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Sozialhilfe

Biel in der Rolle der neutralen Zuweiserin

Die Fachstelle Arbeitsintegration der Stadt Biel wird auf die Seeländer Gemeinden ausgeweitet. Biel wird ab dem neuen Jahr die Sozialhilfebezüger von 61 Gemeinden Integrationsprogrammen zuweisen.

Biels Sozialdirektor Beat Feurer /SVP) erklärt das Einzugsgebiet der neuen FAI Seeland. Bild: Matthias Käser

Lino Schaeren

Erst Ende 2015 wurde die Fachstelle Arbeitsintegration (FAI) der Stadt Biel redimensioniert – von rund 11 Vollzeitstellen auf 5,3. Jetzt wird sie wieder um 250 Stellenprozente ausgebaut: Die FAI ist neu ab dem Anfang 2018 nicht mehr wie bis heute für 14 Gemeinden zuständig, sondern für 61. Das teilte der Verein seeland.biel/bienne gestern zusammen mit der Stadt Biel mit. Aus der heutigen FAI wird damit die FAI Seeland. Die Fachstelle ist ein strategischer Partner der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern und stellt in deren Auftrag Beschäftigungs- und Integrationsprogramme für Sozialhilfebezüger sicher. Die FAI war bislang zuständig für sieben Sozialdienste (Biel, Nidau, Brügg, Aegerten, Pieterlen, Lengnau und Orpund), neu kommen sechs weitere aus dem Seeland hinzu. Das bisher lokale Angebot wir also regionalisiert.

Doch wie sieht die Arbeit der FAI überhaupt aus? Sie empfängt die ihr zugewiesenen Sozialhilfebezüger und Ausgesteuerten und weist diese dann geeigneten Integrationsprogrammen zu. Dies mit dem Endziel, ihre Kunden von der Sozialhilfe ablösen und in den 1. Arbeitsmarkt integrieren zu können. Sozialhilfebezüger bleiben maximal zwei Jahre im Programm.

Die Arbeitsprogrammplätze kauft die FAI bei sozialen Institutionen ein. Der Kanton, der das Ganze auch finanziert, gibt eine Mindestanzahl Programmplätze vor, die die FAI anbieten muss (und die sie übertrifft). Der finanzielle Rahmen liegt für die FAI heute bei rund 4,5 Millionen Franken, ab dem 1. Januar wird er auf knapp 6,2 Millionen erweitert. Es handelt sich dabei um eine Vollkostenrechnung, mit diesem Geld wird also nebst den Arbeitsplätzen der Lohn für die FAI-Mitarbeitenden ebenso bezahlt wie etwa auch die Infrastruktur.

 

Eine neutrale Vermittlung
Das Programmangebot wird bei der FAI ab Januar deutlich vergrössert, von heute knapp 200 auf neu 240 Integrationsarbeitsplätze. Dies, weil das bisherige Angebot mit dem jener Gemeinden, die neu angeschlossen werden, zusammengeführt wird. Der Perimeter Lyss/Seeland arbeitet heute mit der GAD Stiftung zusammen. Diese übernimmt im alten System eine Doppelrolle: Sie ist gleichzeitig Vermittlerin von Programmplätzen, bietet ebendiese Plätze gleichzeitig aber auch selber an.

«Wir waren mit der Arbeit der GAD Stiftung zwar grundsätzlich zufrieden, nur kann es halt auch problematisch sein, wenn derselbe Partner anbietet und zuweist», sagt Margrit Junker (SP), Vorsitzende der Projektgruppe «FAI Seeland» und Lysser Sozialvorsteherin. Interessenkonflikte könnten die Folge sein.

