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Halle

Eine Bluttat am höchsten 
jüdischen Festtag

In Deutschland hat ein mutmasslich rechtsextremistischer Mann zwei Menschen erschossen und zwei weitere verletzt. Zuvor versuchte er, in der Synagoge der Stadt Halle ein Massaker anzurichten.

Eine Frau hält eine Kerzen und Blumen vor der Synagoge. Bild: Keystone

In Deutschland hat ein schwerbewaffneter Täter versucht, in einer Synagoge in Halle/Saale ein Blutbad unter rund 80 Gläubigen anzurichten. Danach soll der Mann vor der Synagoge und in einem nahen Döner-Imbiss zwei Menschen erschossen haben.

Die jüdische Gemeinde entging an ihrem höchsten Feiertag Jom Kippur nur knapp einer Katastrophe. Der mutmassliche rechtsextreme Deutsche aus Sachsen-Anhalt wollte nach Angaben aus Sicherheitskreisen gestern Nachmittag die Synagoge mit Waffengewalt stürmen, scheiterte jedoch. Danach soll der Mann vor der Synagoge und in einem nahen Döner-Imbiss zwei Menschen erschossen und mindestens zwei weitere verletzt haben. Er floh vom Tatort und wurde am Nachmittag festgenommen. Die beiden Schwerverletzten waren am Abend ausser Lebensgefahr.

Erst nach langen Stunden des Wartens wurde klar, dass es sich um einen Einzeltäter handelte. Innenminister Horst Seehofer (CSU) sprach am Abend von einem antisemitischen Motiv.

Der Generalbundesanwalt, der die Ermittlungen rasch an sich gezogen hatte, habe zudem «ausreichend Anhaltspunkte für einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund». Seehofer sagte weiter: «Der höchste jüdische Feiertag Jom Kippur ist heute ein schwarzer Tag. Ein schwer bewaffneter Täter hat versucht, in eine Synagoge einzudringen, in der sich rund 80 Menschen aufhielten.»

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte am Abend: «Die Brutalität des Angriffs übersteigt alles bisher Dagewesene der vergangenen Jahre und ist für alle Juden in Deutschland ein tiefer Schock.»

Zugleich erhob er schwere Vorwürfe gegen die Polizei. «Dass die Synagoge in Halle an einem Feiertag wie Jom Kippur nicht durch die Polizei geschützt war, ist skandalös.» Er fügte hinzu: «Wie durch ein Wunder ist nicht noch mehr Unheil geschehen.»

Bei dem Angriff legte der Täter auch selbstgebastelte Sprengsätze vor dem Gotteshaus ab. Eine Frau wurde nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA vor der Synagoge von tödlichen Schüssen getroffen. Das Todesopfer aus dem Döner-Imbiss war ein Mann.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Halle, Max Privorozki, bestätigte, dass sich der Angriff der Täter direkt gegen die Synagoge richtete. «Wir haben über die Kamera unserer Synagoge gesehen, dass ein schwer bewaffneter Täter mit Stahlhelm und Gewehr versucht hat, unsere Türen aufzuschiessen», sagte Privorozki der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten». «Aber unsere Türen haben gehalten.»

Der Täter soll eine Kamera auf dem Helm getragen und auf den sozialen Netzwerken ein Bekennervideo hochgeladen haben.

Levi Salomon vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus bestätigte der DPA nach einem Telefonat mit Privorozki, der maskierte Täter habe gegen die Tür geschossen, dabei aber nicht in die Synagoge eindringen können. Rund 20 Menschen seien am Nachmittag noch in der Synagoge verschanzt gewesen. Laut Salomon wurden auch Flaschen mit Flüssigkeit geworfen.

Die Stadt Halle sprach am frühen Nachmittag von einer «Amoklage» und rief die Menschen überall in Halle dazu auf, in Gebäuden zu bleiben. Zunächst war die Polizei davon ausgegangen, dass mehrere bewaffnete Täter mit einem Auto auf der Flucht seien. Gegen 18.15 Uhr gab sie Entwarnung.

Auch in Landsberg, rund 15 Kilometer östlich von Halle, gab es Schüsse. Ein Zusammenhang zu Halle war zunächst von den Behörden aber nicht bestätigt worden. sda

Stichwörter: Halle, Bluttat, Synagoge

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