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Budget

«Das Ganze hat nur mit den Wahlen zu tun»

Die Finanzen müssen ins Lot gebracht werden, darüber waren sich Biels Politiker eigentlich einig. Doch diese Woche haben sie eine Einigung verpasst. Schuld daran sind verhärtete Fronten, Taktik und die Wahlen nächstes Jahr.

Unvereinbare Blöcke: Der Bieler Stadtrat konnte sich in der Budgetdebatte nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. copyright: Jonathan Liechti/bielertagblatt

von Jacqueline Lipp und und Eva Berger

Die Budgetdebatte im Bieler Stadtrat ist dieses Jahr so chaotisch abgelaufen wie selten zuvor. Über einzelne Ausgabenposten – was sonst normal ist – haben die Parlamentarier an den zwei Abenden gar nicht diskutiert. Taktische und machtpolitische Überlegungen prägten die Diskussion. Am Ende scheiterte ein Kompromiss wegen nur knapp 400'000 Franken. Das ist 1 Promille des gesamten Budgets. Mit einem folgenschweren Resultat: Anstatt gemeinsam einen Weg zu finden, die schlechte Finanzlage zu verbessern, kommt es zu einem Abstimmungskampf.

Wie konnte das passieren, nachdem sich vor einem halben Jahr alle einig waren, dass Biel ein Finanzproblem hat, das dringend gelöst werden muss?

Die Ausgangslage

Nach der Nachhaltigen Haushaltssanierung (NHS) im Frühling war klar: Die Linken sind mit den Beschlüssen nicht zufrieden. Der Gemeinderat kam ihnen entgegen, indem er zwei Budget-Varianten erarbeitete. Die zweite mit leicht höheren Steuern und 120'000 Franken zusätzlichen Ausgaben. Doch das reichte SP und Grünen nicht. Sie wollten Variante 2 entsprechend anpassen.

Das wäre auch dem Gemeinderat gelegen gekommen. Die Bevölkerung hätte dann zwischen zwei Alternativen entscheiden können: Will man sparen und dafür tiefere Steuern oder ist man bereit, für die vielen Institutionen und Dienstleistungen mehr zu berappen? Diese Grundsatzfrage hätte so endlich entschieden werden können.

Der Knackpunkt

Zu Beginn schien dieser Plan aufzugehen. Die Linken verlangten für Variante 2 Mehrausgaben von rund 2,5 Millionen Franken, krebsten nach dem Widerstand der Bürgerlichen aber auf knapp 400'000 Franken zurück. Doch der Knackpunkt war: ohne höhere Steuern. Normalerweise sind es die Linken, die Steuererhöhungen fordern und die Bürgerlichen, welche diese vehement bekämpfen. Die Situation am Donnerstagabend mutete darum fast absurd an: Die linke Seite wollte den Steuersatz von Variante 1 (1,63 Zähler) für beide Varianten festlegen.

Das war für die Bürgerlichen «ein No-Go», wie Alain Pichard (Grünliberale) betont. «Wir können nicht die Steuern erhöhen, wenn gleichzeitig ein solches Defizit rausschaut. Dann hätte die SVP das Budget bekämpft.» Die Allianz der bürgerlichen Parteien hätte das nicht ertragen, «denn das ist absolut keine Liebesbeziehung».

Dana Augsburger Brom hingegen, Fraktionspräsidentin der SP, bezeichnet es als «Sturheit und Zwängerei der Bürgerlichen», wegen weniger als 400'000 Franken die Linken gegen das Budget aufzubringen.

Die Befürchtung

Die Steuerfrage war gemäss Alain Pichard mit ein Grund, wieso ein Kompromiss im Rat gescheitert ist. «Die Linken haben zu hoch gepokert. Denn wir hätten Hand geboten für Alternativen, wenn die Linke konsequent gewesen wäre und entsprechend ihren Mehrforderungen auch die entsprechende Steuererhöhung angeboten hätte.» In der Pause am Mittwochabend hat SP-Stadtrat Niklaus Baltzer zwar einen solchen Vorschlag gemacht. Doch damit scheiterte er in der eigenen Reihen. Rotgrün beharrte auf gleich hohen Steuern in beiden Varianten.

Warum haben sich die Linken nicht auf Baltzers Vorschlag eingelassen? Fritz Freuler (Grüne) nennt zwei Gründe: Einerseits habe er bei den Bürgerlichen keine Gesprächsbereitschaft feststellen können, eine solche «linke» Alternative auch durchbringen zu wollen. Zweitens – und das scheint der gewichtigere Grund zu sein – sei die Steuerfrage bei einer Volksabstimmung eben ein «heikles Thema». Im Klartext: «Bei verschiedenen Steueransätzen wählt das Volk immer die tiefere, jedenfalls dann, wenn nur finanztechnische Argumente dahinter stehen», sagt Niklaus Baltzer.

