Sie sind hier

Abo

Biel

Am liebsten würde er das ganze Dreiseenland erforschen

Schönes, Spannendes und Historisches teilt Andreas Mathys im Internet gern mit anderen. 
Als Administrator schaut er zudem bei der Facebook-Gruppe «Du bisch vom Seeland» zum Rechten.

Andreas Mathys pflegt den Bieler Stadtpark seit fast 30 Jahren. Hier fotografiert er auch gern die Blumenpracht. Bild: Peter Samuel Jaggi
  • Dossier

Aufgezeichnet: 
Andrea Butorin

Sie erwischen mich bei meiner Arbeit im Bieler Stadtpark. Zu ihm habe ich eine spezielle Verbindung: Als Landschaftsgärtner, der seit fast 30 Jahren bei der Stadtgärtnerei arbeitet, kenne ich hier natürlich jede Pflanze und auch viele Besucherinnen und Besucher. Einige Bäume sind bis zu 170 Jahre alt!

Weil ich mehr über diesen Ort wissen wollte, bin ich in die Archive gestiegen. Mein Wissen habe ich zusammen mit alten und neuen Fotos auf einer Website zusammengetragen.

Ursprünglich hiess dieser Ort Tanzmatte. 1871 wurde hier ein Friedhof angelegt, wenig später folgte die Stadtgärtnerei. In den 30er-Jahren wäre der Park beinahe zu einem Sportplatz umfunktioniert worden, wenn nicht das engagierte Fräulein Struchen interveniert hätte.

Viele motzen ja über Biel und behaupten, das sei eine hässliche Stadt. Dank meiner Arbeit kann ich sagen: Es gibt hier so unglaublich viele schöne Ecken! Ein persönliches Kleinod ist zum Beispiel der Jutzhubel (siehe BT vom 9. September, Anm. d. Red.).

Auch im Stadtpark finden heute alle eine Ecke, an der ihnen besonders wohl ist. Grosse Freude habe ich an der wilden Blumenwiese, die wir angelegt haben und die viele Insekten und Vögel anlockt. Jeden Winter überwintert hier eine Gebirgsstelze. Um sie zu suchen und zu fotografieren, bin ich auch schon während meiner Ferien in den Stadtpark gefahren.

Schon als Kind habe ich gern fotografiert. Damals eine teure Angelegenheit: Das Entwickeln eines Fotos kostete anfangs einen Franken, später immer noch 40 Rappen. Ein Onkel arbeitete im Libanon, und ich bat ihn, mir eine Spiegelreflexkamera mit Objektiven mitzubringen. Das war dort viel günstiger erhältlich als in der Schweiz. Wie man fotografiert, habe ich mir selber beigebracht.

1990 wurde unser Sohn geboren, ein Jahr später unsere Tochter. Da verschoben sich meine Prioritäten. Das Fotografieren geriet in den Hintergrund, und beruflich entschied ich mich, wegen der damals vorherrschenden Immobilienkrise meine Selbstständigkeit aufzugeben. Ich wollte Sicherheit und fand diese Stelle bei der Bieler Stadtgärtnerei.

Als unser Sohn zu schwingen begann, nahm ich meine Kamera wieder hervor. Ich fotografierte bei Jungschwinger-Anlässen und erstellte für die Jungs eine Website. Dann wurde ich offizieller Fotograf des Bernisch-Kantonalen Schwingerverbandes. Auch meine Frau fotografiert. Zusammen haben wir am Eidgenössischen Schwingfest in Burgdorf 2013 über 5000 Bilder geschossen. Man stelle sich vor, was das analog gekostet hätte. Die digitale Welt hat mich von Anfang an fasziniert.

Aufgewachsen bin ich in Lyss. Mit diesem Ort bin ich immer noch eng verbunden, auch wenn wir heute in Hagneck wohnen. Meiner Frau, die auf dem Land aufgewachsen ist, hatte es seinerzeit in Lyss nicht gefallen. Alles, was mir über die Gemeinde in die Hände fiel, habe ich gesammelt: alte Bilder, Chroniken, historische Aufzeichnungen. Auch dieses Wissen habe ich auf meiner Website zusammengetragen. Ausserdem habe ich dort jedes einzelne Lysser Haus fotografisch erfasst.

