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Nidau

«Der Boden ist wie Pudding»

Im Beundenquartier entsteht ein neues Schulgebäude: Zwei Stöcke, 14 Klassen, viele wandelbare Zimmer. Doch diese Flexibilität war nicht die einzige Herausforderung für die Architekten.

Bis sie den Baugrund finden, müssen sie lange graben. Denn der Boden in Nidau Beunden ist tückisch. Barbara Héritier
Hannah Frei
 
Ein Schulhaus, in dem Kindergärteler und Oberstufenschülerinnen einander im Gang über den Weg laufen, sich dort treffen, dort verweilen. Das ist das Konzept für das neue Schulgebäude in Nidau Beunden. Der Gang soll dort nicht Gang sein, die Räume veränderbar, bespielbar, mal zu, mal offen, lichtdurchflutet. Die Wände können herausgenommen und verschoben werden, erklärt der zuständige Architekt Cornelius Morscher. «Es wäre theoretisch auch möglich, alle Wände herauszunehmen, sodass ein grosser Raum entsteht.» Diese Flexibilität sei bei einem Schulgebäude ein grosser Gewinn. Denn die Nutzung von Schulraum habe sich in den letzten Jahren laufend verändert: von starrem Frontalunterricht hin zu bewegten Klassenzimmern. «Und dies wird sich wohl auch in den kommenden Jahren weiter entwickeln, sagt Morscher.
 
Gestern stach er gemeinsam mit Gemeindepräsidentin Sandra Hess (FDP) und den zuständigen Gemeinderäten den Spaten in den Boden neben dem bereits bestehenden Schulhaus Beunden. Und sie konnten dabei aufatmen. Denn für Nidau ist dieses Bauprojekt ein wichtiger Schritt. «Wir sind mit der Schulinfrastruktur total am Limit», sagte Gemeinderat und Bildungsvorsteher Marc Eyer (SP). In Nidau werden nämlich nicht nur Nidauer Kinder unterrichtet, sondern auch die der umliegenden Gemeinden. Der Schulverband Nidau umfasst neben der Stadt auch Bellmund, Hermrigen, Ipsach, Jens, Merzligen und Port. All deren Oberstufenschülerinnen und -Schüler gehen in Nidau zur Schule. «Nidau ist zwar eine kleine Stadt, aber ein grosser Schulstandort», sagte Hess.
 
Kindergarten wird einziehen
Der Neubau wird zweistöckig sein, praktisch quadratisch, an eine Fabrik erinnernd. Oben 14 Klassenzimmer, ein Musikraum und sieben Gruppenräume. Im Untergeschoss die Spezialräume, ein Mehrzweckraum, der Kindergarten und die Tagesschule. Im Untergeschoss die Räume für den Werkunterricht sowie Technik- und Lagerräume. Gruppenräume und Platz fürs individuelle Arbeiten, das fordert der Lehrplan 21. Im neuen Gebäude findet zudem der Kindergarten Birkenweg, dessen Gebäude sich heute in einem desolaten Zustand befindet, ein neues Zuhause.
 
Dass bald alle Altersstufen unter einem Dach sein werden, empfindet Marc Eyer als Bereicherung, für den Austausch, für das Gemeinsame, für das Organisatorische. Zudem sei künftig eine Zusammenarbeit mit der Heilpädagogischen Schule Biel angedacht. Das alles macht der Neubau möglich. Doch günstig ist das Ganze nicht – genauso wenig wie die Bodenverhältnisse auf dem Grundstück, auf dem die Gemeindevertreter und Morscher in den Boden stachen.
 
Arbeiten wurden zweimal vergeben
Rückblick: Im September 2020 haben die Nidauerinnen und Nidauer dem Investitionskredit für den Neubau mit grosser Mehrheit zugestimmt: 21,85 Millionen Franken waren es. Im Juli 2023 sollen die ersten Klassen einziehen. Doch es kam bereits zur ersten Verzögerung: Die Ausgrub- und Pfählarbeiten mussten nämlich zweimal vergeben werden, so der Hochbau-Vorsteher und Gemeinderat Kurt Schwab (SP). Die Baugrundsituation sei zu optimistisch beurteilt worden. Das liege am unberechenbaren Untergrund, sagt Architekt Morscher: «Der Boden ist wie Pudding. Und auf Pudding kann man nicht gut bauen» Wo heute Nidau liegt, war früher See. Man baue also quasi auf Seegrund. Damit habe man zwar mittlerweile Erfahrung, aber die Bodenbeschaffenheit könne sich von einem Meter zum anderen stark ändern. Um guten Untergrund für den Bau zu finden, müsse man an manchen Orten tief graben, etwa 20 bis 30 Meter.
 
Durch die Neuberechnung werde der Aushub sowie die Pfählung rund 500000 Franken teurer. Am Kostenrahmen für das gesamte Projekt könne aber trotzdem festgehalten werden, so Schwab.
Die Bagger sind gestern bereits aufgefahren. In den kommenden Wochen wird es für die Schülerinnen und Schüler also lärmig. Der Unterricht finde jedoch regulär statt, sagt Schwab. Die besonders lärmintensiven Phasen habe man auf die Ferien gelegt.
 
Schulhaus-Profi am Werk
Cornelius Morscher und sein Team kennen sich mit Schulhäusern aus. Das Berner Architekturbüro Morscher war im Seeland bereits für den Neubau der Primarschule und des Kindergartens Täuffelen sowie die Sanierung der Schulanlage Châtelet in Biel verantwortlich. Bei den Schulhäusern seien er und sein Team lediglich per Zufall gelandet. Ihr erster Wettbewerb sei für ein Schulhaus gewesen, und sie gewannen. So führte eines zum anderen.
 
Besonders spannend daran sei, dass sich die Anforderungen an Schulraum stetig entwickeln, anders als etwa bei Einfamilienhäusern. Zudem lege jede Gemeinde andere Schwerpunkte. Alle Altersstufen in einem Gebäude unterzubringen, das sei Nidaus Spezialweg. Normalerweise sei die Ober- und Unterstufe räumlich getrennt. «Dieser neue Ansatz hat mich sehr gefreut und uns eine neue Herausforderung beschert», sagt Morscher.

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