Die Linken muten sich offenbar nicht zu, ihre Wähler mit den eigenen Argumenten überzeugen zu können. Sprich, dass es sich lohnt, einem höheren Steuersatz zuzustimmen, wenn damit Institutionen gerettet und Dienstleistungen erhalten werden können. Dies, obwohl in den letzten Wochen ständig betont worden ist, wie breit das Komitee «Biel für Alle» aufgestellt sei.

«Die Frage lag in der Luft: Was tun wir, wenn die Leistungen nicht reichen, um das Volk zu überzeugen?», sagt Baltzer. «Würde diese Variante abgelehnt, wäre der Handlungsspielraum bezüglich der betroffenen Institutionen enorm eingeschränkt.» Freuler sagt zudem: «Wir wollten nicht, dass es so aussieht, als ob wir wegen ein paar wenigen Institutionen die Steuern erhöhen wollen.» Das wäre nur gegangen, wenn die vollen Beiträge von 2,5 Millionen gesprochen worden wären. Dem hätten die Bürgerlichen aber sicher nicht zugestimmt, ist Freuler überzeugt.

Die Wahlen

Damit könnte er Recht haben. Doch im Vorfeld darüber verhandelt haben die beiden Blöcke – die Linken und die Bürgerlichen – nicht. «Sie hatten zahlreiche Chancen, mit uns zu reden, aber es ist nichts passiert», bedauert Pichard. «Die Gespräche sind sicher nicht optimal gelaufen», gibt Baltzer zu. Für ihn ist aber auch klar, dass die Situation nach der NHS-Debatte im Frühling festgefahren war. «Der Zug war schon fast abgefahren. Es wollte niemand mehr die Weichen neu stellen. Vielleicht auch bei uns, aber sicher auf bürgerlicher Seite.»

Jetzt seien die Fronten klar. Die Linken werden das Budget bekämpfen. «Nein zum Budget heisst auch Nein zu den Subventionskürzungen», sagt Freuler. Es gebe keinen Interpretationsspielraum mehr. Die Katastrophe sieht Freuler nicht darin, dass Biel kein Budget haben könnte, sondern dass auf Kosten der Schwächsten gespart werde. Dass dies irgendetwas mit Wahlkampf zu tun haben könnte – im Herbst 2016 wird der Stadtrat neu gewählt –, verneint er kategorisch, das sei jetzt nicht wichtig.

Baltzer hingegen spricht Klartext: «Das Ganze hat nur mit den Wahlen zu tun.» Dass mit den Finanzen eines der wichtigsten Geschäfte der Stadt und letztlich die Bevölkerung darunter leidet, ja, das finde er eigentlich auch stossend.

 

Kommentare

Peter Bohnenblust

@."faires": gemäss den mir zugestellten Information versteckt sich hinter ihrem Pseudonym einer der Co-Präsidenten der SP-Madretsch. Daher erstaunt mich ihre unsachliche, polemische und falsche Argumentation nicht mehr.


Biennensis

@Fairfis, genau da liegt das Problem der Linken: „Bis jetzt haben sie nicht ihr eigenes Geld, sondern immer fremdes Geld verteilt und sich als Gutmenschen der „sozialen“ Politik darin gesuhlt!


Fairfis

Werter Herr Bohnenblust, sie können mir gerne unter fairfis@gmail.ch schreiben. Aber ich glaube ich habe es schon Begriffen: Die FDP war in den letzten drei Jahren dafür: Beim Orchester zu streichen, beim Museum zu Streichen, bei der Gassenküche zu streichen, bei Pro Senectute zu streichen, bei Cartons du Coeur zu streichen, beim AJZ zu streichen, bei der Dargebotenen Hand zu streichen, die Skilager zu streichen, bei der Schwanenkolonie zu streichen. Denn wenn die FDP bei all diesen Organisationen, die sich jetzt ja zusammen gegen dieses Budget wehren werden, nicht streichen wollte, dann hätte sie dafür doch sicher Mehrheiten in diesem Parlament gefunden.


Peter Bohnenblust

Werter "Fairfis": geben Sie mir bitte Ihre "Koordinaten" bekannt. Gerne werde ich versuchen, Ihnen den wirklichen Sachverhalt näher zu erläutern (p.bohnenblust@parlamentbiel.ch). Ihre Behauptungen treffen so nicht zu.


Fairfis

Ach Manolo. Du machst also auch einfach nur Wahlkampf. Die FDP und SVP haben soeben die Skilager, Pro Senectute, Das Jugendzentrum, die Schwanenkolonie, Cartons du Coeur gestrichen und redest von Winkelzügen der Linken.


manolo

liebe bielerinnen und bieler ich als geborener bieler, der leider nicht abstimmen darf aber mit herz sich zu biel bekennt, möchte euch auffordern, bitte achtet jetzt sehr genau auf die winkelzüge der linken und passt genau auf, wie sie im stadtrat politisieren! vergesst es bitte nicht und wählt an den nächsten gemeinde- und stadtratswahlen die linken d.h. sp und grüne nicht mehr! biel muss wieder einmal durch andere regiert werden!


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