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Psychische Krankheit

Deutschsprachige gesucht

Die Vereinigung AFS betreut Angehörige von Menschen, die an Schizophrenie erkrankt sind. Bisher profitieren nur die Romands davon.

Am 23. März ist die Association de familles et amis de malades souffrant de schizophrénie auf dem Zentralplatz präsent. Gestern sind die Vereinigung und das Programm vorgestellt worden. Bild: Olivier Gresset

JULIAN GRAF/PIERRE LEDUC

Schizophrenie ist eine weitverbreitete Geisteskrankheit: Sie kann eine von hundert Personen im Laufe ihres Lebens treffen. Je früher die Krankheit erkannt und wirksam behandelt wird, desto günstiger sind die Aussichten auf den weiteren Verlauf. Ebenso steigt die Chance auf den Erhalt der Erwerbsfähigkeit der Betroffenen.

Für die Berner Romands setzt sich seit 1990 die Association de familles et amis de malades souffrant de schizophrénie (AFS, zu Deutsch etwa: Vereinigung der Familien und Freunde Schizophrenieerkrankter) ein. Die AFS wurde vom Ehepaar Monique und Pierre Pasche aus St-Imier gegründet, nachdem sie selbst durch einen Fall von Schizophrenie in ihrer Familie betroffen waren. «60 Prozent der Erkrankten wollen zumindest in der akuten Phase keine ärztliche Hilfe annehmen, obwohl diese Menschen sehr leiden und gleichzeitig ihr Umfeld in Besorgnis und Ratlosigkeit stürzen», sagt Monique Pasche.

 

Überforderung vorbeugen

Für die Romands hat sich die AFS bestens bewährt. Die Vereinigung arbeitet mit den Psychiatrischen Diensten Biel-Seeland - Berner Jura (PDBBJ) zusammen. Dreh- und Angelpunkt ist das Programm Profamille, in dem Familienangehörige und Bezugspersonen im Umgang Menschen, die an Schizophrenie erkrankt sind, geschult werden. «Hier wird keine Selbsthilfegruppe betrieben, sondern vielmehr eine fachliche Schulung der Betroffenen, damit diese besser mit der anspruchsvollen Krankheit umgehen können», unterstreicht Pasche. Die Ausbildung von Profamille verlangt denn auch einiges von den Angehörigen ab: Der Kurs umfasst 14 Abende zu vier Stunden. Dabei vermitteln Fachleute von den PDBBJ nicht nur Grundlagen über die Krankheit: Grosser Wert werde auf die Kommunikation gelegt, sagt Pasche. Es gehe darum, wie man sich gegenüber einem Erkrankten verhalten soll oder wie man mit Ärzten und Verwaltungen, die mit der Situation nicht vertraut sind, kommuniziert. Auch das Thema des fürsorgerischen Freiheitsentzugs wird behandelt. Während des Kurses wird besonders auf die psychische Belastung der Personen im Umfeld eines erkrankten Menschen eingegangen. Es gilt, den Folgen einer Überforderung vorzubeugen. Die Gesamtkosten betragen symbolische 100 Franken. Allerdings müssen sich die Absolventen verpflichten, ihr Wissen regelmässig mittels Fragebogen zu überprüfen. Diese werden von Fachpersonen der Organisation korrigiert. «Wir legen grossen Wert auf Qualitätskontrolle, denn ein gut informiertes Umfeld hat grossen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung», sagt Pasche.

Der Pflegefachmann und Kursleiter bei Profamille, Maxime Solfin, ergänzt: «Es hat sich erwiesen, dass die Rückfallquote in einem Umfeld von Bezugspersonen, die ein solches Programm besucht haben, um 50 Prozent reduziert werden kann; manche Studien sprechen sogar von 75 Prozent.»

Monique Pasche bedauert, dass die Leistungen ihrer Vereinigung und das Programm Profamille nicht für Deutschsprachige angeboten werden. Dabei habe ihre Organisation ein Büro an der Bahnhofstrasse, das durchaus mit einem künftigen deutschsprachigen Ableger von AFS geteilt werden könnte. Auch die Chefärztin der PDBBJ, Annette Rausch, wünsche sich eine solche Anlaufstelle in Biel, denn die deutschsprachigen Patienten müssten zur Vask nach Bern verwiesen werden, so Pasche (siehe Infobox).

Info: Wer sich für ein Projekt bei der AFS einsetzen möchte, findet Informationen unter www.afs-schizo.ch und Tel. 032 323 80 66. Am 23. März steht auf dem Zentralplatz in Biel zwischen 9 und 17 Uhr ein speziell ausgerüsteter Bus. Besucher können sich in die Haut eines an Schizophrenie erkrankten Menschen begeben.

 

Anlaufstellen
• Schweizerische Vereinigung Angehöriger von Schizophreniekranken (Vask), Tel.: 01 240 38 68, Mail: vask@bluewin.ch, www.sonet.ch/vask

• Schweiz. Stiftung Pro Mente Sana , Postfach, 8042 Zürich, Tel.: 01 361 82 72, Telefonische Beratung (Mo, Di, Do, 9 bis 12 Uhr, Do auch 14 bis 17 Uhr): 0848 800 858, Mail: kontakt@promentesana.ch, www.promentesana.ch

• Stiftung Melchior , Therwilerstr. 7, 4054 Basel, Tel.: 061 206 97 60, Mail: stiftungmelchior@datacomm.ch, www.stiftungmelchior.org

• Verband Psychiatrie- und Psychose-Erfahrener Schweiz (Vpesch), Postfach 1957, 8040 Zürich

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