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Coronablog

Abstellplätze für Rollatoren

Früher waren wilde Partys, abendlicher Ausgang und laute Konzerte den Jungen und Fitten vorbehalten. Denn nur sie schafften es, bis zum Morgengrauen durchzufeiern, ohne dann eine Woche lang dafür zu bezahlen.

Sarah Grandjean
  • Dossier

Früher waren wilde Partys, abendlicher Ausgang und laute Konzerte den Jungen und Fitten vorbehalten. Denn nur sie schafften es, bis zum Morgengrauen durchzufeiern, ohne dann eine Woche lang dafür zu bezahlen. Nur sie konnten sich an einem Konzert ohne Bestuhlung stundenlang auf den Beinen halten oder in einem Club einen Tanzmarathon hinlegen, ohne sich an den nächsten Barhocker zu klammern oder die geschwollenen Beine nach einer Stunde hochlegen zu müssen.

Doch diese Zeiten sind vorbei. Denn die gegen Corona Geimpften sind die neue Partygeneration. Und die schleichende Impfstrategie sorgt bekanntlich dafür, dass bisher nur die Ü75-Generation in den Genuss einer Impfung kam.

Bereits werden Geimpfte bevorzugt behandelt. Im baslerischen Generationenhaus Neubad etwa dürfen nur die Betagten im Speisesaal essen, welche sich gegen Corona impfen liessen. Gut, es ist etwas weit weg, aber in Tel Aviv fand kürzlich das erste von vier Konzerten nur für geimpfte Personen statt.

Und bei uns? Auch hierzulande wird diskutiert, ob Menschen mit dem Piks Privilegien geniessen dürfen: Konzerte, Bars und Kinos würden in den nächsten Monaten hauptsächlich von Seniorinnen und Senioren bevölkert. Dieses Szenario eröffnet völlig neue Perspektiven.

Und es fordert die Freizeit- und Eventbranche heraus. Wie kommen die Betagten an den Ort des Geschehens und wieder zurück? Gibt es Abstellplätze für Rollatoren? Muss die Lautstärke aufgedreht werden (für die Schwerhörigen), oder doch lieber runter (für die mit empfindlichem Gehör). Es braucht bequemere Sitzgelegenheiten, die sich bei Bedarf in Liegen umfunktionieren lassen – für das Schläfchen zwischendurch. Was auf der Bühne geschieht, müsste stark vergrössert auf Monitore übertragen werden. Ganz zu schweigen von neuen Cateringmodellen: Weichgekochtes Gulasch mit Kartoffelstock statt hartem Pizzaboden, fein abgeschmeckte Suppe statt Dürum mit Scharf.

Doch am Schönsten wäre halt doch, wenn Jung und Alt, fit und weniger fit, irgendwann wieder zusammen feiern könnten. Wie beim Schlussfest jedes «Asterix und Obelix»-Bandes, wenn das ganze Dorf sich an einer riesigen Tavolata versammelt. Natürlich – ganz obligat – mit dem gefesselten Troubadix, damit auch die Schwerhörigen etwas verstehen.

 

szurbuchen@bielertagblatt.ch

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