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Biel

Der Architekt verbindet Alt und Neu

Die ersten Mieter hätten 2019 in die Villa Verdan an der Bieler Seevorstadt einziehen sollen. Mit einiger Verzögerung macht Pierre Liechti doch noch vorwärts – und baut ein modernes Gegenstück daneben.

Pierre Liechti hat ein
 modernes Gebäude entworfen, das hinter der alten Villa
 erstellt wird.
 Bild: Anne-Camille Vaucher

Julie Gaudio/pl

Manchmal bricht Sonne durch den Nebel. Als uns der Bieler Architekt Pierre Liechti an diesem grauen Wintermorgen in seinem Büro empfängt, ist er überzeugt: «Sie werden sehen, heute wird das Wetter schön.» Er bekam recht: Eine Stunde später herrschte strahlend blauer Himmel.

Seit 2013 ist Pierre Liechtis Immobilienunternehmen Besitzerin der Villa Verdan an der Seevorstadt 75 in Biel. Aber erst heute hat er grünes Licht für die Renovierungsarbeiten bekommen. Das Sinnbild des Sonnenstrahls, der den administrativen Nebel der vergangenen Jahre auflöst, passt für den Bieler Architekten.

Das Baugesuch für die Villa wurde im Februar 2020 eingereicht; die amtliche Bewilligung traf erst am 18. Mai 2021 ein. Die Stadtverwaltung musste nämlich über drei Beschwerden entscheiden und drei Rechtsverwahrungen zu Privatrechten Dritter behandeln. Einwände gegen das Projekt erhoben das Kunsthaus Pasquart, die Burgergemeinde Biel als Eigentümerin der «Scheune Verdan» sowie die benachbarte Seniorenresidenz Favorita. «Ich wollte die Vorbehalte nicht über anwaltliche Schriftwechsel erledigen. Stattdessen habe ich den Dialog gewählt», erklärt Pierre Liechti. Er lud die Beteiligten zu einer Sitzung in sein Büro ein. Nach «sehr konstruktiven» Verhandlungen besiegelten die Parteien ihre Einigung mit gegenseitigen Verträgen.

 

Dornröschen wird wachgeküsst

Die Villa Verdan gehörte bis 2008 der Stadt Biel. Dann wurde sie an Nicolas Hayek verkauft, der in der repräsentativen Liegenschaft den Hauptsitz der Uhrenmarke Tiffany Watch einrichten wollte. Das Gebäude erwies sich jedoch als zu klein, sodass sich Swatch Group wieder vom Besitz trennte. Nach zwei weiteren Handänderungen erwarb Pierre Liechtis Unternehmen die Immobilie. «Die Stadt Biel ist der historischen Villa verbunden und behält deren Zukunft im Auge. Deshalb arbeiten wir bei der Renovierung des Gebäudes mit der Stadtplanung zusammen», berichtet der Architekt und Immobilienentwickler.

Pierre Liechti, der bekennende Optimist, spricht heute vom Sonnenschein und nicht über vergangene Nebelschwaden, die sein Projekt verzögerten. Mit Elan und Liebe zum Detail erzählt er von den nächsten Etappen seines Vorhabens. Aufmerksamen Beobachtern ist nicht entgangen, dass die Umgebung der Villa Verdan von Gestrüpp und Unkraut befreit wurde. Schon jetzt verströmt das denkmalgeschützte Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert den Glanz vergangener Zeiten. «Wir werden die sichtbare Architektur bei der Renovierung nicht antasten. Die Ansicht des Gebäudes steht im Vordergrund», verspricht Pierre Liechti.

In den Räumlichkeiten der ersten drei Stockwerke werden je nach Mieterbedürfnis Büros oder Arztpraxen eingerichtet. In den beiden oberen Ebenen werden Duplex-Wohnungen gebaut.

 

Umweltfreundlicher 
grosser Bruder

Das Bauprojekt «Parc Verdan» umfasst die Errichtung eines modernen sechsstöckigen Gebäudes hinter der historischen Villa. Gegner des Vorhabens befürchten eine Einschränkung der Aussicht. Aber der Architekt beschwichtigt: «Das Haus wird nur 17 Meter hoch. Das ist knapp niedriger als das Kunsthaus Pasquart.» Der Neubau wird 34 Mietwohnungen beherbergen. «Er entspricht dem Minergie-Standard und ist mit dem Anschluss an das Bieler Fernwärmenetz der Nachhaltigkeit verpflichtet», erklärt Liechti. Auf dem Dach sind Solarkollektoren geplant. Die Gebäudehülle wird nach neuesten Erkenntnissen der Wärme- und Schalldichtung erstellt. «An der Südfassade profitieren die Mietparteien von grossen Balkons», so der Projektentwickler.

Der passionierte Gestalter Pierre Liechti überlässt kein Detail dem Zufall. Für das Gelingen seines Vorhabens hat er mehrere Ingenieurbüros und einen Landschaftsarchitekten verpflichtet. Ein kleiner Fussweg wird die neue Siedlung mit dem Kunsthaus Pasquart und der «Scheune Verdan» verbinden, in der die Brauerei La Marmotte eingezogen ist. «Unsere zukünftigen Mieter sollen einen ‹Wow-Effekt› erleben», hat sich Liechti vorgenommen.

Wenn die Arbeiten wie geplant verlaufen, könnten die ersten Bewohner Ende 2023 einziehen. «Sobald die Baustelle sicher ist, werden wir eine Musterwohnung für Besichtigungen einrichten», verspricht der Unternehmer. Er ist überzeugt: Das neue architektonische Ensemble, welches Geschichte und zeitgenössisches Bauen vereint, wird bei den Bielerinnen und Bielern auf Gegenliebe stossen. Dafür spricht auch die gute Lage in der Nähe von See, Bahnhof und Stadtzentrum. Gegen den winterlichen Hochnebel am Jurafuss kann Liechti allerdings nicht ausrichten.

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