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Nidau

Der Angriff ist nur knapp gescheitert

Die Mehrheit der Stimmbevölkerung von Nidau setzt auf Kontinuität und hat deshalb Amtsinhaberin Sandra Hess (FDP) als Stadtpräsidentin bestätigt. Mit nur 56 Stimmen weniger lag Tobias Egger (SP) allerdings äusserst dicht hinter ihr.

Sandra Hess hat es geschafft: Sie bleibt an der Spitze des Stedtli. Julie Lovens
  • Dossier
von Carmen Stalder
 
Das Stadtpräsidium von Nidau liegt seit Jahrzehnten in der Hand der FDP. Mehrmals hat die SP versucht, die bürgerliche Dominanz an der Spitze des Stedtli zu brechen: Christian Bachmann trat 2009 gegen Adrian Kneubühler ins Rennen, vier Jahre später lieferte sich Marc Eyer ein Duell mit Hess. Geklappt hat es bekanntlich nie. Nun also ein weiterer Angriff – und ein abermaliges Scheitern.
 
Herausforderer Tobias Egger (SP) hat es gestern im zweiten Wahlgang nicht geschafft, Amtsinhaberin Sandra Hess vom Thron zu stossen. Allerdings hat es zuvor noch keinen so knappen Entscheid gegeben. Hess’ Name stand auf 825 Wahlzetteln, damit konnte sie 51,8 Prozent der Stimmen auf sich verbuchen. Mit 769 Nennungen und folglich 48,2 Prozent der Stimmen war ihr Egger dicht auf den Fersen. Nur gerade 56 Stimmen lagen zwischen den beiden Kandidaten.
 
Besorgte Bürgerliche
 
Kurz nach 13 Uhr steht die Gewinnerin mit strahlendem Gesicht und mit Blumen in der Hand vor der Stadtverwaltung. Das Resultat hat die Anspannung der letzten Wochen und Monate zum Verschwinden gebracht. Sie habe teils nächtelang daran herumstudiert, was sie noch tun könnte für einen erfolgreichen Wahlkampf, sagt Hess. «Letzte Nacht war ich dann so fix und fertig, dass ich sehr gut geschlafen habe.»
 
Hess ist also keineswegs siegesgewiss in den gestrigen Tag gestartet. Bereits im ersten Wahlgang im September lag Egger nur mit 112 Stimmen hinter ihr. Entsprechend musste sie sich auf ein enges Rennen gefasst machen. Die bürgerlichen Parteien hatten durchaus Anlass zur Sorge: Wäre Egger gewählt worden, hätte sich der siebenköpfige Gemeinderat künftig aus vier rot-grünen Politikerinnen und Politikern, einem aus der Mitte und zwei Bürgerlichen zusammengesetzt. Diese Unausgewogenheit wollten FDP, PRR, SVP und die Mitte um jeden Preis verhindern. «Das wäre schon ein Schreckensszenario gewesen», so Amélie Evard, Präsidentin der FDP Nidau, gestern Nachmittag.
 
Im Gemeinderat werden ab Januar vier neue Gesichter zu sehen sein. Sandra Hess glaubt, dass es bei dieser Ausgangslage von Vorteil ist, dass sie als Bisherige Kontinuität ins Gremium bringen kann. Schon so werde es schwer genug, das Wissen über alle angestossenen Projekte an die Neuen zu übergeben. «Es dauert sicher ein Jahr, bis man wirklich bei allen Themen richtig eingearbeitet ist», sagt sie.
 
Zu jung?
Diese Arbeit blüht auch Egger. Mit dem angestrebten Präsidium hat es zwar nicht geklappt, doch schon am Wahltag im September war klar, dass der 26-Jährige den Einzug in den Gemeinderat geschafft hat. Diese Aussicht tröstet ihn über die Niederlage hinweg. Er glaubt, dass sein junges Alter und der fehlende Bisherigen-Bonus die Hauptgründe für die Nichtwahl sind. «Ich bin stolz auf mein Resultat, aber natürlich ist auch etwas Enttäuschung dabei.»
 
Die vergangenen Wochen bezeichnet er als Wechselbad der Gefühle. Besonders nach Wahlveranstaltungen sei er sehr optimistisch gewesen, später dann wieder nicht mehr. Den Kopf in den Sand steckt Egger aber nicht: Heute will er sich an der Nominationsveranstaltung der SP auf die Liste für die Grossratswahlen setzen lassen. Und dass er bei den nächsten Wahlen erneut ums Präsidium kämpft, will er zumindest nicht ausschliessen. SP-Parteipräsidentin Bettina Bongard hat hierzu eine klare Meinung: «Ich hoffe sehr, dass wir in vier Jahren einen SP-Stapi haben.»
 
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Kommentar

Das Signal nicht ignorieren

 
48,2 Prozent der Nidauer Stimmbevölkerung haben sich gestern für eine Veränderung ausgesprochen. Fast die Hälfte findet, dass es nach acht Jahren mit Sandra Hess an der Spitze Zeit für einen Wechsel ist. Das ist ein beachtlicher Anteil – der seine Spuren hinterlassen soll. Der ambitionierte Jungpolitiker Tobias Egger darf mit Stolz auf sein Resultat blicken. Er hat es geschafft, Wählerinnen über seine Partei hinweg zu mobilisieren. Dabei ist anzunehmen, dass durchaus zahlreiche Anhänger der neuen Nidauer Grünliberalen seinen Namen auf den Wahlzettel geschrieben haben – andernfalls wäre das Resultat kaum so knapp ausgefallen.
 
Doch bleibt nun trotz diesem bemerkenswerten Ergebnis alles beim Alten? Wohl kaum. Sandra Hess kann den Ruf nach Veränderung und mehr Partizipation nicht einfach ignorieren. Egger wird auch als Gemeinderat versuchen, seine Wahlversprechen einzulösen. Da neben ihm noch drei weitere Personen neu in die Regierung einziehen, ist ein Wandel vorprogrammiert. Das Gremium startet jünger und grüner in die kommende Legislatur. Auch wenn sich an der Spitze nichts getan hat, sind die Chancen für Veränderung gross. Es wird spannend zu sehen, ob und was sich tatsächlich bewegen wird.
 

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