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Westast-Dialog

Bei Agglolac ist man sich noch uneins

Zum ersten Mal im neuen Jahr haben sich gestern in der Seevorstadt die A5-Westast-Gegner und -Befürworter 
der Kerngruppe getroffen. Es fand eine erste Diskussion über Szenarien und Varianten zum Westast-Projekt statt.

Mélanie Meyer, Sprecherin von «Biel notre amour»: «Es war eine produktive Sitzung.» Aimé Ehi/A
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Deborah Balmer

«Wir hatten heute keine spektakuläre Sitzung, nach der ich Sie mit völligen Neuheiten überraschen könnte», sagte Dialogsleiter Hans Werder am gestrigen Point de Presse fast entschuldigend. Knapp drei Stunden hatten A5-Westast-Gegner und -Befürworter der Kerngruppe erstmals in diesem Jahr diskutiert. Dabei ging es erneut um Empfehlungen zu den kurzfristigen Massnahmen betreffend Verkehr und Städtebau in Biel (das BT berichtete). Zudem hat eine allererste Diskussion über Szenarien und Varianten zum Westast-Projekt stattgefunden.

Bei den kurzfristigen Massnahmen (die Rede ist von Massnahmen, die man innerhalb von zehn Jahren realisieren kann) ging es einmal mehr um den motorisierten Individualverkehr, der in der Stadt Biel nicht weiter zunehmen dürfe. Um das zu erreichen, sollen einerseits der öffentliche Verkehr und andererseits der Veloverkehr gefördert werden. Beides habe in der Region noch Potenzial.

Erneut erwähnte Hans Werder in seiner Zusammenfassung das sogenannte Filet-Stück der Region, das Gebiet zwischen dem Bieler Bahnhof und dem See also. «Wir möchten dieses Gebiet entwickeln und nicht warten, bis irgendwann ein Tunnel gebaut ist», sagte er.

Denkbar sei auch eine Lösung analog zum Regiotram. Hierfür bräuchte es Geld von Kanton und Bund. Ziel: Das Tram sollte bereits im nächsten Agglomerationsprogramm Erwähnung finden. Dafür müsse man nun rasch handeln. Betont wurde dabei: Dass man besser nicht mehr vom Regiotram reden sollte, da dies nicht positiv gefärbt sei.

«Wir sind uns weitgehend einig, was Empfehlungen angeht – einzelne Punkte müssen aber noch bereinigt werden», sagte Werder. Dies geschehe im direkten Gespräch zwischen Gegnern und Befürwortern, also ausserhalb der eigentlichen Kerngruppe.

Es handle sich dabei konkret insgesamt um etwa 30 bis 40 Vorschläge, «bei denen wir auch sagen, wer für die Umsetzung zuständig ist – und die wir dann den Behörden übergeben».

Diskussion über Varianten

Gestern hat man zum ersten Mal auch über langfristige Massnahmen geredet: Sprich über verschiedene Varianten der Autobahn. Die Varianten-Beschriebe sind zuvor von einem externen Büro in einem Entwurf zusammengestellt worden. «Es gibt dabei aber noch gewisse Bereinigungen, die nötig sind», sagte Werder. Schon bald sollten aber die Varianten-Beschriebe definitiv vorliegen und eine Grundlage für langfristige Diskussionen bilden.

Gesprochen hat die Kerngruppe auch über grobe Zukunftsszenarien. Das Ziel:_Eine Art Beurteilung der Varianten – denn diese müssen an der zukünftigen Entwicklung gemessen werden. «Es macht Sinn, drei grobe Zukunftsszenarien auszuarbeiten.»

Eines der Szenarien wird der Trend sein: die unbeeinflusste Entwicklung also. Daneben werden ein oder zwei Zukunftsbilder der Stadt und Region Biel entworfen. «Wenn es uns gelingt, machen wird das gemeinsam. Wenn nicht, gibt es eines, das eher den Befürwortern und eines, das den Gegnern besser passt.»

«Auf Grundlagen aufbauen»

Die gestrige Sitzung wird positiv bewertet:_Peter Bohnenblust, Westast-Befürworter und TCS-Sektionspräsident Biel/Seeland, sagte:_«Wir nehmen nun endlich den Auftrag wahr, die Kontroverse um den Westast zu lösen.» Dabei gehe es aber nicht darum, Visionen als Szenarien aufzubauen, sondern darum, auf bekannten Grundlagen aufzubauen.»

