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Bundesrat lächelt für Bieler Schüler

Das offizielle Bundesratsfoto 2019 wurde von sieben angehenden Mediamatikern aufgenommen, die im BBZ Biel zur Schule gehen. Ihre grosse Chance haben sie genutzt.

Bundesratsfoto

Nandita Boger


350 Kommentare sind innert eines Nachmittags zum Bundesratsbild bei «20 Minuten online» eingegangen. Es sind nicht die Krawatte von Guy Parmelin oder die blendend weissen Zähne, die am meisten zu reden geben. Es ist die Tatsache, dass das Foto von Mediamatikerinnen und Mediamatikern in der Ausbildung stammt. Wie kommt es, dass Jugendliche eines solch prestigeträchtigen Auftrags für würdig befunden wurden?


Bundespräsident Ueli Maurer habe einfach den Wunsch gehabt, sichtbar zu machen, was Lernende leisten können, sagt Bundesratssprecher André Simonazzi. Nebst der Vorgabe, dass das Bild mit einem Smartphone aufgenommen werden müsse, hat er nämlich auch den Titel, Perspektivwechsel, vorgegeben.


Jugendliche in der Rolle von arrivierten Berufsleuten


Das könnte heissen, dass der Bundesrat das Volk wahrnimmt — sprich, fotografiert —, aber auch, dass junge Menschen in die Rolle von arrivierten Berufsleuten schlüpfen können. Nicht von oben herab begegnet der Bundesrat den Lernenden, sondern auf Augenhöhe. Lässt sich etwas zeigen. Sich mit den Augen der Jungen sehen.


Die Fotojournalistensektion von Impressum, dem Verband der Medienschaffenden, sieht das Vorgehen kritisch. Dadurch werde ihr Ziel, die materielle und soziale Lage und die Arbeitsbedingungen der Pressefotografen und Fotoreporter zu verbessern, gefährdet. Es werde der Eindruck erweckt, dass ein Foto mit einem simplen Clic-Clac eines Smartphones entstehe. Man befürchtet, eine solche Arbeit sei weder Anerkennung noch Geld wert.


«Dass das Bild mit einem Handy aufgenommen wurde, ist durchaus zeitgemäss», sagt Didier Ludwig, Berufsschullehrer im Multimediabereich am Berufsbildungszentrum BBZ Biel. Die Schärfe, Belichtung und optische Qualität der Smartphonekameras seien ausreichend für ein solches Foto. Der Berufsverband sieht dagegen die professionelle Fotografie in Frage gestellt.


Anfang des letzten Jahrhunderts wurde das Kunstwerk durch die Fotografie und die damit verbundene Reproduzierbarkeit in Gefahr gewähnt. Stattdessen haben sich durch die Entwicklung  neue Felder für die Kunst ergeben. Auch die neue Tendenz bedeutet für die Fotografie sowohl Bedrohung als auch Chance.


Originalität ist typisch für die Auszubildenden


«Ich bin sehr erfreut darüber, dass die Mediamatik-Lehrlinge eine solche Chance erhalten haben», sagt Ludwig. Besonders die Originalität, durch die sich das Bild von Bundesratsfotos anderer Jahre unterscheide, sei für ihn ein Merkmal der Auszubildenden. Die Lehrlinge hätten sich Gedanken gemacht, wie sie mit einem solchen Foto etwas erzählen könnten. Die Idee sei, die Rollen zwischen Fotograf und Fotografierten zu vertauschen. Aus diesem Grunde seien die Scheinwerfer nicht auf die Bundesrätinnen und Bundesräte gerichtet, sondern auf die Lernenden. Ein Perspektivwechsel.

«Das ist meiner Meinung nach sehr gut umgesetzt», sagt Ludwig. Im Unterricht werde dies als Storytelling geübt: eine Geschichte zu erzählen, um trockene Tatsachen auf fesselnde Art zu vermitteln. In der Werbung und auf Social Media bedeutet eine gute Geschichte den entscheidenden Vorteil beim Wettstreit um Aufmerksamkeit.


Zusammen mit dem offiziellen Bundesratsfoto wurde auch ein Film publiziert, der die Lernenden beim Aufnehmen des Fotos zeigt. Dies ist bestes Storytelling, die Geschichte des Bildes wird damit Teil des Bildes. Allerdings dürfen die Schüler nicht über ihre Erfahrung sprechen.
Dass sie das Bundesratsfoto gemacht haben, hat, wenig überraschend, viel Interesse für die Lernenden erzeugt. Die Fragen der Medien hätten die jungen Menschen wahrscheinlich ganz unbefangen gemeistert. Sie abzuschirmen wirft jedoch Fragen auf.

Hätten die Lernenden etwas zu erzählen, das es zu verheimlichen gibt? Oder sind einfach, trotz zur Schau gestellter Offenheit, Blicke hinter die Kulissen unerwünscht? «Die Lernenden haben ein Briefing von der Staatskanzlei, dass sie über den Herstellungsprozess keine Auskunft geben dürfen», teilt Lehrer Didier Ludwig mit. «Dies ist zum Schutz der Lernenden notwendig», sagt Bundesratssprecher André Simonazzi.


Das Bild steht im Fokus der Mediamatik 


Laut Sabine Kronenberg, Verantwortliche für Kommunikation beim BBZ, ist die Mediamatik eine sehr beliebte Lehre. Sie bilde eine Drehscheibe zwischen Kommunikation, Marketing, Grafik und Informatik. «Lehrstellen für Mediamatikerinnen sind heute so gesucht wie nie», sagt sie. Unter den Lernenden seien sowohl Technik-Nerds, die sich für filmische Projekte interessierten, als auch gestalterisch Motivierte, die sich für Typographie begeisterten.


Die Ausdrucksmittel unserer Zeit rücken sie in den Fokus.

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