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Kafipause

Ach, sind wir Deutschschweizer wirklich so bünzlig?

Im persönlichen Blog berichten BT-Chefredaktor Bernhard Rentsch und Parzival Meister, stellvertretender Chefredaktor und Redaktionsleiter, abwechslungsweise wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Ach, sind wir Deutschschweizer wirklich so bünzlig?

Bernhard Rentsch
  • Dossier

Ein Blick in die Redaktionsräumlichkeiten: Unser bewährtes Arbeitsmittel für die medienübergreifende Themenplanung ist trotz aller Digitalisierung eine Wandtafel. Oder um es etwas moderner auszudrücken: ein Whiteboard. Die Macherinnen und Macher von zwei Zeitungsredaktionen, einem Radio und der lokalen TV-Station treffen sich mindestens einmal täglich, um den Austausch in zwei Sprachen zu pflegen. Die Stichworte und Merkpunkte werden dann einfachheitshalber auf der Tafel festgehalten. So können sie während des Tages von allen Mitarbeitenden studiert und allenfalls ergänzt werden.

Einfach, übersichtlich und effizient – die Methodik zur konvergenten Zusammenarbeit unter «Bieler Tagblatt», «Journal du Jura», «Canal 3» und «Tele Bielingue» bewährt sich. Natürlich wurden auch unsere Zusammenarbeitsformen in den letzten zwölf Monaten zerzaust. Seit mehr als einem Jahr herrschen in allen Büros Ausnahmezustände. Das einfache Zusammenstehen und Diskutieren ist nicht mehr möglich.

Und trotzdem: Es gibt eine Zeit nach Corona – ganz sicher! Auch wenn vieles anders sein wird, werden sich bewährte Abläufe rasch wieder einspielen. Warum soll man abschaffen, was klappt? Und so bringen wir unsere Tafel bereits auf Vordermann.

Sauber putzen und jungfräulich erscheinen lassen ist das Eine, eine Vereinfachung der Struktur auf der Schreibfläche das Andere: Trennlinien, die per Filzstift immer wieder weggeputzt wurden und deshalb x-fach neu gezogen wurden, sollten durch bleibende Linien ersetzt werden. Als einfachste Lösung drängte sich eine Bastelei mit Klebband auf.

Gesagt, in Auftrag gegeben und (fast) getan. Die Diskussion zwischen zwei Kollegen – einem Romand und einem Deutschschweizer – zeigte, dass die Sache so einfach doch nicht war. Die beiden «stritten» sich über die Präzision der zu ziehenden Linien. Ein wenig welscher Freestyle stand der preussischen Exaktheit gegenüber. Der Bünzli, also der Deutschschweizer, plädierte für schnurgerade Linien («wenn schon, denn schon – ich will mich nicht täglich über Krummes ärgern»), während der Romand mit einer «Öppe»-Lösung zufrieden war und nicht gleich den Massstab als wichtigstes Hilfsmittel zückte.

Es kam, wie in Biel wunderbarerweise meist kultur- und sprachtechnische Kompromisse gefunden werden: Die beiden unterstützten sich. Natürlich kam der Massstab zum Einsatz, auf eine wasserwaage-gerechte Millimeterlösung wurde aber verzichtet. Die Linien sind nun für das Auge gerade gezogen, ohne dass man die Perfektion anstrebte. Man darf dem Werk ansehen, dass es eine spontane, kreative und nicht für die Ewigkeit vorgesehene Lösung ist. Auf die Frage des Deutsch sprechenden Kollegen, ob wir denn wirklich so bünzlig sind, bleibt aber einzig: «Äuä scho!».

brentsch@bielertagblatt.ch


 

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