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Biel

Die Altstadt ist begehrter denn je

Der First Friday feiert heute seinen dritten Geburtstag. Das Gewerbe in der Altstadt hat dank des Strassenfests einen Aufschwung erlebt. Andere Städte bekunden Interesse oder kopieren den Anlass.

An schönen Sommerabenden besuchen anlässlich des First Fridays mehrere 1000 Menschen die Altstadt. Davon profitiert das lokale Gewerbe. ZVG/David Porfirio

von Carmen Stalder

Heute Abend ist es wieder soweit: Die Menschen strömen in die Altstadt um zu bummeln, einkaufen, essen, festen und trinken. Sie tun dies in regelmässigem Abstand von einem Monat – und das seit drei Jahren. Im Mai 2017 hat der erste Bieler First Friday stattgefunden, importiert aus Hawaii und organisiert von Reto Bloesch, Olivier Paratte und Patrick Weiss. An einem schönen Sommerabend besuchen mehrere 1000 Menschen den Anlass. «Dann kann es in den Gassen schon ein bisschen enger werden», sagt Weiss.

Die Veranstaltung zeichne sich durch die positive und friedliche Stimmung aus. Um 22 Uhr ist jeweils Schluss mit dem Programm auf Strassen und Plätzen. Die Besucher können noch den Abend bei einem Glas ausklingen lassen, nur Restaurants mit Bewilligung dürfen weiterhin Getränke ausschenken. Grosse Bühnen mit lauten Konzerten sucht man am First Friday vergebens. «Das alles unterscheidet uns von anderen Stadtfesten», sagt Bloesch. Es ist aber auch die Bedingung dafür, dass die Bewohner der Altstadt die monatliche Sause über sich ergehen lassen. Denn nicht alle mögen ihre Freude daran haben, dass die ruhigen Gassen plötzlich voll sind von feiernden Menschen. Um es sich mit ihnen nicht zu verscherzen, haben die Macher eine Sensibilisierungskampagne mit Flyer und Plakaten lanciert – «Häbet Sorg» riefen sie die Besucher auf. «Wir denken, es hat genützt. Und vertrauen darauf, dass die Besucher die Altstadt und ihre Bewohner respektieren», sagt Weiss.


Besucher kommen von weit her

Nach dem ersten Jahr sagten die Organisatoren, dass sie wohl einfach den Nerv der Zeit getroffen haben. Diese Einschätzung habe sich seither noch verstärkt. «Das Leben wird digitaler, die Menschen gehen weniger in die Stadt», sagt Weiss. «Das Bedürfnis, einander zu treffen, bleibt aber bestehen. Der First Friday hilft, die Altstadt als Austauschplattform ins beste Licht zu rücken.»

Dass es sich lohnt, am ersten Freitag im Monat nach Biel zu reisen, hat sich herumgesprochen. Auswärtige Besucher nehmen lange Wege auf sich, wenn sie aus St. Gallen, Luzern oder Lausanne anreisen. Mehrere Städte haben ihr Interesse bekundet oder das Konzept gleich selbst übernommen: Im Aargau gibt es den «Rheinfelder Freitag». Und im deutschen Rheinland-Pfalz hat im April der erste «First Friday Andernach» stattgefunden, der sogar mit fast demselben Logo wie die Bieler Version daherkommt. «Heute besucht uns der Gemeinderat aus Yverdon, der offenbar interessiert ist», so Bloesch.

Für die Organisatoren ist aber klar: Sie bleiben in Biel und werden ihren Anlass nicht selbst in andere Städte exportieren. «Wir lieben Biel und die Altstadt. Dies ist der einzige Grund, warum wir den First Friday machen. Einmal im Monat diesen Abend zu dritt zu geniessen, möchten wir nicht missen», sagt Bloesch. Zudem sei es immer wieder interessant zu entdecken, was das Gewerbe für ein Programm auf die Beine gestellt habe.

Das ist denn auch das, was den First Friday besonders macht: Es sind die Besitzer der Restaurants, Bars, Läden und kulturellen Institutionen, die jeden Monat ihre Ideen umsetzen. Bloesch, Paratte und Weiss koordinieren die Events, holen Bewilligungen ein, erstellen das Programm. Von den Inhalten lassen sie sich aber selbst immer wieder aufs Neue überraschen. Und so ist jeder First Friday anders als der vorherige.


Marktfahrer kassieren Absagen

Über den Sommer wollen die drei Männer mehr Strassenkünstler in die Altstadt holen. Den Anfang machen heute der Berner Samuelito (vor der «Alten Krone») sowie die Tänzerinnen von Teki Tekua Junior (vor der Römerquelle). Als ausbaufähig bezeichnen die Organisatoren den Burgplatz: Dort gebe es noch viel freie Fläche. Seit Langem schwebt ihnen die Idee eines Nachtmärits durch den Kopf, Zeit zur Umsetzung fanden sie bisher noch nicht. Auf jeden Fall müsste dieser von lokalen Produzenten bestritten werden. Denn der First Friday soll vor allem dem Gewerbe aus der Altstadt gehören. «Schon jetzt müssen wir viele Anfragen von Marktfahrern absagen», so Wyss.

Einzelne Male ist es vorgekommen, dass ein Lokal den Platz vor dem eigenen Laden an Fremde vermietet habe – was dem Sinn der Sache, dem lokalen Gewerbe eine Plattform zu bieten, widerspricht. «Wer an seinen Laden glaubt, sollte ihn auch selbst präsentieren», findet Weiss. Bei entsprechenden Rückmeldungen suche man deshalb das Gespräch mit den Geschäftsführern.


Altstadt erlebt Besucher-Boom

Der First Friday hat es geschafft, die Altstadt nicht nur einmal im Monat mit Besuchern zu füllen, sondern die Gassen auch an den restlichen Tagen zu beleben. «Der Anlass hat auf jeden Fall einen positiven Einfluss auf die heutige Auslastung der Läden», sagt Vanessa Wyssbrod, Geschäftsführerin von Mademoiselle Pompon an der Collègegasse und Mitglied des Altstadtleists. Innerhalb der letzten drei Jahre hätten in der Altstadt extrem viele schöne Läden ihre Eröffnung gefeiert. «Heute gibt es nicht mehr viele freie Lokale», sagt sie. Vor Kurzem ist sie selbst innerhalb der Altstadt an einen neuen Standort gezügelt. Für ihren jetzigen Laden vis-à-vis der Altstadtmetzgerei seien über 100 Bewerbungen eingegangen.

Am First Friday selbst tätigen die Besucher vielleicht nicht viele Einkäufe. Die Geschäfte profitieren vielmehr dadurch, dass die Menschen überhaupt erst auf die Schaufenster aufmerksam werden – und dann an einem anderen Tag noch einmal vorbeikommen. Wyssbrod stellt in der Altstadt einen regelrechten Besucher-Boom fest. Das Aufkommen dieses Stadtteils habe allerdings auch seine Schattenseite: Einige Läden seien nur ein paar Stunden pro Woche offen. Die Miete würden sich deren Inhaber durch einen Getränke- oder Ess-Stand am First Friday hereinholen. «Es wäre schön, wenn alle Läden die regulären Öffnungszeiten abdecken würden. Da gibt es noch Verbesserungspotential», sagt sie.

Das Engagement von Bloesch, Paratte und Weiss kommt jedenfalls gut an. Gemäss Vanessa Wyssbrod sei deren Unterstützung für das lokale Gewerbe nicht zu unterschätzen. «Als Ladenbesitzer können wir davon profitieren, dass sie alle Arbeit für den First Friday übernehmen», so die Geschäftsführerin.

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