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Biel

«Den Deutschschweizern fällt es nicht auf»

Die Zahlen sprechen für sich: In der Bieler Baudirektion sind 86 Prozent der Angestellten deutschsprachig. Auf der höchsten Kaderebene ist der Anteil an Frankophonen über alle Direktionen noch kleiner. Eine neu einberufene Arbeitsgruppe soll das nun ändern.

In keiner anderen Bieler Direktion ist der Anteil an Romands so klein wie auf der Baudirektion. Bild: Peter Samuel Jaggi
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Deborah Balmer
Sie heissen Corinne Leuenberger, Daphné Rüfenacht, Andreas Bösch, Denise Bärtschi und Babette Neukirchen – alle fünf sind jüngstens von der Stadt Biel als stellvertretende Generalsekretäre angestellt worden.  
Der Fraktionspräsident des PRR im Bieler Stadtrat, Pascal Bord, zweifelt in keiner Weise an den Fähigkeiten der neuen städtischen Angestellten. Trotzdem stösst ihm eine Sache leicht sauer auf: «Wir stellten fest, dass alle fünf stellvertretenden Generalsekretäre Deutsch und nicht Französisch als Muttersprache haben», sagt Bord, der sich in einer zweisprachigen Stadt wie Biel mehr sprachliche Ausgeglichenheit wünscht. Insbesondere weil im neuen Personalreglement der Stadt steht, dass Zweisprachigkeit innerhalb der Stadtverwaltung mit geeigneten Massnahmen gefördert wird.


Nur 14 Prozent Romands in der Baudirektion
Die Zahlen zeigen tatsächlich ein eindeutiges Bild: Im höchsten Kader der Stadt, also bei den Mitarbeitern, die direkt den Gemeinderäten unterstellt sind, haben von 20 gerade einmal 2 Muttersprache Französisch. Beide arbeiten in der Präsidialdirektion. Sowohl in der Finanzdirektion, wie in der Direktion Soziales und Sicherheit, der Direktion Bildung, Kultur und Sport und der Direktion Bau, Energie und Umwelt gibt es unter den Personen, die dem Gemeinderat direkt unterstellt sind, gar keine Romands.


Betrachtet man die sprachliche Aufteilung beim städtischen Personal generell, dann finden sich dort 61 Prozent deutsch- und 39 Prozent französischsprachige Mitarbeiter. In der Gesamtbevölkerung machen die Deutschsprachigen etwa 57 Prozent und die Französischsprachigen etwa 43 Prozent aus.


In einigen Direktionen ist der Anteil an Französischsprachigen im Vergleich zu Bevölkerung also auffallend klein: Besonders markant ist es in der Bau-, Energie- und Umweltdirektion: 86 Prozent oder 185 der 216 Mitarbeitern sind dort deutschsprachig, nur 14 Prozent oder 31 Mitarbeiter sind französischsprachig. Was sagt die zuständige Gemeinderätin Barbara Schwickert (Grüne) dazu? «Die Gründe kenne ich leider auch nicht. Es könnte eventuell etwas mit der Berufsgattung zu tun haben, das ist aber schwierig einzuschätzen», sagt sie.
In der Direktion Soziales und Sicherheit finden sich 61 Prozent deutschsprachige und 39 Prozent französischsprachige Mitarbeiter, in der Finanzdirektion sind es 63 Prozent deutsch- und 37 Prozent frankophone Mitarbeiter. In der Direktion Bildung, Kultur und Sport finden sich 57 Prozent Deutsch- und 43 Prozent Französischsprachige, in der Präsidialdirektion liegt der Anteil bei 53 Prozent Deutsch- und 47 Prozent Französischsprachigen.


«Ich bin sehr erstaunt über diese Zahlen, denn sie sind sogar schlimmer, als ich dachte. In gewissen Direktionen ist der Anteil an Romands wirklich tief», sagt Bord. Das beste Verhältnis zeigt sich in der Präsidialdirektion. «Doch dieses sollte eben in allen Direktionen ausgeglichen sein», ergänzt Bord, der von einem Mangel an Sensibilität spricht, die den Deutschschweizern vielleicht gar nicht auffalle.


Gemeinderat setzt neu eine Arbeitsgruppe ein
In seiner Antwort auf Bords dringliche Interpellation schreibt der Gemeinderat:Er teile die Auffassung des Interpellanten, wonach eine repräsentative sprachliche Aufteilung der Mitarbeitenden auf allen Hierarchiestufen und in allen Organisationseinheiten für eine wirklich zweisprachige Stadt unerlässlich sei. Mit Blick auf die Tatsache, dass unter französischsprachigen Führungskräften nicht mehr französischsprachige Kadermitarbeitende angestellt werden, hat sich der Gemeinderat zu einem neuen, bisher noch nie erprobten Vorgehen entschlossen. Er hat unter Führung der französischsprachigen Leiterin der Abteilung Personelles eine überwiegende mit Personen französischer Muttersprache besetzte Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese wird die Ursachen für die Untervertretung von Personen französischsprachiger Muttersprache auf Kaderebene analysieren und geeignete Massnahmen zur Behebung dieses Defizits vorschlagen.


Dabei soll unter anderem untersucht werden, weshalb Bewerber französischer Muttersprache oftmals untervertreten sind. Ebenso soll geklärt werden, weshalb weniger Romands auf höheren Hierarchiestufen angestellt werden.
Bord hat hierzu bereits eine Vermutung:Laut Bord stellen Romands ihren Lebenslauf oft anders auf als Deutschschweizer. «Romands wählen oft nur gewisse Punkte ihrer beruflichen Laufbahn aus, die sie im Lebenslauf betonen möchten. Für Deutschschweizer sieht das dann lückenhaft aus, obwohl eigentlich ein kultureller Unterschied dahinter steckt», sagt Bord.


Kulturdelegierter: Romands werden bevorzugt
Eine Konsequenz scheint der PPR-Vorstoss bereits zu haben: In einem kürzlich publizierten Stelleninserat sucht die Stadt einen Delegierten für Kultur. Das Anforderungsprofil beinhaltet unter anderem einen Hochschulabschluss, Führungs- und Managementqualitäten und gute Sprachkenntnisse in beiden Amtssprachen. Im Stelleninserat steht aber auch: «Kandidaten und Kandidatinnen französischer Hauptsprache werden bevorzugt behandelt».

 

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Welche Strategie fährt die Stadt Biel?
Auch der Parti Radical Socialist (PSR) hat im Stadtrat einen Vorstoss zum Thema eingereicht. Der Gemeinderat wird darin aufgefordert, Fragen zur Rekrutierung zu beantworten.
So will der PSR wissen, ob Stelleninserate in beiden Amtssprachen abgefasst werden.
Er stellt sich auch die Fragen, auf welchen Plattformen die Inserate veröffentlicht werden.
Und welches Budget für Publikaltionen in deutschen und welches für solche in frankophonen Medien zur Verfügung steht. bal

bal
 

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