Auch Mélanie Meyer, Westast-Gegnerin und Sprecherin von «Biel notre amour», sagte: «Es war eine produktive Sitzung, auch wenn wir heute keine konkreten Antworten gefunden haben.»

Und wie sieht es denn eigentlich aus mit der geplanten Überbauung Agglolac, bei der es noch zu einer Abstimmung kommt? Wird mit oder ohne Agglolac gedacht? Dieser Punkt sei offen, hiess es gestern, man habe aber darüber diskutiert. Insbesondere die Frage, ob man sich als Kerngruppe zum offiziellen Projekt äussern soll oder nicht, sei noch nicht geklärt.

Ebenfalls noch unklar ist, ob zwei weitere Interessensgruppen in die Dialoggruppe aufgenommen werden:_Sowohl das Komitee «N5 Bielersee – so nicht!» und das Komitee «Pro Tunnel» haben ein Aufnahmegesuch gestellt. Darüber entscheiden wird die grössere Dialoggruppe.

«Sind wir auf einem guten Weg?» Werder hat gestern zudem erneut über den Auftrag der Behördendelegation informiert. Diese kommt im Februar das nächste Mal zusammen, beurteilt den Arbeitsfortschritt des Dialogprozesses und entscheidet, wie es weitergeht.

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Twanntunnel spaltet Bevölkerung

Twann soll durch eine Umfahrung vom motorisierten Verkehr entlastet werden: durch den Twanntunnel, der eine Verlängerung des bestehenden Ligerztunnels bis an den östlichen Dorfrand von Twann ist.

Jene Einwohner, die zwischen Twann und dem Weiler Wingreis wohnen, haben von dem Tunnel nichts – ausser die Baustelle: Ein 800 Meter langer Baustelleninstallationsplatz soll dort eingerichtet werden. Während der Bauzeit von rund zehn Jahren will man dort Baumaschinen und Baumaterial deponieren. Für den Platz will der Kanton sogar drei Häuser abreissen. Die Wingreiser selbst sind nicht durch den Platz, aber durch den Baulärm betroffen.

Im letzten Herbst hat sich in Wingreis das Komitee «N5 Bielersee – so nicht!» formiert. Dessen Name ist nicht zufällig an jenen der Westast-Opposition («Westast – so nicht!») angelehnt. Denn das Komitee fordert die Sistierung der Tunnelplanung, bis geklärt sei, ob die A5 überhaupt je in Richtung linkes Bielerseeufer verlängert werde (das BT_berichtete).

Als Reaktion auf die Gründung des Komitees ist nun die Interessengemeinschaft «IG Twann kann» gegründet worden. Mit einer Medienmitteilung ist sie gestern an die Öffentlichkeit getreten.

Seit Jahrzehnten werde die Twanner Bevölkerung von Lärm geplagt, heisst es darin. Und dies, obwohl erstens schon in den 1970er-Jahren der Bund die Dringlichkeit der Umfahrung von Twann anerkannt habe, zweitens 1991 der Bundesrat das generelle Projekt «Umfahrungstunnel Twann» genehmigt habe und drittens 2010 das Ausführungsprojekt für den Tunnel gefolgt sei. Weiter erinnert die IG daran, dass nach jahrelanger Planung nun auch das überarbeitete Projekt für das Ostportal vorliege.

«Wir haben definitiv genug vom Lärm und kämpfen für mehr Lebensqualität in unserem Dorf, denn der Lärm macht uns krank», schreibt die IG. Der Twanntunnel könne «endlich die langersehnte Ruhe bringen». Doch «die Westast-Gegnerschaft aus Biel» versuche das Projekt durch eine «konstruierte Verknüpfung mit dem Westast» zu verhindern. Dabei habe das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation «diese Verknüpfungstheorie» entkräftet: Es habe festgehalten, dass der Twanntunnel «kein Präjudiz für den Westast» sei.

«Unrealistische Zukunftsvisionen der Gegnerschaft betreffend Nationalstrassenbau am Bielerseeufer» würden den Rückbau von Strasse und Bahnhofareal verhindern, wirft die IG dem Komitee vor. «Die Westast-Gegnerschaft nimmt bewusst in Kauf, dass Twann weitere Jahrzehnte auf die versprochene Ruhe warten muss.»

Inzwischen hat das Bundesamt für Strassen damit begonnen, zu den rund 80 Einsprachen gegen das Ausführungsprojekt des Twanntunnels Stellung zu nehmen. Dieses war im November öffentlich aufgelegt worden.

Beat Kuhn

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