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Energieservice Biel

Arbeitnehmer als Gewinner

Seit 16 Monaten ist der ESB ein öffentlich-rechtliches Unternehmen. Die Sozialpartner sind zufrieden: Man habe viel für die Arbeitnehmer tun können. Auch die Geschäftsführung ist trotz starkem Rückgang bei den Marktkunden positiv gestimmt.

Seit der Auslagerung des Energieservice Biel haben sich die Bedingungen für die Arbeitnehmenden verbessert. Bild: Adrian Streun/a

von Lino Schaeren

Das erste Geschäftsjahr in der neuen Rechtsform verlief für den Energieservice Biel (ESB) erfolgreich. Dies, obwohl die Absatzmenge im Bereich Marktkunden deutlich zurückging. Dies geht aus der Jahresrechnung 2013 hervor, die der ESB diese Woche publizierte. «Das erste Jahr war sehr erfreulich», sagt Heinz Binggeli, Geschäftsführer des ESB. Auf der Ebene der Geschäftsführung habe die Auslagerung von einem Teil der Stadtverwaltung hin zu einem selbstständigen Gemeindeunternehmen auf den 1. Januar 2013 nicht gross zu Mehraufwand geführt. «Vor allem das Führungsmodell hat sich verändert», sagt Binggeli. Damit spricht er den Anfang 2013 neu eingesetzten Verwaltungsrat an.

 

Mehr operative Freiheit

Die Auslagerung des ESB hatte in Biel zu einer langen Diskussion und bei der SP Biel zum Zwist geführt (das BT berichtete). Die Gewerkschaften Unia und VPOD stemmten sich ursprünglich gegen die Auslagerung, zumindest, bis sichergestellt war, dass keine Privatisierung erfolgen und der ESB im Besitz der Stadt Biel bleiben würde. An diesem Punkt wechselte der VPOD die Seite, während die Unia weiter kritisch eingestellt war. Schliesslich hatte das Bieler Stimmvolk bei der Abstimmung vom 11. März 2012 sowohl die Initiative, welche die Auslagerung verhindern sollte, als auch den Vorschlag der Verwaltung gutgeheissen. Die Stichfrage gab dann knapp den Ausschlag zur Auslagerung.

Mit der Gründung einer selbstständigen Gemeindeunternehmung wollten die Befürworter mehr operative Freiheit erreichen, damit der ESB auf dem Markt konkurrenzfähig bleibt. Dass der ESB nun im ersten Jahr diverse Marktkunden verloren hat und die Energieabsatzmenge um 16,4 Prozent zurückging, lässt aufhorchen, bedeutet dies doch, dass Firmenkunden zur Konkurrenz abgesprungen sind.

Binggeli will diese Entwicklung allerdings nicht dramatisieren. Er führt den Kundenverlust auf die tiefen Energiepreise und die dadurch entstandene Bewegung auf dem Markt zurück. «In den vergangenen Jahren haben sich die Preise kaum verändert, deshalb waren die Zahlen zuvor konstanter», sagt Binggeli. Bei den abgesprungenen Kunden handle es sich um Filialkunden wie zum Beispiel Coop oder Migros, «die wollen schweizweit ein Gesamtpaket und nicht von unterschiedlichen Lieferanten mit Energie versorgt werden». Der Geschäftsführer betont, dass man nur Energielieferungen verloren habe, nicht aber die Netzbewirtschaftung. Die bleibt auf städtischem Gebiet beim ESB, dies ist im Gesetz so festgehalten.

 

Qualitative Zielsetzung

Binggeli sagt, dass das Unternehmen die von der Stadt Biel vorgegebene Zielsetzung erfüllt habe. Der entsprechende Tätigkeitsbericht wird derzeit vom Gemeinderat ausgewertet, anschliessend wird er dem Stadtrat vorgelegt. In der Leistungsvereinbarung sind vor allem qualitative Ziele formuliert, weniger quantitative. «Die Eigenproduktion von erneuerbaren Energien stand im Vordergrund.» Die Gewinnung von erneuerbaren Energien wird den ESB mit der Erneuerung des Wasserkraftwerks Hagneck, der Photovoltaikanlage auf dem Dach der Stades de Bienne und dem Windpark auf dem Montoz Pré-Richard auch im weiteren Verlauf des Jahres 2014 stark beschäftigen.

Höchst zufrieden mit den vergangenen 16 Monaten zeigten sich gestern auch die Sozialpartner des ESB. Urs Stauffer, Präsident des Personalverbands der Stadt Biel und dem Zentralverband Öffentliches Personal Schweiz, sagt, dass sich der Gesamtarbeitsvertrag (GAV), den man ausgehandelt hat, sehr gut entwickelt habe. «Wir können uns dank dem GAV bei der Arbeitnehmerunterstützung an klaren Regeln orientieren.» Zudem haben die Sozialpartner im letzten Jahr für alle Arbeitnehmer einen einmaligen Betrag von 300 zusätzlichen Franken ausgehandelt und eine Beratung bei Pensionsfragen für ältere Mitarbeiter ins Leben gerufen. Hinzu kommt, dass eine Betriebskommission ihre Aufgaben regelmässig wahrnimmt.

 

Unia weiterhin kritisch

Mit der Auslagerung sind die Arbeitnehmer auch im neuen Verwaltungsrat vertreten. Michel Berger, VPOD-Sekretär, sieht seine Aufgabe im Verwaltungsrat darin, bei strategischen Entscheidungen die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten und wenn nötig Einfluss zu nehmen. Auch er ist höchst zufrieden: «Wir konnten bereits einiges für die Mitarbeiter tun. Die Rückmeldungen sind durchwegs positiv.» Stauffer geht noch weiter und sagt, dass er als städtischer Angestellter etwas neidisch sei auf den GAV, der für den ESB ausgehandelt und umgesetzt wurde. Zwar ging der Personalbestand beim ESB 2013 leicht zurück, dies ist allerdings nicht auf einen Stellenabbau zurückzuführen, sondern auf die Umstrukturierung. Die Stellen waren bis Ende Geschäftsjahr schlicht noch nicht neu besetzt.

Weiterhin kritisch äussert sich Daniel Hügli, Sektionsleiter der Unia Biel-Seeland, zur Auslagerung. «Das Argument, man wolle näher beim Markt sein, ging nicht auf», sagt er. «Gerade da, wo man dem Markt ausgesetzt ist, gab es Verluste.» Die Unia stört sich weiterhin daran, dass sie den GAV nicht mitunterzeichnen durfte. Wie viele der ESB-Arbeitnehmer Unia-Mitglied sind, kann Hügli aus dem Stegreif zwar nicht sagen, es seien jedoch «sicher genug, um eine Unterschrift zu rechtfertigen». Hügli ist weiterhin der Auffassung, dass die Unia als Sozialpartnerin hätte zugelassen werden sollen. «Wir werden jedoch die Situation prüfen und je nach Entwicklung wieder in dieser Richtung aktiv werden.»

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