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Aus dem Grossen Rat

Diagnose in einem Jahr?

Angebote zur Diagnostik, Behandlung und Unterstützung entwickeln sich oft langsamer als der Bedarf. Das betrifft auch Menschen mit Autismus direkt. Und obwohl der Handlungsbedarf in der Fachwelt unbestritten ist, entsprechen die Angebotsstrukturen noch nicht dem Bedarf.

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von Manuela Kocher, Grossrätin SP

Im Bereich der Abklärung und Beratung für Menschen mit Autismus zeigt sich das sehr deutlich. Liegt ein Verdacht einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) vor, müssen betroffene Personen lange auf eine fachgerechte Abklärung und Beratung warten.

Im Kinder- und Jugendbereich beträgt die durchschnittliche Wartezeit für Abklärungen bis zu einem Dreivierteljahr, für Erwachsene bis zu einem Jahr. Dabei ist nachgewiesen, dass eine frühzeitige Diagnostik für die Prognose bei Kindern mit ASS wichtig ist. Im Erwachsenenalter erfolgen Abklärungen häufig erst in Krisensituationen, welche rasches Handeln verlangen, um weitere psychische und psychosoziale Folgeprobleme zu verhindern. Denn nur durch eine frühzeitige, korrekte Diagnose können angemessene Fördermassnahmen ergriffen oder Fehlbehandlungen vermieden werden.

Mit dem Vorstoss «Wartefristen für Abklärungen von Autismus-Spektrum-Störungen verkürzen und Behandlung verbessern» möchte ich die Situation für die Betroffenen verbessern. Autismus begleitet einen ein Leben lang, darum sollten für jedes Lebensalter Angebote geschaffen werden. Die fehlende Transparenz über bestehende Unterstützungsangebote macht es Familien und Betroffenen schwer, sich zu organisieren und sie wenden viel Zeit mit der Suche nach solchen Angeboten auf. Dadurch fühlen sie sich oft mit der Diagnose allein gelassen. Eine bessere Koordination der vorhandenen Angebote würde sicherstellen, dass unklare Zuständigkeiten und Lücken – durch die vielen Schnittstellen in den vorhandenen Strukturen – beseitigt würden und die Betroffenen die richtige Unterstützung in nützlicher Frist erhalten.

Das Konzept soll sicherstellen, dass die Diagnostik und Behandlung bedarfsgerecht erbracht und Wartezeiten verkürzt werden. Mit einer Sensibilisierung von Fachpersonen, Kinderärzten etwa, soll die Früherkennung gefördert werden, wie dies im Kanton Tessin bereits seit Jahren passiert. Denn eine frühe Therapie wirkt sich positiv auf die Entwicklung der Kinder aus: So erhalten betroffene Kinder im Tessin eine intensive Frühinterventionstherapie, die sich auszahlt. 60 Prozent dieser Kinder sind im Tessin in der Regelschule integriert! Dies ein wichtiger Faktor, um später eine Ausbildung abzuschliessen, eine Arbeit zu finden und mit weniger Unterstützung leben zu können.

kontext@bielertagblatt.ch

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