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Biel

Anwohner stemmen sich gegen Einbahnverkehr

Um die Quartiere vom Verkehr zu entlasten, hat der Bieler Gemeinderat im Möösli und der Linde auf drei Strassen Einbahnverkehr angeordnet. Dagegen wehren sich Dutzende Anwohner – und zumindest in einem Fall könnte die Stadt mit sich reden lassen.

Links abbiegen verboten: Derzeit ist die Bermenstrasse wegen Kanalisationsarbeiten gesperrt. In Richtung Süden soll das zum Dauerzustand werden. mak


Grafik: Tiphaine Allemann

Lino Schaeren

Der Widerstand hatte sich postwendend angekündigt, als gegen Ende des letzten Jahres ein Gerücht die Runde machte: Der Bieler Gemeinderat beabsichtige, die Bermenstrasse als Reaktion auf die Eröffnung des A5-Ostasts für Autofahrer komplett zu sperren. Eine Petition mit mehr als 1000 Unterschriften und ein Vorstoss im Stadtparlament forderten, auf die Massnahme zu verzichten.

Der Gemeinderat kam schliesslich auch von der Idee ab, obschon dieser Entscheid nichts mit dem Widerstand zu tun gehabt habe, wie Baudirektorin Barbara Schwickert (Grüne) versicherte. Stattdessen ordnete die Exekutive Anfang März Einbahnverkehr an, und das nicht nur auf der Bermen-, sondern auch auf der Waldrainstrasse und dem Meisenweg. Der Gegenwind ist dadurch aber nicht abgeflaut, im Gegenteil: Beim Regierungsstatthalteramt haben sich Dutzende Anwohner mittels Einsprache gemeldet.

Bemerkenswert: Bei den Einsprachen handelt es sich nicht nur um einzelne Neinsager, auch Sammeleinsprachen mit zwischen 20 und 50 Unterschriften sind eingegangen, wie Regierungsstatthalter Philippe Chételat sagt. Anwohner haben sich also zusammengeschlossen. Im Mittelpunkt steht dabei nicht nur die Bermenstrasse, sondern auch der geplante Einbahnverkehr auf der Waldrainstrasse zwischen Finkenweg und Krähenbergstrasse (siehe Grafik).

Bei der Stadt weiss man um die Gegenwehr. Pablo Donzé, Leiter des Bereichs Verkehr, sagt, den Einbahnverkehr auf der Waldrainstrasse habe man in die Planung aufgenommen, um die Anwohner zu schützen. «Wenn sich nun Anwohner dagegen wehrten, wäre das erstaunlich.» Man habe noch keine Kenntnis von den Beschwerden, die eingegangen sind, mit Ausnahme von zwei, die in Kopie der Stadt zugestellt wurden. «Wir wurden vom Regierungsstatthalteramt noch nicht formell zur Stellungnahme eingeladen», sagt Donzé.

 

«Suchen das Gespräch»
Die Waldrainstrasse ist schmal und sich kreuzende Autos fahren beim Ausweichen häufig auf das Trottoir. Der Einbahnverkehr soll diese Situation nun entschärfen und die Verkehrssicherheit verbessern. Anders als auf der Bermenstrasse und dem Meisenweg handelt es sich auf der Waldrainstrasse also nicht um eine Massnahme, die den Schleichverkehr unterbinden soll. «Die Massnahme erscheint uns nach wie vor sinnvoll. Wir werden in der Umsetzung mit den Anwohnern in Kontakt sein und es können sich Ergänzungen ergeben», so Donzé.

Anders sieht es bei der Bermenstrasse und dem Meisenweg aus. Hier gehe es um übergeordneten Quartierschutz, sagt Donzé. Die neue Regelung soll das Ausweichen von den Hauptverkehrsachsen auf die Quartierstrassen verhindern und so die Quartiere Möösli und Linde schützen. Auf der Bermenstrasse sieht die Stadt denn nicht nur Einbahnverkehr, sondern auch Tempo 30 vor. Während die Ausdehnung der 30er-Zone auf die Bermenstrasse nicht auf negatives Echo stösst, sorgt auch hier der Einbahnverkehr für Unmut.

Zu den Einsprechern gehört der Bieler FDP-Stadtrat Peter Bohnenblust, der im Möösli-Quartier wohnt. Er ärgert sich nicht nur über das vorgesehene Einbahnregime, sondern auch darüber, «dass der Gemeinderat allfälligen Einsprachen auch hier vorsorglich die aufschiebende Wirkung entzogen hat».

 

Illusorische Einsprachen?
Die Stadt will mit dem Entzug der aufschiebenden Wirkung anscheinend ermöglichen, dass die Verkehrsmassnahme unmittelbar nach der derzeit stattfindenden Kanalisationserneuerung umgesetzt werden kann. Wegen dieser ist die Bermenstrasse momentan für den Verkehr gesperrt, die Arbeiten dürften aber noch in diesem Monat abgeschlossen sein. Bohnenblust findet: Dieser Umstand sei nicht Grund genug, die aufschiebende Wirkung zu entziehen. Zumal dadurch die Gefahr bestehe, dass vollendete Tatsachen entstünden und die Einsprachen dadurch als Rechtsmittel illusorisch würden.

Bohnenblust fordert zudem, wie etliche andere Einsprecher auch, dass die Bermenstrasse für den motorisierten Individualverkehr beidseitig befahrbar bleibt. Das, obwohl er zusammen mit Sandra Schneider (SVP) mittels Postulat im Stadtrat verlangte, dass auf «eine Vollschliessung der Bermenstrasse» zu verzichten sei. Sind also Einsprache und Vorstoss von Bohnenblust nicht widersprüchlich? Schliesslich hat der Gemeinderat mit dem Entscheid, auf eine Vollschliessung zu verzichten, das Begehren des Vorstosses erfüllt. Bohnenblust sieht das anders, ortet in seiner Einsprache und dem Vorstoss keinen Gegensatz. «Es handelt sich nach wie vor um eine Vollschliessung, zumindest in eine Richtung», sagt er. Bohnenblust verlangt verhältnismässige Massnahmen. Zuerst solle auf dem Meisenweg Einbahnverkehr eingeführt und die 30er-Zone auf die Bermenstrasse erweitert werden. Halte das den Durchgangsverkehr nicht effektiv fern, könne man sich weitere Schritte überlegen.

Das Regierungsstatthalteramt wird sich nun mit den zahlreichen Einsprachen auseinandersetzen. Es ist nicht die erste Verkehrsmassnahme, die in jüngster Zeit für Ärger sorgte. Zuletzt war der Sturm der Entrüstung gross, als bei der Bahnunterführung Madretschstrasse/Mettstrasse ebenfalls Einbahnverkehr angeordnet wurde. Auch die Ampelanlage beschäftigte vor der Installation das Regierungsstatthalteramt. Die Einsprachen wurden aber allesamt abgewiesen.

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