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Biel

Der Traum vom direkten Zug 
nach Barcelona

Das internationale Zugnetz wird in den nächsten Jahren in Europa stark ausgebaut. Stadtrat Urs Scheuss glaubt, dass die Nachtzüge in zehn Jahren in Biel Halt machen könnten. Tatsächlich gab es das schon einmal.

Symbolbild: Keystone

Lino Schaeren

Wer seine Ferien in Barcelona, Amsterdam, Hamburg oder Wien verbringen will, soll sein Reiseziel künftig mit einer direkten internationalen Zugverbindung ab Biel erreichen. Das ist der Traum von Urs Scheuss (Grüne). Der Bieler Stadtrat sieht in der Klimakrise, in der internationale Zugverbindungen als Ersatz für Kurz- und Mittelstreckenflüge wieder Aufwind erhalten haben, die Möglichkeit, dass seine Vision wahrwerden könnte. Nicht heute und nicht morgen. Aber vielleicht in zehn Jahren.

Damit der Traum dereinst vielleicht tatsächlich Realität wird, hat Scheuss den Bieler Gemeinderat mittels Vorstoss aufgefordert, bereits heute auf Bundesebene sein Interesse an einer Anbindung Biels an den internationalen Zugverkehr zu deponieren. Der Parlamentarier verweist dabei auf den Trans-Europ-Express 2.0: In den nächsten Jahren sollen dank der Zusammenarbeit von Deutschland, Österreich, Frankreich und der Schweiz etliche europäische Metropolen über Nacht mit dem Zug miteinander verbunden werden. Bereits Ende dieses Jahres soll die Verbindung Wien-Amsterdam in Betrieb gehen – via München, Zürich und Paris. 2024 soll die Verbindung von Zürich mit Barcelona folgen. Scheuss will, das Biel dabei als Waggon nicht abgehängt wird.

 

Fahrt im Hispania Express

Zu seiner Freude ist der Gemeinderat umgehend aktiv geworden. Man habe, so schreibt der Gemeinderat in seiner Antwort auf den parlamentarischen Vorstoss, das Anliegen in einem Schreiben bei der Vorsteherin des eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) platziert. Simonetta Sommaruga (SP) hat darauf auch tatsächlich bereits reagiert, wie Stadtpräsident Erich Fehr (SP) gestern Abend im Bieler Stadtrat ausführte. Vielsagend war die Antwort erwartungsgemäss aber nicht: Sommaruga habe ihre Freude über das Interesse Biels an der Förderung der ökologischen Mobilität ausgedrückt und versichert, das Anliegen an die SBB weiterzuleiten.

Fehr machte Scheuss allerdings wenig Hoffnung. Züge ab Biel direkt nach Italien, Deutschland oder Frankreich seien in absehbarer Zeit unrealistisch. Der Stadtpräsident verwies zum einen darauf, dass die internationalen Verbindungen vor allem in Schweizer Städten in Grenznähe Halt machten, etwa in Basel oder Genf. Er führte andererseits aber auch aus, dass es im Schienennetz für solche Verbindungen derzeit kaum freie Kapazitäten geben würde, «zumindest nicht, bis der Ligerztunnel dereinst in Betrieb ist». Fehr stellt auch den Sinn solcher Direktverbindungen infrage, solange Biel gut an Bahnhöfe wie Basel oder Zürich angebunden sei; dann seien Auslandreisen ab Biel mittels Zug nämlich nicht minder attraktiv.

 

Von Biel aus zum TGV

Fehr erinnerte sich dabei an eine eigene Auslandreise, die ihn in den frühen 90er-Jahren im Zug direkt ab Biel gen Westen geführt hat. Diese Nachtfahrt sei zwar «ganz lustig» gewesen, dass der Waggon in Genf zwei Stunden auf dem Abstellgleis stand, habe die Reisedauer aber nicht gerade verkürzt. Fehr reiste damals im Hispania Express, der Frankfurt bis in die 90er-Jahre mit Südfrankreich verband. Es war dies die einzige fahrplanmässige internationale Zugverbindung in der Geschichte Biels.

Scheuss sagt, dass sich auf seinen Vorstoss hin viele nostalgische Zugfans bei ihm gemeldet hätten, die gerne an jene Verbindung zurückdenken. Der Grünen-Stadtrat glaubt trotz den Relativierungen Fehrs weiterhin daran, dass er dereinst direkt vom Bieler Bahnsteig aus ohne Umstieg ins Ausland gelangen wird. Er freue sich auf diesen Tag, sagt Scheuss. In der Bieler Politik ist die Sache jedoch vorerst erledigt: Der Gemeinderat hat mit seinem Schreiben an Uvek-Vorsteherin Sommaruga den Prüfauftrag erfüllt. Das Postulat von Scheuss wurde gestern Abend entsprechend abgeschrieben.

Und eine direkte Zugverbindung ins Ausland direkt ab Biel gibt es doch bereits heute: Die Fahrt nach Meroux bei Belfort im französischen Grenzgebiet dauert gut anderthalb Stunden. Der Bahnhof dient allerdings nicht als eigentliche Zieldestination, sondern ist in erster Linie eine Umsteigemöglichkeit auf das Hochgeschwindigkeitsnetz TGV.

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