine Rosinenpickerei betreiben und die Weimarer Klassik betonen, aber Buchenwald auslassen. Das Abflauen der Erinnerung wird für Deutschland nicht möglich sein.

Wir erleben in Deutschland nun gerade das Ende der Grossen Koalition. Wie geht es weiter?
Man darf diese Frage nicht nur mit Blick auf Deutschland betrachten. Die Erinnerung an den Nationalsozialismus ist auch deshalb so wichtig, weil Deutschland eine mindestens semi-hegemoniale Stellung in der EU hat. Durch diese Erinnerung bleibt die Bundesrepublik ein verletzlicher Hegemon, wie Herfried Münkler geschrieben hat. Dies sichert den Rändern Europas ihre Mitsprache und beruhigt sie. Wenn dieser Hegemon nicht mehr verletzlich wäre, schlüge mit voller Kraft das politische und wirtschaftliche Potenzial Deutschlands durch und es wäre schier unmöglich, die EU zusammenzuhalten. Verletzlichkeit ist also ein hohes Gut für Deutschland. Man traut der Bundesrepublik schlechterdings keine neuen Grossmannssüchte zu, und die Bedingung dafür ist die bleibende Erinnerung.

Und in Deutschland selber?
Innenpolitisch wird sich die CDU in der Phase der Neuaufstellung entscheiden müssen, in welcher Weise sie Profilschärfung betreibt. Nach aller historischen Erfahrung funktioniert es nicht, die Rechten nachzuahmen, man macht sie damit nur stärker. Darum ist Annegret Kramp-Karrenbauer gescheitert: Sie wollte eine Alternative zu rechts aufzeigen, die Thüringer CDU dagegen wollte die Stimmen der Höcke-AfD gewinnen.

Besteht denn nicht die Gefahr, dass bei einer Profilschärfung nach links weitere Wähler zur AfD überlaufen werden? Gerade die Ununterscheidbarkeit von CDU und SPD in der Grossen Koalition hat die AfD gestärkt.
Das ist so. Nur: Die Grosse Koalition ist ja nicht erst seit Thüringen in Gefahr. Seit die Sozialdemokratie bei den letzten Wahlen derart verloren hat und in einzelnen Bundesländern nur noch einstellig ist, ist völlig klar, dass die nächste Bundesregierung nur schon arithmetisch nicht allein aus CDU und SPD gebildet werden kann. Dazu kommt, dass die Sozialdemokraten selbst klar gemacht haben, dass sie nach dem Ende dieser Legislaturperiode aus der Groko aussteigen und sich als Partei konsolidieren wollen.

Wie können die Wählerinnen und Wähler der AfD wieder in das nicht-extreme Parteienspektrum zurückgewonnen werden?
Das ist die 1000-Dollar-Frage… Es stehen zwei Strategien im Raum. Die eine ist wie erwähnt die zumindest teilweise Übernahme der rechten Parolen. Die andere ist es, konsequent dagegen zu halten und eine Alternative zu bilden. Wenn Sie sehen, wie die Rechten – etwa in Baden-Württemberg, in Sachsen oder in NRW – chronisch zerfallen, zu keiner gemeinsamen Linie kommen, wie sei unfähig sind, über das Protestieren hinaus Positivanträge zu stellen – dann würde ich darauf vertrauen, dass es zukunftsträchtig und erfolgsversprechend ist, eine Alternative aufzubauen. Das bedeutet für die anderen Parteien, dass sie ihr Profil hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit, Wohlfahrtsstaatlichkeit, Demokratiegebot und Europafähigkeit schärfen, um dann die AfD als pure Protestpartei auflaufen zu lassen. Eine reine Blockadeposition hat in der Geschichte des westdeutschen Föderalismus auf Dauer noch keiner Partei zum Vorteil gereicht. In diese Position hat sich aber die AfD hineinmanövriert, darum werden ihr mit der Zeit die Wähler davonlaufen.

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