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„Krawattenzwang“

Der Trick mit dem letzten Klick

Im persönlichen Blog berichtet Bernhard Rentsch, Chefredaktor „Bieler Tagblatt“, wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen/gesellschaftlichen Leben – dies immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Der Trick mit dem letzten Klick.

Bernhard Rentsch: Krawattenzwang
  • Dossier

Shopping-Queens und -Kings können sich wieder entfalten. Nach für diese Spezies qualvollen Wochen mit geschlossenen Läden ist das Ausüben eines offenbar weitverbreiteten Hobbys wieder möglich. Das Wühlen im Angebot befriedigt vorhandene Kommerztriebe und mündet allzu häufig in ungeplanten und unnötigen Einkäufen. Und in unvorhergesehenen zusätzlichen Ausgaben. Insofern entpuppte sich der Lockdown als willkommener Sparmoment.

Allerdings: Das riesige Angebot beim Online-Einkaufen macht dieser Hoffnung einen kräftigen Strich durch die Rechnung. Auf den digitalen Kanälen ist mittlerweile so ziemlich alles jederzeit erhältlich – der Bestellvorgang ist einfach und klar und die Lieferketten wurden trotz enormen Mehrbelastungen stets aufrechterhalten.

Persönlich oute ich mich dabei noch als Anfänger, verfolge aber das Verhalten interessiert und aus nächster Nähe. Dass nicht alles immer nötig ist und in der korrekten Grösse oder Farbe geliefert wird, ist bekannt. Und das Verhalten, viel zu bestellen und den grössten Teil dann kostenlos zu retournieren, stelle nicht nur ich infrage.

Das Online-Einkaufen, das bisher schwergewichtig für Büromaterial-, Elektrogeräte- und Billig-Kleider-Bestellungen genutzt wurde, erfuhr mit dem Digitalisierungsschub in den letzten Wochen einen gewaltigen Aufschwung. Das ist zu begrüssen, denn davon profitieren auch Anbieter sowie Konsumentinnen und Konsumenten in der Region. Der Honig vom Nachbarn, der Wein der regional bekannten Winzerin, das Brot des Bäckers des Vertrauens oder das warme Mittagsmenü von der Wirtin der Quartierbeiz: Alles konnte bequem von zuhause aus bestellt werden. Mal schauen, was von diesen Angeboten praktischerweise weitergeführt wird.

Also nichts mit Sparen? Das Online-Shopping verleitet in der Tat zu übermässigen ungeplanten Ausgaben. Rasch bestellt und via Kreditkarte bezahlt ist kein Problem. Die Quittung kommt Ende Monat mit der Abrechnung.

Wie gerufen kommt da das Vorgehen beim digitalen Einkaufen einer Kollegin, wie ich aus der Ferne einem Gespräch vor der Kaffeemaschine entnehmen konnte: Sie sucht Gewünschtes, aber halt auch momentan nicht Nötiges oder Finanzierbares ohne Schranken und Hemmungen aus. Aber dann – dies der Trick – sammle sie die Waren «nur» im Einkaufskorb und schicke die Bestellung gar nie ab. Clever. So kann man beim Einkaufen elegant Geld sparen.


brentsch@bielertagblatt.ch

Twitter: @BernhardRentsch

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