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Nidau/Biel

Das Hochhaus steht in der Kritik

Gestern ist der Mitwirkungsbericht zur baurechtlichen Grundordnung Agglolac vorgestellt worden. Die Auswertung der Mitwirkungen zeigt: Die zentralen Punkte stossen auf Zustimmung – mit Ausnahme des Hochhauses.

Unter dem Motto «Stadt am See: Land in Sicht» wurde der Mitwirkungsbericht zu Agglolac präsentiert. Bis das sichere Land erreicht ist, dauert es jedoch noch an. Peter Samuel Jaggi
  • Dossier

Lino Schaeren

Lange hat es gedauert, weil viele teilnehmen wollten: Mehr als ein Jahr nach dem öffentlichen Mitwirkungsverfahren zur baurechtlichen Grundordnung Agglolac ist gestern der Mitwirkungsbericht vorgestellt worden. 327 Eingaben wurden getätigt, 300 davon von Privatpersonen. Die Auswertung der ausgefüllten Fragebögen zeigt eine vorwiegende Zustimmung in den zentralen Punkten. Einzig das geplante Hochhaus im Zentrum des neuen Quartiers stiess auf Ablehnung. Nidaus Stadtpräsidentin Sandra Hess (FDP) äusserte denn auch ihre Freude am Ergebnis.

Allerdings wurden – auch in separaten Schreiben zu den vorgefertigten Fragebögen – etliche Sorgen geäussert, Verbesserungsvorschläge erbracht und Kritik geübt. Dies vor allem in den Bereichen Freiraum, Verdichtung, Energie und Verkehr. Im Mitwirkungsbericht nimmt die Projektgesellschaft zu den Eingaben Stellung. Sie setzt sich aus den beiden Städten Nidau und Biel, sowie der privaten Investorin Mobimo AG zusammen.

So sagte gestern Hess, dass sie das schlechte Image von Hochhäusern bei den Mitwirkenden nachvollziehen könne. In den 50er-, 60er- und 70er-Jahren seien viele Wohntürme hochgezogen worden, «die sind nichts Schönes». Die Projektgesellschaft müsse nun beweisen, dass sie zukunftsorientierte Lösungen präsentieren könne. Was das Hochhaus betrifft, sollen diese in einem Architekturwettbewerb gefunden werden.

Nebst dem Hochhaus stand auch die Anzahl der Parkplätze in der Kritik. Allerdings fand sich in dieser Frage unter den Mitwirkenden keine Mehrheit: Die einen fordern mehr Parkfelder, die anderen weniger. Eben auch wegen solcher Widersprüchlichkeiten sei es undenkbar, allen Wünschen zu entsprechen, sagte Hess.

Auf Hochhaus angewiesen?

So oder so seien in den Mitwirkungen einige Widersprüche zu finden. So wird gefordert, auch neben dem Hochhaus weniger verdichtet zu bauen – gleichzeitig soll die öffentliche Freifläche erweitert werden. Das gehe nicht auf, sagte Hess, «damit wir den mit Mobimo vereinbarten Landpreis erhalten, müssen wir 120 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche zur Verfügung stellen». Deshalb sei man etwa auch auf das Hochhaus angewiesen. «Wir könnten zwar auch in die Breite bauen, das ginge dann aber eben auf Kosten von öffentlicher Freifläche.»

Auch Biels Stadtpräsident Erich Fehr (SP) verteidigte gestern die verdichtete Bauweise. Die Dichte alleine als negativ darzustellen, sei falsch, sagte er. Er zog als Vergleich die Altstadt herbei. «Altstädte sind noch verdichteter gebaut und werden dennoch als attraktiv wahrgenommen.»

Agglolac werde nicht eine triste Siedlung mit einheitlichen Blöcken, sondern ein Wechselspiel betreffend Formen, Länge und Höhe, so Fehr. Die Ausnützungsziffer beim Agglolac-Siegerprojekt Citélac ist hoch, ähnlich hoch wie beispielsweise im Bieler Bahnhofquartier. Ausser dass die Gebäude im Bahnhofquartier weniger Geschosse haben.

