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Leubringen

Die alte Linde leidet

Der alten Linde an der Wegkreuzung Chemin des Ages/Chemin du Crêt geht es nicht gut. 
Um das Leben des bald 500 Jahre alten Baums zu verlängern, muss er drastisch zurückgeschnitten werden.

Das lange Leben neigt sich dem Ende zu: Mit Rettungsmassnahmen soll das schnelle Absterben der Linde von Leubringen verhindert werden. Bild: Matthias Käser

Beatrice Bill

Seit fast einem halben Jahrtausend steht sie da – die mächtige Linde beim Brunnen an der Wegkreuzung Chemin des Ages/Chemin du Crêt. 1528 gepflanzt, trotzte sie seither allen Stürmen, grünte jedes Jahr von Neuem und erfreute jeden, der bewun-dernd an ihr vorbei ging. Ja, wenn sie erzählen könnte!

Jüngst würde sie aber nicht nur Erfreuliches berichten. «Sie erlebt derzeit ihre letzten Monate in der jetzigen Form», sagt Werkhofleiter Julien Tièche. In den letzten Jahren habe sich ihr Gesundheitszustand stark verschlechtert. Die Einwohnergemeinde hat deshalb die Baumpflegefirma Kümin aus Kerzers beauftragt, eine Expertise zu erstellen. «Unsere Befürchtungen sind leider bestätigt worden», so Tièche.

Aufgegeben wird der altehrwürdige Baum deshalb aber nicht. Gemeindeschreiber Christophe Chavanne sagt, dass man mit allen Mitteln versuchen werde, den Baum zu retten. Aber: «Die Sicherheit geht vor, umso mehr, als die Linde am Weg zur Schule steht.»

Fragil wie Glas
Die Expertise hat aufgezeigt, dass der Anteil des lebenden Holzes beim mehr als acht Meter umfassenden Stamm weniger als ein Drittel beträgt. Das reicht nicht aus, damit der Baum überleben kann, was diverse vertrocknete Äste in der Höhe untermauern. Experte Melchior Kümin kommt deshalb zum Schluss: «Es ist offensichtlich, dass sich der Baum nicht wohlfühlt und die deshalb lebenswichtige Versorgung der Äste einstellt.» Dazu kommt, dass die Kabel, mit denen vor vielen Jahren die Hauptäste stabilisiert wurden, inzwischen nicht mehr angespannt sind. Das Holz ist verrottet und die Verankerungen haben sich gelöst.

Mehr noch beunruhigt den Experten allerdings, was sich im Innern des Baumes abspielt. Hier nistete sich der Brand-Krustenpilz ein, der nicht bekämpft werden kann. Er baut das Holz ab, das dadurch fragil wie Glas wird. Kommt hinzu, dass das Terrain rund um die alte Linde asphaltiert ist und nur wenig Erde frei lässt, durch die Wasser versickern kann. Bei einem Bedarf von täglich bis zu 500 Litern ein scheinbar unmöglicher Zustand. Es sei deshalb ein Wunder, dass dieser Baum so lange überlebt habe, meint der Experte.

Drastischer Rückschnitt
All den widrigen Umständen zum Trotz trieb die Linde auch diesen Frühling aus, leuchtet in frischem Grün und trägt Blüten. Für das ungeschulte Auge erscheint sie als gesund, sie kann aber jederzeit und ohne Vorwarnung umstürzen. Um dies zu verhindern und um die Linde zu retten, haben die Gemeindebehörden mit dem Experten beschlossen, den Baum in zwei Schritten drastisch zurückzuschneiden. Einmal im Sommer vor den Ferien und einmal im Herbst.

Ziel ist es, die Baumkrone auszudünnen und damit den Stamm zu entlasten. Mit dem Rückschnitt in zwei Schritten soll das Risiko reduziert werden, dass der Baum einen zu grossen Eingriff bewältigen muss und damit Gefahr läuft, abzusterben. Nächsten Montag wollen die Behörden an der Gemeindeversammlung über diese Massnahmen informieren.

Die Hoffnung aller Beteiligten: Die symbolträchtige Linde soll im nächsten Frühjahr wieder ausschlagen und ihr bereits langes Leben fortführen. Wenn auch in zurückgeschnittener Form.

Melchior Kümin, Baumpfleger

Stichwörter: Leubringen, Linde, Baum, Pflege, Biel, Natur

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