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Homosexualität

Das Paar, dem es nicht zum Ja-Wort reichte

Die Bieler Daniel Binggeli und Oliver Guntli sind verliebt. Das Paar wollte sein Glück mit einer eingetragenen Partnerschaft krönen. Doch eine Kleinigkeit lief schief. Am Ende klappte es immerhin mit den Flitterwochen.

copyright:mak/bieler tagblatt

Deborah Balmer


Wenn es so etwas wie eine 08/15-Liebesbeziehung geben sollte, ist es mit garantierter Sicherheit nicht die von Daniel Binggeli (56) und Oliver Guntli (37). Das Paar, das in Biel lebt, sprengt so ziemlich jeden Rahmen, den man sich vorstellen kann.

Die beiden sind schwul, sie sind IV-Bezüger und sie leben am Rande der Gesellschaft. Ihre Liebesgeschichte gipfelte in der Absicht, ihre Partnerschaft offiziell eintragen zu lassen. Laut Daniel Binggeli hing die Ankündigung ihrer «Heirat» sogar drei Wochen lang im Schaukasten des Zivilstandsamtes Seeland an der Seevorstadt in Biel. Binggeli lächelt, wenn er daran zurückdenkt. «Das löste ein Echo aus: Wir wurden von vielen Bekannten darauf angesprochen», sagt Binggeli und schaut über den Brillenrand hinweg zu Oli.

Am Ende klappte es wegen einer Kleinigkeit doch nicht mit dem offiziellen Partnerschaftseintrag, der seit dem 1. Januar 2007 in der Schweiz für homosexuelle Paare möglich ist. Doch dazu später.

Flitterwochen in Berlin

Trotzdem verbrachten sie die Flitterwochen in Berlin. Oliver Guntli wollte seinem Partner unbedingt die Metropole zeigen, in der er früher einmal gelebt und sein Geld mit dem Verkauf des «Strassenfegers» verdient hatte. Ein Bauingenieur aus Bern hatte ihnen mit einer Spende von 1000 Franken die Reise ermöglicht. Dies, nachdem der Mann im Strassenmagazin Surprise vom unerfüllten Weihnachtswunsch Guntlis gelesen hatte, mit «Dani ein Wochenende in Berlin zu verbringen».

Heute ist Guntli Verkäufer des «Surprise». Früher war er als Bettler unterwegs. Bis er eines Tages im Zug von einem Fahrgast freundlich angeredet wurde: «Er sagte mir: Wollen sie nicht versuchen, zumindest etwas Kleines zu arbeiten?» Guntli  versuchte es. Heute ist er der, der das Geld heimbringt. Ein willkommener Zustupf zur IV-Rente der beiden.

«Dani ist der Hausmann, ich arbeite», sagt Guntli und lacht. Dass sie sich gefunden haben, sei eine schicksalhafte Fügung, sind beide überzeugt. Dass sie einander guttun, steht ausser Frage: «Dank Oli komme ich heute mit weniger Tabletten aus», sagt Binggeli.  

Dreifacher Vater

Jahrelang hatte Binggeli ein ganz anderes Leben geführt. Der gelernte Krankenpfleger ist Vater von drei erwachsenen Kindern, lebte mit seiner Familie im Wallis. Doch er hatte schwere Depressionen und trank zuviel. Die Ehe ging in die Brüche. Eine Ehe, in der Binggeli stets das Gefühl hatte, dass ihm «etwas fehlt». Seine Frau habe sogar gewusst, dass er schwul sei, erzählt der mittlerweile zweifache Grossvater. Er habe sich immer einen Freund gewünscht: «Mit Oli habe ich ihn endlich gefunden.»

Guntli ist in schwierigen Verhältnissen in der Stadt Zürich aufgewachsen. Seine Mutter war Alkoholikerin, als Bub verbrachte er einen grossen Teil der Zeit im Heim. Einen Vater hatte er nie. So ist Binggeli heute nicht nur Partner, sondern manchmal auch ein wenig der Vater von Oliver, der einst eine Anlehre in einer Wäscherei machte.

Ein «Kind» namens Foxy

Binggeli und Guntli leben fast seit Beginn ihrer Beziehung zusammen. Und sie haben sogar ein Kind:einen Labrador-Rhodesian-Mischling namens Foxy. «Der klügste Hund, den ich je gesehen habe», sagt Binggeli.

Obwohl eigene Kinder für die beiden nie in Frage kämen, haben sie eine klare Meinung zur Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare. Sie finden, es sollte auch hierzulande möglich werden, dass zum Beispiel zwei Frauen ein Kind adoptieren. Doch die Gesellschaft müsse noch umdenken. Dass schwul sein noch immer nicht ganz normal ist, spüren die beiden im Alltag. Etwa, wenn sie sich öffentlich küssen. «Da gibt es manchmal Reklamationen», sagt Guntli. Deshalb verstecken sie in der Öffentlichkeit mittlerweile ihre Gefühle lieber.

Und weshalb klappte es eigentlich am Ende doch nicht mit der eingetragenen Partnerschaft? Ganz einfach: Dem verliebten Paar fehlten ein paar hundert Franken, die sie dafür hätten zahlen müssen. Für beide ist es aber noch immer ein Wunsch, vielleicht einmal doch noch zu heiraten.

 

Infobox: Homosexuelle sollen heiraten dürfen

Bereits nächstes Jahr soll das Schweizer Volk darüber entscheiden, ob Homosexuelle in der Schweiz heiraten dürfen oder nicht.
Im gleichen Jahr soll an der Urne auch über die Stiefkindadoption abgestimmt werden: Diese soll in der Schweiz auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden.
Einige Homosexuelle fordern zudem die Möglichkeit zur Adoption und die Anpassung des Anti-Rassismusartikels in einen Anti-Diskriminierungsartikel. bal

Kommentare

Biennensis

Glück und Pech liegen nahe beisammen: Zu meinem Glück bin ich nicht so! Und zu meinem Pech "darf" ich solche Wohlstandserscheinungen auch mitfinanzieren.


serena20

Nicht die Gesellschaft muss umdenken???? Werde zusammen mit meinem richtigen Mann auch an der Abstimmung teilnehmen.


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