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„Krawattenzwang“

Der (geplatzte) 8-Millionen-Deal

Im persönlichen Blog berichtet Bernhard Rentsch, publizistischer Leiter der Gesamtredaktion und Chefredaktor „Bieler Tagblatt“ wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen/gesellschaftlichen Leben – dies immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Der (geplatzte) 8-Millionen-Deal.

Bernhard Rentsch: Krawattenzwang
  • Dossier

Skandal! Unsere Branche wurde vor den Weihnachtstagen erschüttert durch das Aufdecken der teilweise gefälschten Medienarbeit von Claas Relotius. Das deutsche Magazin «Der Spiegel» deckte einen grossen Betrug eines eigenen Reporters auf. Der preisgekrönte Journalist hat viele Texte schlicht erfunden. Der Frust für uns: Auch das BT hat via Partnerschaft mit «Der Spiegel» einen tollen Text im «Kontext» übernommen. Wir waren am 13. Oktober begeistert von der Reportage über die deutsche Widerstandskämpferin Traute Lafrenz, die von ihren Alterswohnsitz in den USA aus über die Erinnerungen zur Nazizeit berichtete. Heute wissen auch wir nicht, was an diese Geschichte stimmte.

Wie schnell man als Journalist mit einer sensationellen Info aufs Glatteis geführt werden könnte, erlebten wir beim BT ebenfalls in den letzten Tagen. In mehreren Anläufen informierte uns Norbert P. (richtiger Name – wie immer – der Redaktion bekannt), dass er das Hotel/Restaurant Twannberg für acht Millionen kaufe und zu einem rentablen Ausflugsziel ausbauen werde.

Da horchten wir natürlich auf, ist doch das Thema seit Jahren ein ungelöstes – wer freut sich da nicht über einen unerwartet auftauchenden Wunderinvestor? Und wenn sich dieser persönlich meldet und uns einen alleinigen Primeur ankündet, ist das Journalistenohr ohnehin weit offen.

Norbert P. trug dann aber etwas zu viel auf: Zusammen mit dem Hotel eröffne er auf dem Twannberg eine internatonale TV- und Radiostation – am Telefon nannte er mir bereits den genauen Namen des Senders. Zur Überschreibung müsse er aber mit der Vespa anrücken, da eben die ÖV-Verbindungen auf den Twannberg nicht einfach seien. Das war die Informationen, die die Glaubwürdigkeit platzen liess. Ade du schöne Idee, ade du edler Investor. Ich hörte nichts mehr vom Kauf.

Der 8-Millionen-Deal blieb ein kurzer Traum, der platzte. Die Kontrollen beim BT hatten mehrfach funktioniert. Unter anderem auch bei der Überprüfung des Telefonanschlusses. Dieser führt nach... – ach, das bleibt unser Berufsgeheimnis. Jedenfalls war es gescheit, Norbert P. nicht ernst zu nehmen. Da wären wir einer schönen «Ente» erlegen. Und doch: Es ist unsere Neugier und unsere Aufgabe, jeder noch so skurrilen Information nachzugehen. Denn wer weiss...

Übrigens: Der Twannberg ist immer noch zu haben.


brentsch@bielertagblatt.ch

Twitter: @BernhardRentsch

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