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Persönliches aus dem Bundeshaus

Der Appell

Gestern haben wir mit den Schlussabstimmungen die Sommersession beendet.

Hans Stöckli, Ständerat
  • Dossier

Sie war unspektakulär und nicht vergleichbar mit den vorangehenden, in denen umstrittene Geschäfte wie die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative oder die Altersvorsorge 2020 behandelt wurden. Eigentlich kam erst am letzten Mittwoch mit der Rücktrittsankündigung von Bundesrat Didier Burkhalter etwas Hektik und Spannung auf. Ich gehe aber davon aus, dass mit einer Kandidatur Ignazio Cassis die Sache auch schon gelaufen sein könnte. Deshalb wende ich mich einer ganz speziellen Sache zu: dem morgendlichen Appell.

Als ich am 5. Dezember 2011 zum ersten Mal auf meinem Ständerats-Stuhl Platz nehmen konnte, wurde ich schon unmittelbar zu Beginn der Sitzung überrascht, weil der Ratssekretär tatsächlich einen Appell durchführte. Er rief alle Namen auf, von «onorevole Abate» bis zu «Herr Zanetti». Und alle Anwesenden meldeten ihre physische Präsenz mit einem dezenten «Si», «Ja» oder «Oui».

Ich dachte mir, dass dieses Ritual zu Beginn einer Legislatur dazu dienen sollte, sich gegenseitig bekanntzumachen. Aber bereits am Dienstagmorgen wiederholte sich der knapp fünf Minuten dauernde Vorgang. Und seither habe ich mich an dieses Vorspiel gewöhnt. Nur zu Beginn der Nachmittagssitzungen und nach den Sitzungen der Vereinigten Bundesversammlung wird auf den Namensaufruf verzichtet.

Selbstredend wird im Nationalrat die Präsenz nicht durch einen Appell festgestellt. Die Ratsmitglieder haben sich in die beim Eingang bis etwa 11 Uhr aufliegenden Präsenzlisten einzutragen. Dann hat die Nationalrätin oder der Nationalrat Anspruch auf das Taggeld. Das bedeutet, dass kaum bemerkt wird, wenn Mann oder Frau verspätet an den Beratungen teilnimmt.

Nicht so im Ständerat. Dieser Appell hat eine unglaublich erzieherische Wirkung. Alle Kolleginnen und Kollegen bemühen sich, rechtzeitig zu erscheinen. Und wer es nicht schafft, entschuldigt sich vorzeitig, was von der Ratssekretärin bekannt gegeben wird. Gar nicht gut für ein vergeblich aufgerufenes Ratsmitglied ist die Stille nach der Namensnennung. Dieser Peinlichkeit will sich niemand aussetzen, auch wenn damit nicht mehr gleichzeitig die Streichung der Tagespauschale verbunden ist. Dieser Anspruch wird heute durch die Betätigung der elektronischen Abstimmungsknöpfe begründet.

Nun kommt mir mein Name sehr entgegen. Ich bin nämlich immer noch rechtzeitig, auch wenn ich mit drei bis vier Minuten Verspätung eintreffe, weil mein Name immer als 43. aufgerufen wird. Und somit war ich im Ständerat noch nie zu spät.

In dieser Rubrik berichten Seeländer Parlamentarier aus den Sessionen des National- und Ständerats.

Alle Folgen der Rubrik unter 
www.bielertagblatt.ch/bundeshaus

Kommentare

Boezinger

Das letzte was wir benötigen ist ein Appell Stöckli's... Schade, dass uns dieser Politkier nicht erspart geblieben ist...


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