Die FAI Seeland hat nun Biel als Sitzgemeinde und tritt neutral auf – sie ist bei der städtischen Abteilung Soziales angegliedert und bietet selber keine Arbeitsintegrationsprogramme an. Das sei vom Kanton so gewollt, sagt Thomas Michel, Leiter der Abteilung Soziales der Stadt Biel, und sei auch ein klarer Vorteil: Künftig könne die Vermittlungsstelle dank klar getrennten Rollen Leistungen bei Institutionen bestellen, ohne dabei auf die Auswirkung dieser Bestellung auf eigene Programme achten zu müssen. «Die Qualität der Programme wird noch einmal zunehmen», ist er überzeugt.

Die FAI wird zwar auch bei der GAD Stiftung Programmplätze einkaufen, allerdings laut Michel nur etwa die Hälfte jener, die die Stiftung heute für die Gemeinden aus dem Perimeter Lyss/Seeland anbietet. Die GAD Stiftung muss deshalb auf ein beträchtliches Auftragsvolumen verzichten: Die 1,68 Millionen Franken, die der Kanton bislang für den Seeländer Perimeter bezahlte, werden neu durch die FAI auf die Arbeitsprogramme verteilt. Zwar fliesst ein Teil dieses Geldes durch die eingekauften Plätze bei der Stiftung wieder zu GAD zurück, das entspricht aber einem viel kleineren Betrag.

Die FAI Seeland wird die andere Hälfte der bisherigen GAD-Plätze auf andere Institutionen aufteilen. So wird etwa die Stiftung Battenberg neu als Partner aufgenommen, die Aufträge für die Stiftung Südkurve Lyss werden massiv erhöht. Biels Sozialdirektor Beat Feurer (SVP) sagt, dass man das Angebot mit der Ausweitung der FAI deutlich vergrössere, «wir erhalten dadurch mehr Möglichkeiten, die Sozialhilfebezüger passgenauer Angeboten zuzuweisen». Dadurch entstehe ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis und man erhalte gleichzeitig bei Wirtschaft und Kanton mehr Gewicht. Der FAI Seeland werden künftig von den angeschlossenen Sozialdiensten jährlich ungefähr 1500 Sozialhilfebezüger zugewiesen, zur Verfügung stehen aber nur 240 Plätze, die je nach Angebot zwei- bis viermal jährlich besetzt werden können.

Insgesamt gibt es also nur rund 700 Programmplätze jährlich, zwei Bewerber kommen im Schnitt auf ein Angebot. Laut Michel ist dies wichtig, um für die Menschen, die abhängig sind von der Sozialhilfe, ein wirklich passendes Angebot zu finden. «Wenn zwei bis drei Anwärter für einen Platz zur Verfügung stehen, ist die Chance grösser, dass einer von ihnen wirklich dafür geeignet ist.» Schliesslich sei es nicht das Ziel, die Sozialhilfebezüger einfach eine Zeit lang zu beschäftigen, sondern diese dauerhaft in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

 

«Ein Quantensprung»
Von der Zusammenlegung der Angebotspools der Perimeter Biel und Lyss/Seeland profitieren vor allem die Gemeinden des zweitgenannten. Da das heutige Angebot an Programmplätzen im Perimeter Biel deutlich grösser ist als in jenem von Lyss/Seeland, wird das Angebot mit der Zusammenlegung entsprechend auch für die Seeländer Gemeinden deutlich stärker ausgeweitet. «Für das Seeland bedeutet dies ein Quantensprung», sagt Michel. Doch auch Biel und die umliegenden Gemeinden würden von einer grösseren Angebotsvielfalt profitieren, es handle sich also um eine Win-win-Situation.

Die Regionalisierung der FAI ist seit 2012 ein Thema. Damals liess der Verein seeland.biel/bienne die Machbarkeit eines solchen Unterfangens abklären. Vor rund einem Jahr haben dann der Gemeinderat der Stadt Biel und der Verein seeland.biel/bienne das Konzept für die Ausweitung gutgeheissen. Inzwischen haben sich sechs Sozialdienste neu der FAI angeschlossen, die FAI Seeland wird ihr Arbeit am 3. Januar aufnehmen.

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