Sorge bereitet den Mitwirkenden auf die Frage nach der Wirtschaftlichkeit für Nidau und Biel. Zwar zahlt Mobimo rund 110 Millionen Franken für das Bauland. Allerdings müssen die Gemeinden für die öffentliche Infrastruktur aufkommen – die Kosten dafür wurden 2012 auf rund 50 Millionen Franken geschätzt.

28 Millionen für Grabungen

Ausgaben für archäologische Rettungsgrabungen auf dem Agglolac-Perimeter und die Altlastensanierung kommen dazu. Deshalb kam in der Bevölkerung die Befürchtung auf, dass die gewinnorientierte Investorin ein gutes Geschäft mache und die Städte das nachsehen hätten.

Zumindest was den finanziellen Aufwand für die archäologischen Grabungen betrifft, dürfte in drei Monaten Klarheit herrschen. Im Juni gab der Regierungsrat des Kantons Bern bekannt, dass die Rettungsgrabungen maximal 28 Millionen Franken kosten sollen. Der bernische Grosse Rat befindet im September über einen Rahmenkredit über 15,5 Millionen Franken, Nidau und Biel müssten 12,5 Millionen beisteuern.

Die Verhandlungen mit dem Kanton seien langwierig gewesen, sagte Hess, «doch wir mussten nun vorwärtsmachen, ohne eine verbindliche Lösung in der Archäologie-Frage können wir nicht vors Volk». Stimmt der Grosse Rat zu, ist eine solche gefunden. Die Projektgesellschaft geht von einem Gewinn für die Städte von rund 11 Millionen Franken aus.

Gegner formieren sich

Unabhängig davon, welche kritischen Eingaben aus dem Mitwirkungsverfahren in der Weiterverfolgung des Projekts Agglolac berücksichtig werden, hat sich Widerstand gegen das Quartier am See geregt. Die Gruppe Zentral Parc Nidau-Biel will Agglolac verhindern – und spricht sich stattdessen für einen grossen Park aus. Im Juni hat die Gruppe, die aus dem Kollektiv Bienne Vivante entstand, begonnen, in Nidau und Biel Flugblätter zu verteilen.

Hess sagte gestern, man habe mit Widerstand aus der Bevölkerung rechnen müssen. «Ein Projekt dieser Grösse gefällt nie allen. Damit müssen wir leben.»

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Zeitplan Agglolac 2008 bis 2025

  • 2008: Vision Agglolac
  • 2009 bis 2012: Machbarkeits-studie
  • Juli bis Dezember 2013: Ideenwettbewerb
  • Januar 2014: Ausstellung Ideenwettbewerb
  • Ab Sommer 2014: Testplanung
  • Ab Frühjahr 2015: Erarbeitung der baurechtlichen Grundlagen
  • Sommer 2015: Voranfrage beim Kanton Bern
  • Herbst 2015: Die öffentliche Mitwirkung wird durchgeführt
  • Am Frühjahr 2016: Die baurechtliche Grundordnung wird überarbeitet, der Mitwirkungs-bericht erstellt
  • Sommer 2016: Die Unterlagen werden für die Vorprüfung beim Kanton Bern eingereicht
  • Herbst 2016: Beginn Öffentliche Auflage mit Einsprachemöglichkeit
  • Ab Februar 2017 Einspracheverhandlungen
  • Beschlussfassung Stadträte Biel und Nidau voraussichtlich Mitte 2017
  • Voraussichtlich Frühjahr 2018: Volksabstimmungen zur Zonenplanänderung (Nidau) und zum Landverkauf (Biel)
  • Bei jeweils einem positiven Ergebnis an der Urne: Architekturwettbewerbe, Vorprojekte, Baueingabeprojekte und Eingabe Baugesuch; es folgt das Baubewilligungsverfahren
  • Ab 2020 ist die Realisation in Etappen vorgesehen; Beginn im Bereich des Barkenhafens
  • Ab 2025 Abschluss erste Etappe und erste Nutzung lsg

Kommentare

heidy70

Hat es in Biel nicht schon genug leere Wohningen? Und das gibt ganz sicher keine billigen Wohnungen, allein der Lage wegen.


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