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Innovationspark

Biel kreiert Innovations-AG

Die Stadt Biel will den Bau des Campus Technik der Fachhochschule zur Förderung der Innovation nutzen. Thomas Gfeller erzählt, wie die Stadt dies umsetzen will.

Auf diesem Gelände entsteht der Campus der Berner Fachhochschule. Bild: Chris Harker

(jw) Die Eidgenossenschaft will einen nationalen Innovationspark mit mehreren Standorten. Das haben National- und Ständerat bereits beschlossen. Noch offen ist die Frage, ob der Innovationspark von «Anfang an» auf mehrere Standorte verteilt werden muss, oder nicht. Der Nationalrat hat sich gestern mit 95 zu 77 Stimmen bei der Differenzbereinigung für die Formulierung «von Anfang an» entschieden und damit weiterhin eine Differenz zum Ständerat offengelassen. Somit wird sich auch der Ständerat erneut mit der Vorlag befassen müssen.
Wie auch immer der definitive Entscheid in dieser Frage ausfallen wird, eines scheint heute klar: Die beiden ETHs in Zürich und Lausanne werden wohl zum Handkuss kommen. Die Frage ist nur noch, welche Region als Sub-Zentrum dieses neuen, eidgenössischen Instrumentes zur Förderung der Innovation auserkoren wird.

Biel hat die Nase vorn
Damit der Kelch an Biel nicht vorübergeht, haben die Stadtverantwortlichen in den letzten Monaten intensiv an einer Strategie gearbeitet. Damit hat die Seeland-Metropole zum zweiten Mal die Nase vorn. Biel präsentierte als erste Region eine Machbarkeitsstudie für einen nationalen Innovationspark und nun hat Biel auch einen Business-Plan dazu erarbeitet. Das Konzept aus der Feder von Thomas Gfeller, Delegierter für Wirtschaft der Stadt Biel, sieht die Gründung eines neuen Unternehmens in Form einer AG vor. Aktien sollen einerseits Forschungseinrichtungen und andererseits Firmen aus der Innovationsdienstleistungs-Branche zeichnen. Gfellers Plan sieht vor, die Firma nächstes Jahr zu gründen und noch vor dem Bau des neuen Fachhochschul-Campus die operative Tätigkeit der Firma zu starten.
Das rasche Vorgehen hat mehrere Gründe. Schon heute sehen die Unternehmen gemäss Gfeller eine Marktlücke bei Dienstleistungen und Infrastruktur im Innovationsbereich. Sie suchen geeignete Gefässe, in denen sie im Netzwerk mit Forschenden und anderen Unternehmen effizient Innovation betreiben können. «Zudem streben wir beim Innovationspark eine Zusammenarbeit mit den ETH-Standorten an», sagt Gfeller. Diese seien aber nur interessiert an einer Kooperation, wenn Biel ein mit der ETH-Forschung komplementäres Angebot bieten kann.

(jw) Statt im schweizweit bekannten Kongresshaus-Turm sitzt Thomas Gfeller neu im zweiten Stock im Kontrollgebäude am Zentralplatz mit Blick auf den Campari-Schriftzug. «Das ist super, so muss ich keinem Gast mehr lange erklären, weshalb er hier investieren soll. Er muss nur aus dem Fenster schauen. So gut sieht Biel aus.» Gfeller, Delegierter für Wirtschaft bei der Stadt Biel und einer der wichtigsten Zukunftsplaner in der Verwaltung, hat zwar architektonisch von der Moderne in den Barock gewechselt, aber geistig befindet er sich ungefähr im Jahr 2020.
Dann soll hinter dem Bieler Bahnhof der neue Campus Technik der Berner Fachhochschule stehen, und wenns sehr gut läuft, ist Biel bis dahin vom Bund als einer der Standorte für einen nationalen Innovationspark (siehe Artikel auf der Front) auserkoren worden. Darauf will sich die Stadt aber weder verlassen, noch will sie darauf warten. Nach dem Vorbild der ETH-Lausanne (siehe BT vom 6. November) hat der Stadtdelegierte mit dem Management-Jargon die Grundlagen für einen Innovationspark in Biel erarbeitet. «Wir haben Interviews mit wichtigen Unternehmern aus dem ganzen Kanton geführt, um herauszufinden, welche Bedürfnisse auf Seiten der Industrie in der Forschung und Entwicklung bestehen», erzählt er.