Nachdem der gebürtige Lysser Christian Riesen die Facebook-Gruppe, die heute «Du bisch vo Lyss» heisst, gegründet hatte, wurde ich bald darauf Mitglied und Gruppenadministrator. All die Erinnerungen, die da zusammenkamen, das zog mir richtig den Ärmel rein. Ich durchforstete meine analogen Fotos – auch diejenigen meiner Eltern – und begann sie zu digitalisieren. Diese Erinnerungen stossen stets auf grossen Anklang. Als Jugendlicher fand ich orts-chronistische Fotoaufnahmen eher langweilig, heute wäre ich froh, ich hätte damals mehr fotografiert. Während die Lysser Facebook-Gruppe überschaubar geblieben ist, wurde ein anderes Projekt zu einer richtig grossen Nummer.

2014 gründete ebenfalls Christian Riesen die Facebook-Gruppe «Du bisch vom Seeland». Ich war Mitglied Nummer 35 und übernahm auch hier nebst Riesen und seiner Frau Admin-Aufgaben. Heute hat diese Gruppe über 13 000 Mitglieder. Sogar Politiker wie Regierungsrat Christoph Neuhaus (SVP) oder Grossratsmitglieder sind bei uns dabei, das macht uns stolz. Hie und da müssen wir Beiträge sperren oder bei Streitigkeiten eingreifen. Relativ früh mussten wir einige Regeln einführen, zum Beispiel, dass nichts zum Verkauf angeboten und auch nicht auf andere Gruppen verlinkt werden darf. Pro Tag wende ich für dieses Hobby zirka eine halbe Stunde auf.

Ich interessiere mich für das gesamte Seeland. Am liebsten würde ich auf meiner Website über jede Gemeinde des Dreiseenlands ein Geschichts- und Fotoarchiv anlegen. Dazu sammle ich jedes über diese
Gemeinden publizierte Buch. Allerdings ist ein solches Projekt schlicht zu gross für einen allein.

Nebst diesen Herzensprojekten bleibt nicht mehr viel Zeit für anderes. Nur die Musik ist mir noch sehr wichtig. Ich mag Rock und Pop der 70er- und 80er-Jahre, wie von Led Zeppelin, den Dire Straits, Supertramp, Saga oder Queen. In den 80er-Jahren habe ich über 300 Konzerte besucht.

Damals musste man den «Blick» lesen, in dem die Agentur «Good News» die neusten Konzerte ankündete, und dann sofort per Postkarte Tickets bestellen. 1988 sah ich Pink Floyd in Basel, 50 000 Leute, es war grossartig. Danach fand ich, jetzt habe ich es gesehen. Auch auf Reisen hatte ich ab diesem Zeitpunkt keine Lust mehr: Seit 1988 war ich nie mehr im Ausland, während meine Frau mit der Tochter gern ab und zu verreist.

Ich bin lieber zuhause und pflege meinen Garten. Ich mag Raritäten wie den Herbst-Goldbecher oder den Nickenden Milchstern, der heuer nach vielen Jahren erstmals wieder geblüht hat. Am wichtigsten ist mir aber, dass es im Garten gut duftet.

Nun muss ich langsam weiterarbeiten. Wir sind daran, unsere Pflanzen winterfest zu machen. Bis Mitte November wird das Gewächshaus der Stadtgärtnerei an der Portstrasse proppenvoll sein. Jede Pflanze hat ihren genauen Standort, anders geht es nicht.

Montags erhalten wir jeweils unsere Arbeitsaufträge für die Woche. Grosse Überraschungen gibt es nach fast 30 Jahren natürlich keine mehr. In drei Jahren werde ich pensioniert. Da werde ich mehr Zeit für all meine Fotoprojekte haben. Aber sicher werde ich auch hie und da im Stadtpark vorbeischauen und beobachten, was spriesst und gedeiht und wie es der Gebirgsstelze geht.

Nachrichten zu Biel »