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Corona-Blog

Das mit dem Händewaschen

Kinderlieder sind oft ziemlich nervtötend, eines geht so: «Hände waschen, Hände waschen, muss ein jedes Kind. Hände waschen, Hände waschen, bis sie sauber sind.» Meine Tochter, vier, kennt dieses Lied schon lange, singt es mal öfter, mal seltener.

Symbolbild Keystone
  • Dossier

Moritz Bill, Teamleiter Sport

Doch erst seit Corona ist das Händewaschen zu einem zentralen Lebensinhalt geworden. Das Virus sagt ihr nichts, das Händewaschen hingegen schon. Und seit Anbruch der Schutzmassnahmen gilt es eben, sich gründlich die Hände zu waschen. Immer, und immer wieder. Kein Wunder assoziiert sie diese Krise mit dem Händewaschen. Sie fragt mich ständig, wann denn «das mit dem Händewaschen» endlich vorbei sei?

Ach, wie gerne würde ich ihr diese Frage beantworten können. Diese Ungewissheit macht mich an manchen Tagen fertig. Mit all den Einschränkungen habe ich weniger Mühe. Ich kann mich relativ gut damit abfinden, für eine Weile auf sonst alltägliche Sachen zu verzichten. Aber eben, nicht zu wissen, wie lange diese Weile dauert, treibt mich an den Rand des Wahnsinns.

Sonst stellen mir meine Kinder Fragen, die ich meistens mühelos zu beantworten vermag. Falls nötig, ist Google mein Freund. Doch wenn ich dort nach einer Antwort für die Dauer der Pandemie suche, lande ich ziemlich rasch bei merkwürdigen Youtube-Videos, in denen mich komische Leute vor dem Inkrafttreten einer bösen, neue Weltordnung warnen. Dabei wollte ich doch bloss ein Datum haben. Eine einfache Zahl.

Es ist wohl kein Zufall, bin ich im Sportressort gelandet. Hier wimmelt es nur so von Zahlen, Fakten, Statistiken. Und nirgends sonst ist die Agenda mit Spielplänen derart fixiert. Man weiss, was man wann hat. Ich brauche diese verlässlichen Daten in meinem Leben. Es ist paradox: Die immer wiederkehrende Ungewissheit über den Ausgang eines Spiels, ist das, was mich am Sport am meisten fasziniert. Da können noch so viele Algorithmen verglichen werden – bevor ein Wettkampf nicht zu Ende ist, kann alles passieren. Aber nicht zu wissen, wann ich mich auf dieses Spektakel einlassen darf, löst bei mir nun seit Wochen eine Ohnmacht aus.

Ich habe meiner Tochter letztens gesagt, dass das mit dem Händewaschen wohl noch lange nicht vorbei sein wird. Dass wir das wahrscheinlich für immer regelmässiger und gründlicher als zuvor tun sollten. Sie hat das zur Kenntnis genommen. Seufz. Und wir sangen zusammen das Lied.

mbill@bielertagblatt.ch

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