Haus der Innovation in Biel
Als Ergebnis dieser Abklärungen sieht die Stadt vor, Geburtshilfe bei der Gründung eines neuen Unternehmens zu leisten. Ziel ist, dass sich an dieser AG zwei Partnerfamilien finanziell beteiligen. Die eine Familie sind Forschungseinrichtungen wie die Berner Fachhochschule und andere, die andere Familie sind Firmen aus dem Innovations-Dienstleistungsmarkt. Diese zwei Partner zusammen will Gfeller in einem ersten Schritt in einem Gebäude möglichst in der Nähe des künftigen Campus Technik einquartieren. Derzeit geht Gfeller auf die Wunschpartner zu, um sie für das Konzept zu gewinnen.
Die Firma soll ein eigenes Park-Management erhalten, das die Kunden gewinnt. Letztere sind KMU-Firmen aus den Bereichen Präzisionsindustrie, Mikromechanik, Maschinenbau und Medizinaltechnik, die nicht gross genug sind, um eine eigene, teure Forschungs- und Entwicklungsabteilung zu unterhalten. Das Geschäftsmodell sieht vor, dass das Park-Management Flächen für Innovationsteams anbietet und diese mit den richtigen Innnovationspartnern, aber auch mit anderen Teams mit vergleichbaren Fragestellungen vernetzt. «Heute ist das Problem, dass Firmen einem atomisierten Markt von Innovationsdienstleistern gegenüberstehen und umgekehrt ist es gleich», sagt Gfeller. Die Bieler Innovationsfirma soll dem Abhilfe leisten und den KMUs zu Innovationen verhelfen.

Internationale Ausstrahlung
Im Unterschied zum «Quartier de l’Innovation» der ETH Lausanne richtet sich der Fokus in Biel allerdings eher auf die Weiterentwicklung von Produkten und weniger auf die Grundlagenforschung. Darin sieht Gfeller die entscheidende Marktlücke. Denn die ETHs liefern Firmen selten ein markttaugliches Konzept von neuen Innovationen. ETH-Erkenntnisse können sich nur grosse Firmen zu Nutze machen, die in ihren eigenen Entwicklungsabteilungen aus Forschung Produkte kreieren können. Den meisten KMUs fehlt dafür das nötige Kleingeld.
Gfellers Vision ist, dass die Stadt Biel zusammen mit der Berner Fachhochschule und der neuen «Innovations-AG» auch attraktiv genug wird, um als Standort des nationalen Innovationsparkes berücksichtigt zu werden. Deswegen sollen die Pläne noch vor dem Bau des neuen Campus in die Tat umgesetzt werden. In den ersten fünf Jahren soll die Innovations-AG so auf 1500 bis 2000 Quadratmeter wachsen, die von Innovations-Teams und Start-Ups belegt werden. Dann soll die Firma idealerweise integraler Bestandteil des Campus Technik und «international ausstrahlender Knotenpunkt des Netzwerks Swiss Innovation Park» werden.

 

«Innovationsnukleus» für die Stadt und Region Biel
• Das Konzept für den Start eines Bieler Innovationsparks sieht eine privatwirtschaftlich organisierte Firma vor, die eigenwirtschaftlich funktionieren muss. Zum Start ist vorgesehen, dass sich die öffentliche Hand mit Darlehen beteiligt.
• Vorgesehen ist, dass sich Innovations-Teams von Firmen einmieten und so für Einnahmen sorgen. Ausserdem sollen die Firmen als Kunden Provisionen auf durch das Park-Management vermittelten Dienstleistungen bezahlen.
• Ziel ist, bis zur Eröffnung des Campus Technik in Biel und zum allfälligen Start des eidgenössisch unterstützten Innovationsparkes bereits den «Nukleus» zur Förderung der Innovation gepflanzt zu haben.
• Endziel ist die Zusammenarbeit des Innovationsparkes in Biel mit den zwei ETHs. Thomas Gfeller wünscht sich, dass die ETHs langfristig einen Lehrstuhl an der Berner Fachhochschule unterhalten.    jw

 

Kommentare

jw

Es wurde bereits intern kritsiert. Danke für den Hinweis.


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