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Biel

«Ab sofort ist Schluss mit der grosszügigen Auslegung»

Die Schonfrist scheint vorbei: Der Gemeinderat will die Pflicht zur Verwendung von Mehrweggeschirr für Veranstalter per sofort konsequent durchsetzen.

Erst im vergangenen Monat wurde der Gemeinderat von den linken Stadtratsparteien gerügt: Obwohl im Ortspolizeireglement seit 2013 festgehalten und seit 2016 in Kraft, setze man die Verwendung von Mehrweggeschirr bei Veranstaltungen auf öffentlichem Grund nicht konsequent um. Die Stadtregierung ihrerseits gelobte in ihrer Reaktion auf den parlamentarischen Vorstoss Besserung, «der Begriff der Ausnahme wurde sehr weit gedehnt», sagte der zuständige Direktor für Soziales und Sicherheit, Beat Feurer (SVP), zudem gegenüber dem BT.

Denn: Im Ortspolizeireglement steht zwar, dass in begründeten Fällen Ausnahmen gemacht werden können, die Stadt machte die Ausnahme allerdings zur Regel, indem sie bisher bei der Mehrweggeschirr-Pflicht anderthalb Augen zugedrückt hat. Zwar forderte man die Verwendung von Mehrwegbechern ein, beim Geschirr gewährte man aber eine «Generalausnahme» für alle Veranstalter. «Ab sofort ist Schluss mit der grosszügigen Auslegung», sagt nun Beat Feurer: Der Gemeinderat hat gestern eine Teilrevision der Verordnung über den Vollzug des Ortspolizeireglements beschlossen, die die Ausnahmeregelung präzisiert. Diesen Schritt hatte der Gemeinderat bereits im Stadtrat angekündigt.

Die Anpassung einer Verordnung liegt in der Kompetenz des Gemeinderats. Klar ist: Auch mit der neuen Präzisierung bleibt die Ausnahmeregelung beim Einsatz von Mehrweggeschirr eine Ermessensfrage. In der Verordnung steht neu, Ausnahmen könnten dann erteilt werden, wenn die Benutzung von Mehrweggeschirr für den Veranstalter «unzumutbar ist». Unzumutbarkeit sei dann anzunehmen, wenn der organisatorische oder der finanzielle Aufwand für die Bereitstellung der Mehrweggebinde «in Relation zum Gesamtaufwand für die Organisation des Anlasses als unverhältnismässig erscheint».

Diese Formulierung an sich lässt nach wie vor viel Spielraum offen. Wichtiger erscheint deshalb die darauf folgende Regelung, wonach Ausnahmen nur gewährt werden dürfen, wenn bestimmte Auflagen eingehalten werden.

So hält die teilrevidierte Verordnung neu fest, dass bei einer Ausnahmeregelung geeignete Massnahmen zur Vermeidung und Verminderung des Abfalls getroffen werden müssen, «wie die Belegung von Einweggebinden mit Pfand, die Abgabe von Esswaren ohne Geschirr, (…) das Aufstellen von besonderen, temporären Abfallbehältnissen, die Verwendung von möglichst umweltfreundlichen Gebinden, der Einsatz von speziellen Putzequipen».

Diese Punkte müssten zudem in einem Abfallkonzept beschrieben werden, das bei der Stadt einzureichen ist. Kommt hinzu, dass die Stadt die Auflage stellt, dass die Kosten für die Beseitigung des durch Einweggebinde verursachten Abfalls von Veranstalter getragen werden müssen. Diese zusätzlichen Forderungen schränken die Wahrscheinlichkeit, dass Mehrweggeschirr mit Blick auf die zu treffenden Kompensationsmassnahmen für eine Veranstaltung unzumutbar sein könnte, doch erheblich ein.

Der gestrige Beschluss des Gemeinderats kann zwar noch angefochten werden, trotzdem will die Regierung die Handhabung nach den neuen Kriterien per sofort umsetzen. Das nächste grosse Strassenfest, das von der neu härteren Anwendung des Ortspolizeireglements betroffen sein wird, ist die Braderie. Feurer sagt, dass auch sie sich an die neuen Auflagen wird halten müssen. Wenn die Braderie auf Mehrweggeschirr verzichten will, müsse sie ein Ausnahmegesuch stellen. «Meines Wissens gibt es ein solches bislang nicht», sagt Feurer. Lino Schaeren

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