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Biel

«Depressive Partner sollten früh Hilfe suchen»

Die Ökumenische Beratungsstelle für Ehe-, Partnerschafts- und Familienfragen Seeland-Biel blickt auf ein intensives Jahr zurück – und optimistisch in die Zukunft.

Symbolbild: Keystone

Auch im letzten Jahr hat die Ökumenische Beratungsstelle für Ehe-, Partnerschafts- und Familienfragen Seeland-Biel eine hohe Nachfrage verzeichnet. «Es wurden 169 Neuanmeldungen registriert und 100 Fortsetzungen geführt», erklärte Präsident Jürg Rauber an der 92. Abgeordnetenversammlung im Paulushaus in Biel. Von den insgesamt 269 Beratungsfällen im letzten Jahr fallen 219 auf Paar-, 41 auf Familien- und 9 auf Einzelpersonen-Beratungen.

«Da die Beratungsstelle wieder vollständig besetzt ist, können wir allen Hilfesuchenden innert kurzer Zeit einen Termin gewähren», sagte Ida Stadler, Stellenleiterin und Psychotherapeutin. Ziel sei es, den Klienten innert 14 Tagen einen ersten Gesprächstermin anbieten zu können, was auch während des krankheitsbedingten personellen Engpasses im letzten Jahr glücklicherweise immer gelungen sei.

Kleines Defizit budgetiert
Seit dem 1. August 2018 ist mit Sibylle Tritten eine zusätzliche Psychologin in der Beratungsstelle tätig. Das dreiköpfige Beraterteam setzt sich primär mit Paarthemen auseinander. Viele Ehepaare müssten oft in Übergangszeiten, beispielsweise in Erziehungsfragen oder wenn Kinder von zu Hause wegziehen, Hilfe beanspruchen. «Unsere Arbeit ist und bleibt vielfältig», sagt Stalder. So ist derzeit der jüngste Hilfesuchende 14 Jahre, das älteste Paar 80 Jahre alt. Zunehmend müsse sich die Beratungsstelle auch mit Depressionen in Familie und Partnerschaft auseinandersetzen. «Ein leider weit verbreitetes Problem», so Ida Stalder. «60 Prozent der Bevölkerung haben schon einmal im Leben einen depressiven Zustand erlebt, 10 Prozent nehmen regelmässig Psychopharmaka ein.»

Die Jahresrechnung 2018 der Beratungsstelle schliesst mit einem Verlust von gut 3000 Franken. Dem Verbandsrat, dem Treuhandbüro Pro Office Biel GmbH sowie der neuen Kassierin Roswitha Schumacher wurde von der Versammlung die Decharge erteilt. Das Budget 2020 sieht bei einem Ertrag von 306020 Franken und einem Aufwand von 310550 Franken ein Defizit von 5530 Franken vor.

Problem: Männerdepression
Theres Meichtry, die seit letztem Jahr als Vizepräsidentin des Verbandsrats amtet, wurde für vier Jahre wiedergewählt. In den Verbandsrat neu gewählt wurden Liselotte Köles von der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Lengnau sowie Jean-Jacques Amstutz von der evangelisch-reformierten Gesamtkirchgemeinde Biel. Aus dem Verbandsrat verabschiedet wurden hingegen nach langjähriger Tätigkeit Verena Neuhaus sowie Eva Thomi.

Im Anschluss an die Versammlung griffen die Psychologinnen Ida Stadler sowie Sibylle Tritten in einem Interview, das sie miteinander führten, das Thema «Hilfe – mein Mann ist depressiv!» auf. Denn Männer suchen laut den Beraterinnen weniger schnell Hilfe und würden oft versuchen, allein mit ihren Gefühlen klar zu kommen, ihnen auszuweichen oder sie mit Alkohol zu betäuben. «Je früher Betroffene Hilfe in einer niederschwelligen Organisation, wie wir es sind, Hilfe suchen, desto besser ist der Verlauf», so Sibylle Tritten. Obwohl solche Situationen für die ganze Familie sehr schwierig seien, könne eine Depression für ein Paar auch eine Chance für Wachstum in der Beziehung darstellen. «Die Depression eines Partners führt nicht zu mehr Trennungen oder Scheidungen und hat somit für die Paarbeziehung kein Gefährdungspotenzial.»

Schliesslich stellte Jürg Rauber den Abgeordneten auch das neue Personalreglement der Beratungsstelle vor, das an die neusten Vorschriften des öffentlichen Rechts angepasst wurde und dem Personal mehr Rechte einräumt. Das Reglement wurde von der Versammlung nach kurzer Debatte einstimmig genehmigt. Silvia Stähli-Schönthaler

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