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Kafipause

Das Geständnis von der Kronen-Verweigerung

Im persönlichen Blog berichten BT-Chefredaktor Bernhard Rentsch und Parzival Meister, stellvertretender Chefredaktor und Redaktionsleiter, abwechslungsweise wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Das Geständnis von der Kronen-Verweigerung.

Bernhard Rentsch
  • Dossier

Nein, die Königskrone gehörte gestern nicht mir. Denn ja, trotz Coronaeinschränkungen wurde der Wettstreit um das kleine weisse Figürchen im süssen Gebäck ausgetragen – wie es sich gehört online an drei Standorten. Per Videokonferenz wurde die Auswahl der Kuchenstücke durchgeführt und überwacht, das sofortige «Ausbeineln» des Gebäcks ergab die Tageskönigin, ohne dass ihr die Krone aufgesetzt werden konnte. Die digitale Auswahl der Kuchenstücke war für einmal etwas anders und ganz lustig, auch wenn dem Besitzer des Echt-Kuchens schliesslich das ganztägige und etwas eintönige Menü vorgegeben war.

Die Erinnerung an ein noch spezielleres Fast-Königsein geht aber einige Jahre zurück. Und es ist ein Geständnis oder das Ausplaudern eines persönlichen Geheimnisses.

Im Rahmen einer Gruppenfeier war es scheinbar Tradition, dass der Kuchen von drei verkleideten Königen verteilt wurde. Die Inszenierung liess erahnen, dass die oder der Auserwählte gebührend gefeiert wurde. Das wollte ich damals in dieser speziellen Konstellation nicht und ich hoffte, dass der Kelch an mir vorüberging. Das Nicht-Mitmachen war aber auch kein Thema, zu sehr hätte man sich als Spielverderber geoutet. Wäre ich aber doch nur von Anfang an ehrlich gewesen.

Denn natürlich sollte es mit dem neutralen Ausgang der Geschichte nicht sein: Bereits beim ersten Bissen in das Stück Königskuchen war das weisse Kunststofffigürchen zwischen den Zähnen deutlich zu spüren. Was tun? Herunterschlucken war keine Option, sich zu outen aber auch nicht. Also blieb die Königsfigur für die andern unsichtbar in meinem Mund und kam erst später (versteckt) zum Vorschein. Ganz freiwillig verzichtete ich auf Königsehren. Etwas, was mir am Dreikönigstag und anderen im echten Leben selten passiert. Obwohl ich überzeugt bin, dass schon das eine oder andere gekrönte Oberhaupt lieber auf die Ehre verzichtet hätte. Das schlechte Gewissen den andern gegenüber plagte mich in der beschriebenen Situation später aber dennoch – mittlerweile ist es verjährt. Denn die andern suchten vergeblich nach der oder dem zu Krönenden. Ungeklärte Vermutungen bis hin zur «Anklage» gegenüber dem Bäcker, der scheinbar vergessen hatte, eine weisse Figur im Teig einzukneten, waren Tagesthema.

Allen gestern Gekrönten sei gratuliert und es sei gehofft, dass die Feiern ehrlich und offen stattfanden. Ab heute sind die meisten von uns wieder gleich rangiert.

brentsch@bielertagblatt.ch

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