- Dossier
Beat Kuhn
Treffpunkt und erste Station des Wahlspaziergangs mit der EVP ist die Schüssinsel. Petra Burri Schift, die eine Co-Präsidentin, kommt mit dem E-Bike, Franziska Molina, die andere, mit dem Velo. Molina, von Beruf Pflegefachfrau, vertritt die Partei seit 2009 im Stadtrat und tritt auf Listenplatz Eins erneut an. Seit Herbst 2017 sitzt der Finanz- und Steuerexperte Thomas Brunner neben ihr, der auf Listenplatz Zwei ins Rennen geht.
Die Schüssinsel hat die passionierte E-Bike-Fahrerin Burri als «geglücktes Beispiel für die Förderung des Langsamverkehrs» gewählt. Der vor drei Jahren erneuerte Park sei «eine ökologische Insel» in Biel, das punkto Velowege noch grossen Nachholbedarf habe. Bern sei da schon viel weiter, und noch vorbildlicher habe sie Kopenhagen erlebt: «Dort sind die Leute primär mit dem Velo unterwegs, während unsere Gesellschaft immer noch sehr autohörig ist.» Dass die Stadt Biel in der Innenstadt nun zusätzliche Radstreifen und Tempo-30-Zonen schaffen will (das BT berichtete), begrüsse die EVP sehr, sagt Burri.
Ein dritter Sitz als Wahlziel
In der EVP gebe es einen linken Flügel, der «SP/Grün-affin» sei, und einen rechten, der zu bürgerlichem Gedankengut neige, bis fast hin zur EDU, sagt Burri. «Aber wir sind eine Mitte-Partei und wollen eine Brückenfunktion wahrnehmen, nicht zusätzlich polarisieren – und polemisieren schon gar nicht.» Laut Molina waren die EVP-Stadtratsmitglieder früher in der FDP-Fraktion. Nach den Wahlen vor vier Jahren sei eine wirkliche Mitte-rechts-Fraktion aus EVP, BDP, CVP und BVP (Bieler Volkspartei) möglich geworden. Doch dann habe einer aus der Fraktion in die FDP gewechselt, und so habe es nicht mehr für eine Fraktion gereicht. Aktuell sei die EVP fraktionslos.
Wahlziel der Partei sei ein dritter Sitz, wie ihn die EVP in der Amtsperiode 2009 bis 2012 gehabt habe, sagt Molina. Diesen Sitz kann theoretisch Burri holen, denn auch sie kandidiert. Dafür müsste allerdings schon ein Wunder geschehen, denn sie ist auf Listenplatz acht. Beruflich hat Burri eine reformierte Pfarrstelle in Büren inne, kann aber trotzdem in Biel wohnen, weil nur die eine der beiden Pfarrerinnen in Büren Wohnsitzpflicht hat.
Schule als Herzensangelegenheit
Die zweite Station des Wahlspaziergangs liegt gleich nebenan: Es ist das Collège du Châtelet, das grösste Oberstufenschulhaus für französischsprachige Schülerinnen und Schüler in Biel. Molina hat es gewählt, weil ihr der Bereich Schule am Herzen liegt. Mehrere Schulanlagen müssten saniert werden, nachdem diese Aufgabe während Jahren auf die lange Bank geschoben worden sei, hält sie fest. Das «Châtelet» ist bereits renoviert. Die dafür aufgewendeten 31 Millionen Franken seien der grösste Betrag, der in Biel bisher für eine Schulhaussanierung ausgegeben worden sei, sagt sie.
Nun ist ein noch teureres Projekt in der Pipeline: der Erweiterungsbau für das Primarschulhaus Champagne, bei dem mit Kosten von 49 Millionen Franken zu rechnen ist. Das sei eine stolze Summe, räumt die Mutter von vier erwachsenen Kindern ein. Trotzdem hat sie dem entsprechenden Projektierungskredit von 7,2 Millionen Franken im Parlament mit Links-Grün gegen die Bürgerlichen zugestimmt. Und sie ist zuversichtlich, dass die Bieler Stimmberechtigten wie beim «Châtelet» auch beim «Champagne» Ja sagen werden.
Gegen Gratisparkplätze im Zentrum
Für die dritte Station geht es zurück zur Schüssinsel und dieser entlang bis zu den Neubauten der Swatch Group, die stellvertretend für die Wirtschaft gewählt worden sind. Die Wirtschaft sei wichtig, denn sie bilde die Grundlage für unser Leben, sagt Burri – sei es als Lohn, sei es als Steuerertrag, der viele Projekte des Staates erst möglich mache. «Geld braucht es, es ist ein notwendiges Übel», so die Pfarrerin. Arbeit müsse aber immer menschenwürdig sein, man müsse stets den Grundsatz im Auge behalten: «Die Wirtschaft ist für die Menschen da, nicht umgekehrt.»
Mit der SVP gehe sie einig, dass sich die Stadt überlegen müsse, wie sie das lokale Gewerbe unterstützen könne, ergänzt Burri. «Ob dies mit Gratisparkplätzen in der Innenstadt geschehen soll, wie es die SVP vorschlägt, ist dann aber eine andere Frage.» Eine Frage, die sie beim Nachhaken klar mit Nein beantwortet. Sie selbst habe kein Auto und könne trotzdem gut in der Innenstadt einkaufen – wer dies mit dem Auto tun wolle, solle dafür etwas bezahlen.
«Die Stadt putzt schon sehr viel»
Bei einer Sitzbank, die auf dem Spaziergang passiert wird, ist der Boden von Zigarettenstummeln übersät. Solche Zustände sind Molina hörbar ein Dorn im Auge. «Dieses Littering ist furchtbar», macht sie ihrem Ärger Luft. «Ich verstehe Leute nicht, die sich so verhalten.» Auf die Frage, was man ihrer Meinung nach denn gegen diesen Missstand tun solle, kann sie allerdings nicht mit einer einfachen Antwort dienen. «Strafen zum Beispiel bringen nichts, denn dann muss man die Polizei aufstocken, und das kostet wieder.» Sie fordert auch nicht mehr Putzeinsätze, «denn die Stadt putzt schon sehr viel.» Letztlich bleibe nichts anderes übrig, als an die Leute zu appellieren, solches Littering zu unterlassen. Auch Politikerinnen und Politiker können also nicht alle Probleme lösen.
Alles zu den Wahlen unter www.bielertagblatt.ch/wahlen20
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Die EVP-Liste
Franziska Molina,1959 (bisher)
Thomas Brunner, 1967 (bisher)
Kathleen Liechti, 1987
Yannick Gloor, 1990
Mirjam Amstutz-Huber, 1973
Urs Amstutz, 1973
Carmelina Brunner, 2000
Petra Burri Schift, 1967
Marcel Gehri, 1975
Max Keller, 1951
Verena Ketema-Zahnd, 1966
Andrin Lehmann, 1988
Liechti Silas, 1985
Fabienne Löffel, 1995
Bernhard Matter, 1958
Christian Meister, 1991
Ismael Molina, 1985
Nadia Molina, 1985
Janine Mühlheim-Rickli, 1978
Renate Oliveira-Jorns, 1956
Gabriela Rösch, 1963
Mirjam Rösch, 1996
Willi Rösch, 1962
Martial Rüedi, 1984
Helmut Schift, 1965
Matthias Schildknecht, 1968
Barbara Schmid, 1961
Urs Schmid, 1956
Patrik Jonathan Stöckmann, 1999
Volker Stöckmann, 1960
Liz Tuohy, 1957
Sylvia Wenger, 1955
Matthias Zaugg, 1979
Margret Zingg, 1951 bk