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Nidau

Das Rennen um den Thron ist lanciert

Wer hält im Stedtli künftig die Zügel in der Hand? Das entscheiden die Nidauerinnen und Nidauer am 26. September. Um das Präsidium kämpfen vier Personen, und auch für Gemeinde- und Stadtrat gibt es rekordverdächtig viele Kandidierende.

Sandra Hess will eine dritte Legislatur als Stadtpräsidentin anhängen. Sie erhält allerdings Konkurrenz von drei Anwärtern. Matthias Käser
  • Dossier

von Carmen Stalder

Ende September werden die Nidauerinnen und Nidauer an die Urne gerufen. Es stehen wichtige Entscheidungen an, darunter insbesondere, wer in der Legislatur 2022-2025 das Stadtpräsidium innehaben wird. Kann die amtierende Präsidentin Sandra Hess (FDP) eine dritte Legislatur anhängen? Schafft es der Gemeinderat Roland Lutz (SVP) an die Spitze? Oder wird erstmals seit über 60 Jahren die Tradition der bürgerlichen Amtsinhaber gebrochen? Für diese Variante steht einerseits der linke Stadtrat Tobias Egger (SP) zur Wahl, andererseits der politische Quereinsteiger Beat Cattaruzza (GLP).

An den Wahlen vor vier Jahren musste sich Sandra Hess noch keine Sorgen um ihren Posten machen: Mangels Gegenkandidaturen wurde sie in stiller Wahl wiedergewählt. Heuer sieht es aufgrund der drei durchaus ernst zu nehmenden Gegner etwas anders aus. Hess hat in der vergangenen Legislatur für die zwei Grossprojekte Agglolac und Westast geweibelt – die bekanntlich beide gescheitert sind. In Erinnerung dürfte der Stimmbevölkerung auch die aufsehenerregende «Umschmückung» des Nidauer Weihnachtsbaums vom letzten Dezember geblieben sein. Eigentlich keine grosse Sache, die aber dennoch zu einigem an die Adresse der Stadtpräsidentin gerichteten Unmut geführt hat.

Ob dies allerdings ausreicht, um die erste weibliche Amtsinhaberin vom Thron zu stossen? Ihre Parteikolleginnen und -kollegen jedenfalls sind überzeugt, dass Sandra Hess «einen hervorragenden Job gemacht hat und für dieses Amt noch immer die beste Wahl ist». Das oberste Wahlziel der FDP laute entsprechend ihre Wiederwahl, sagt Parteipräsidentin Amélie Evard.

SP-Gemeinderat tritt zurück

Für den siebenköpfigen Gemeinderat gibt es 34 Bewerbungen, davon 11 Frauen, was einem Anteil von 32 Prozent entspricht. Aktuell sitzt neben Sandra Hess mit Sandra Friedli (SP) lediglich eine zweite Frau in der Regierung. Die Chance, dass sich dies ändert, ist gegeben: Marc Eyer (SP) tritt nach acht Jahren im Stadtrat und ebenso langer Zeit im Gemeinderat zurück.

Derzeit gehören im Gemeinderat zwei Sitze der FDP, drei der SP und je einer der SVP und EVP. Damit sind nicht alle Parteien zufrieden. Die SVP möchte einen zweiten Sitz ergattern, die FDP will ihren vor vier Jahren verlorenen dritten Sitz zurückerobern. Die SP und die Grünen treten gemeinsam an und streben drei rot-grüne Sitze an – Eyers Platz soll also unbedingt in linker Hand bleiben. Nach vierjähriger Abwesenheit ist es insbesondere den bei den letzten Wahlen als grosse Gewinner hervorgegangenen Grünen wichtig, in die Regierung zurückzukehren. Die neu gegründete Nidauer GLP hat sich derweil auf die Fahne geschrieben, gleich im ersten Anlauf in den Gemeinderat einzuziehen. Sie ist mit der EVP eine Listenverbindung eingegangen, die den Sitz von Philippe Messerli verteidigen möchte.

Fast 30 Jahre in Lokalpolitik

Grössere Rochaden sind im Stadtrat zu erwarten. Hier treten vier Personen nicht mehr zur Wiederwahl an. Neben Esther Kast, Carmen Lucchini-Gutiérrez (beide Grüne) und Susanne Schneiter Marti (FDP) ist dies auch Brigitte Deschwanden Inhelder (SP), die rekordverdächtige 28 Jahre lang Stadträtin war. Begonnen habe sie, als Robert Liechti Stadtpräsident war, danach habe sie Johann Lampart erlebt, Bernhard Stähli, Adrian Kneubühler und nun Sandra Hess.

Die frei werdenden Sitze können problemlos wieder besetzt werden. Insgesamt 122 Kandidatinnen und Kandidaten wollen einen der 30 Sitze im Parlament ergattern, das sind so viele wie noch nie in den letzten Jahren. Der Frauenanteil auf der Stadtratsliste liegt bei knapp 43 Prozent. Keine schlechte Quote, die jedoch nicht mit dem Ist-Zustand mithalten kann: Aktuell ist das Geschlechterverhältnis im Stadtrat genau ausgeglichen.

Geht es um die Sitzverteilung im Parlament, streben die meisten Parteien nach mehr. Ausnahme sind die Grünen und die SP, die sich mit ihren sechs respektive acht Sitzen zufriedengeben. BDP, FDP, EVP, PRR und SVP dagegen wollen alle mindestens einen Sitz dazugewinnen. Ein wiederholt geäussertes Anliegen der Bürgerlichen lautet, nach vier Jahren wieder die Mehrheit im Parlament zu ergattern – zu gross ist der Frust nach vielen verlorenen Abstimmungen im Rat. Die grössten Ambitionen hegen derweil die Grünliberalen. Sie sind zwar neu auf dem politischen Parkett des Stedtli, wollen aber auf Anhieb drei Sitze besetzen.

Stellt sich die Frage, welche Themen im bevorstehenden Wahlkampf für Aufmerksamkeit sorgen. 2017 stand ganz klar Agglolac im Fokus. Den Befürwortern, allen voran der FDP, bescherte die Zustimmung eine grosse Wahlschlappe. Im Vergleich dazu fehlt es heuer an schwergewichtigen Projekten, die eine grosse Wählermobilisation begünstigen könnten. Ist die Luft also draussen? Den Parteien bleiben sieben Wochen, um das Gegenteil zu beweisen.

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