- Dossier
Deborah Balmer
Der Spaziergang der Grünliberalen beginnt «im Herzen von Biel», wie die drei bisherigen Parteivertreter im Stadtrat es nennen: in der Untergasse in der Altstadt im «Edus Coffee & Clothes». Hier sehe man, welche Lebensqualität private Initiative bringen könne, sagen sie. Tatsächlich ist das «Edus» nur eines von vielen neuen Cafés, Lädelis und sogar einem Käseladen, die in jüngster Zeit die Altstadt beleben. Die grösste Erfolgsgeschichte sei aber der First Friday, der hoffentlich nach Corona wieder genauso erfolgreich weitergehe wie zuvor, sagen die Grünliberalen.
«Es ist wichtig, dass man Unternehmergeist und Kreativität nicht mit zu strengen Auflagen unterbindet», sagt Sandra Gurtner-Oesch, die nicht nur für den Stadtrat kandidiert, sondern auch noch Grösseres vor hat: Die 47-Jährige möchte in den Gemeinderat gewählt werden und dort den amtierenden Stadtpräsidenten Erich Fehr (SP) «vom Thron stossen, weil es Zeit für einen Wechsel ist im Stadtpräsidium». Regelmässig werde sie in der Stadt darauf angesprochen, dass es doch nun Zeit sei für eine Frau in diesem Amt, sagt sie. Wie GLP-Parteipräsident Dennis Briechle sowie Stadt- und Grossrat Julien Stocker, die mit auf dem Parteispaziergang sind, ist Gurtner-Oesch ganz oben auf der GLP-Liste zu finden.
Leben in der Altstadt
Das Leben pulsiert an diesem Nachmittag in der Altstadt: Wegen Corona dürfen die Beizer draussen mehr Raum beanspruchen, um Stühle rauszustellen. Das wird rege genutzt. Viele Passanten sind unterwegs, zwischendurch fährt ein Auto durch. Dennis Briechle, der selber in der Altstadt wohnt, sagt, es funktioniere gut mit den Begegnungszonen in der Altstadt, ganz autofrei müsse diese seiner Meinung nach nicht werden.
Dennoch hat die GLP einiges auszusetzen am Verkehrskonzept. Deutlich wird das an der nächsten Station des Spaziergangs, an der Gartenstrasse. Seit Jahren kritisiert die GLP, dass Biel zu wenig Fahrradwege für die Velofahrerinnen und Velofahrer realisiere. «Andere Städte sind diesbezüglich viel weiter», sagt Briechle, der wie die anderen beiden regelmässig mit dem Fahrrad unterwegs ist. «In Bern gibt es beispielsweise über 100 Begegnungszonen.» Die Gartenstrasse sollte eigentlich schon längst zu einer wichtigen Nord- Südachse für Velofahrer geworden sein, sagt er. Doch das versprochene «Leuchtturmprojekt» sei bis heute unvollendet. Dies unter anderem, weil die Stadt es verpasst habe, sich auf Land, das für den Veloweg nötig ist, die nötigen Durchfahrtsrechte zu sichern – weshalb ein Rechtsstreit entstanden sei.
Eine links-grün regierte Stadt mit zahlreichen prekären Stellen für Velofahrer – das ist für die GLP ein Ärgernis, das sie gerne ändern würde. Hier schaltet sich Sandra Gurtner-Oesch, Geschäftsführerin von Prowafo Bern, ein: «Ich bin eine Macherin und würde die Dinge gerne umsetzen. Es ist sicherlich auch eine Frage, wie man als Exekutivmitglied mit der Verwaltung zusammenarbeitet und delegiert.»
In mehreren Interviews hat Gurtner-Oesch den Gemeinderat, den es in der aktuellen Zusammensetzung seit acht Jahren gibt, direkt angegriffen, da Projekte einfach liegen geblieben seien. Auch sie spricht unter anderem von einem Velokonzept. Gurtner-Oesch ist allerdings im Wahlkampf auch selber kritisiert worden, weil sie in einem fingierten Stelleninserat für das Stadtpräsidium für sich warb.
Von fünf auf sechs Sitze
Das erklärte Wahlziel der GLP: Von aktuell fünf Sitzen im Stadtrat auf sechs zulegen. Und: neu in den Gemeinderat einziehen. Wenn die drei an den Erfolg ihrer Partei an den nationalen Wahlen vom letzten Herbst denken, dann rechnen sie sich gute Chancen aus, dass dies gelingen wird. Schliesslich sei die grüne Welle noch nicht abgeflacht.
Vorbei geht es am Jugendzentrum «Chessu», das für Dennis Briechle auch dafür steht, dass die Stadt Kulturgelder hauptsächlich in die grossen Häuser verteilt. «Auch kleinere Lokale sind wichtig und sie dürfen nicht vergessen gehen», sagt er, während man über die Esplanade schreitet. Zu viel Beton und zu wenig Grün, das wegen des Klimawandels besonders nötig wäre, beklagt Julien Stocker: «Der Platz ist versiegelt und ähnelt einer Betonwüste, die man nicht nutzen kann und die im Sommer viel zu warm wird.» Die GLP habe die Planung des zubetonierten Platzes in dieser Form als einzige Partei noch verhindern wollen.
Weiter geht es auf dem BT-Wahlspaziergang über den Verresiusplatz und unter den Bahngleisen durch in Richtung Salzhausstrasse. An der Stelle, an der dereinst das Loch des Autobahnanschlusses Bienne-Centre klaffen könnte, bleiben Steiner und Briechle stehen – Gurtner-Oesch hat sich bereits verabschiedet, «weil ich am Freitag immer nach den Kindern schaue». Beide lehnen das geplante Ausführungsprojekt ab, wenn es mit den Anschlüssen daher kommt. Innerhalb der Partei herrscht diesbezüglich Einigkeit.
Schluss des Spaziergangs ist der Robert-Walser-Platz: Hier entstehen der Innovationspark und der Campus, auch wenn Letzterer gerade blockiert ist. Für die GLP ist es wichtig, dass künftige Start-up-Unternehmen, die hier entstehen, in Biel auch die richtigen Bedingungen vorfinden, um sich hier niederzulassen. Womit sich der Kreis schliesst: Die GLP will die richtigen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen.
Die GLP-Liste
Dennis Briechle, 1986, bisher
Sandra Gurtner-Oesch, 1972, bisher
Julien Stocker, 1991, bisher
Caroline Lehmann, 1992
Ester Meier, 1962
Gaël Schaffter, 1981
Thomas Briggen, 1971
Michael Stauffer, 1972
Christoph Wiedmer, 1981
Niels Arnold, 1970, bisher
Roland Eggli-Aerni, 1966
Thomas Dalla Vecchia, 1959
Michael Schlup, 1973
Claudia Davila Quiroz, 1985
Urs Gurtner-Oesch, 1979
Aurore Stenberg, 1985
Andrea Frei, 1988
Simon Zimmermann, 1974
Anita Jutzi, 1967
Patrick Stadler, 1981
Cornelia Oesch, 1975
Alexander Stenberg, 1985
Hans-Ulrich Köhli, 1963
Katharina Howald, 1974
Onorina Magri, 1972
Cédric Zurbrügg, 1990
Martin Achenbach, 1963
Miriam Kiener, 1980
Alexandre Bukowiecki Gerber, 1970
Irène Schacher, 1970