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Wochenkommentar

Bei der Solarenergie müssen wir weiter gut unterwegs sein

Die Atomkatastrophe von Fukushima 2011 hat die Welt verändert. Nicht zuletzt in der Schweiz ist seither alles anders: Während bis zu jenem Unfall nur die Linken und die Grünen gegen Atomkraftwerke waren, beschloss der Bundesrat danach mit 
seiner bürgerlichen Mehrheit den Ausstieg aus der Atomenergie.

Beat Kuhn, Redaktor Region

Und das bürgerliche Parlament folgte ihm, indem es ein neues Energiegesetz mit entsprechender Ausrichtung verabschiedete. Da die SVP das Referendum dagegen ergriff – unterstützt von Teilen der FDP und der Wirtschaft –, konnte vor einem Jahr dann auch noch das Volk seinen Willen in dieser Frage bekunden. Und tat dies unzweideutig: mit einer klaren Mehrheit von 58 Prozent für die Energiewende.

Im Falle von Tschernobyl 1986 hatte noch eine Mehrheit den Beteuerungen der Technokraten und Antikommunisten vertraut, dass die Kernkraftwerke hierzulande sicherer seien als jene im Ostblock – was auch gestimmt haben mag. Zudem waren die technischen Möglichkeiten, den Strombedarf mit alternativen Energieträgern zu decken, damals noch nicht so ausgereift wie heute. Man glaubte damals ja, Alternativen gar nicht 
nötig zu haben und sich die Gelder für entsprechende Forschung und Entwicklung sparen zu können. Es ist heute kaum mehr vorstellbar, aber die Kernenergie 
galt ursprünglich als Ei des Kolumbus, als Allheilmittel ohne Risiken und Nebenwirkungen.

2011 musste man dann aber erkennen, dass auch in einem angesehenen Hochtechnologieland auf kapitalistischer Seite, wie es Japan ist, eine Nuklearkatastrophe passieren kann. In den dichtbesiedelten Regionen rund um die Schweizer Atomkraftwerke dürften im Falle eines Falles noch weit mehr Menschen betroffen sein als jene 170 000, die nach dem Super-GAU von Fukushima evakuiert wurden. Damals wurde auch den grössten Optimisten in unserem Land klar, dass all die obligatorisch gebauten Zivilschutzkeller nur bedingt Schutz gegen eine radioaktive Verstrahlung bieten könnten. Und dass für das Szenario eines Super-GAU keinerlei Evakuierungspläne existieren. Im atomaren Ernstfall würde schlicht gelten: Rette sich, wer kann, und zwar möglichst weit weg!

Das neue nationale Energiegesetz ist eigentlich erst seit Anfang dieses Jahres in Kraft. Die konkreten Bestrebungen für die Energiewende gemäss neuer Energiestrategie 2050 haben allerdings schon kurz nach dem Schock von Fukushima eingesetzt. Die Ausgangslage ist klar: Fast 60 Prozent des Stroms im Alpenland Schweiz werden schon heute durch erneuerbare Energie gedeckt, nämlich durch das Wasser in unseren zahlreichen Fluss- und Stausee-Kraftwerken. Nun muss jenes Drittel ersetzt werden, das bisher aus Atomkraftwerken kommt. Der verbleibende Rest von weniger als zehn Prozent stammt einerseits aus anderen erneuerbaren Energien, andererseits aus konventionell-thermischen sowie Fernheiz-Kraftwerken.

Ein Drittel der Stromproduktion eines Landes kann natürlich nicht über Nacht ersetzt werden. Als Etappenziel 2020 der Energiestrategie hat der Bundesrat für den Bereich Solarstrom einen Anteil von 2,2 Prozent festgelegt. Dieses Ziel ist erfreulicherweise bereits heute um mehrere Zehntel-Prozente übertroffen. Und das Seeland ist mit 3,9 Prozent sogar ein Musterschüler im nationalen Vergleich. Wobei die Bandbreite in der Region von mickrigen 1 bis zu stolzen 20 Prozent reicht, wie das BT diese Woche aufgezeigt hat. Nun dürfen Private und Gemeinden in der Region aber nicht nachlassen, sondern sollen weiterhin Photovoltaikanlagen installieren, wo es nur immer geht. Nur so kann das ehrgeizige Etappenziel 2020 erreicht werden, das die Solarplattform des Vereins seeland.biel/bienne für die Region gesetzt hat: 6,2 Prozent.

 

E-Mail: bkuhn@bielertagblatt.ch

 

 

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