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„Krawattenzwang“

Basisdemokratie, Frauenfussball – und junge Millionäre

Im persönlichen Blog berichtet Bernhard Rentsch, publizistischer Leiter der Gesamtredaktion und Chefredaktor „Bieler Tagblatt“ wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen/gesellschaftlichen Leben – dies immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Basisdemokratie, Frauenfussball – und junge Millionäre.

Bernhard Rentsch: Krawattenzwang
  • Dossier

Das «Bieler Tagblatt» lädt regelmässig zu interessanten Podiumsdiskussionen ein. So am letzten Freitag, als wir in der Diskussion das spannende Thema, ob ein anderer Fussball als die heutige mit Geld verseuchte Praxis ganz an der Spitze möglich ist, ins Zentrum stellten. Zugegeben, eine etwas romantische Vorstellung, der sich zusammen mit FC-Biel-Präsident Dietmar Faes, FC-Walperswil-Kapitänin Carina Gerber und Raphael Albisser, Redaktor bei der linken Wochenzeitung WOZ, stellten. Die WOZ deshalb, weil sie den FC Biel mit einer konkreten Anfrage für eine Übernahme konfrontiert hatte. Dies mit der Laborversion eines Fussballvereins, bei dem Basisdemokratie, gleiche Löhne oder eine gleichberechtigte Frauenmannschaft im Zentrum stehen.


Eine Zusammenarbeit kommt auch nach einer zugesagten Investition von 600 000 Franken nicht zustande. Das war schon vor der Diskussion bekannt. Dietmar Faes erklärte nachvollziehbar, in welche Richtung sich der in noch nicht allzu ferner Vergangenheit arg gebeutelte Stadtklub entwickeln soll. Und dazu gehören eben die Marktgesetze des Fussballs, auch wenn in Biel zum Glück jetzt mit Vorsicht und Vernunft geplant und budgetiert wird. Dennoch: Dass in der gleichen Liga Konkurrenten Spieler mit Monatssalären von 4500 Franken ködern, gibt zu denken und führt automatisch zur Ausgangsfrage der Podiumsdiskussion.

Die Reaktion einer Spitzenfussballerin? Carina Gerber schielt logischerweise auch etwas neidisch zu den grösseren Kassen und wünscht sich mehr Unterstützung im Frauenfussball – eine angemessene Entschädigung nennt sie das, nicht etwa Lohn oder Vermögen. Daneben schätzt sie sich glücklich, dass ihre Sportart durch Geld (noch) nicht kaputtgemacht wurde.

Die grösste Ironie des Abends spielte sich jedoch wenige Meter daneben auf einem Trainingsplatz ab: Während drinnen über Basisdemokratie und Frauenfussball diskutiert wurde, bewegten sich draussen junge Fussballer beim vergnüglichen Fussballtennis. Auffällig waren neben den durchwegs gestylten Jungs mit Gelfrisur und Tattoos die teure einheitliche Ausrüstung sowie der acht Leute umfassende Betreuerstab. Es trainierte in Biel die deutsche U20-Nationalmannschaft – eine Gruppe
junger Männer, die schon bald als Multimillionäre die Fussballherzen in ganz Europa erfreuen.


brentsch@bielertagblatt.ch

Twitter: @BernhardRentsch

Kommentare

spirit off

"Zur der Ironie des Abends", ein eventuell passendes DOKU des ZDF's: Die Macht der Clans/Die Dokumentation zum Spielfilm „Gegen die Angst“. Einen Beitrag für unsere mögliche Zukunft und vielleicht sogar für die unmittelbar bevorstehenden CH Wahlen!!!


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