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Pilotversuch

Die Bahn testet Porter Falträder

Im Porter Veloladen «Faltrad plus» ist der Radverkauf im ersten Halbjahr um die Hälfte angestiegen. Sogar Anfragen aus China und Singapur gingen ein. Nun setzen auch die SBB für ihre Kunden auf die platzsparenden Räder.

copyright: Lee Knipp

Deborah Balmer


Ein vollwertiges Velo in Taschenformat, das im Durchschnitt aus 1200 Teilen besteht: Jonas Römer und sein Marketing-Mitarbeiter Markus Stüdeli sind in der Region Biel bekannt für die Brompton Faltvelos, die sie für die Schweiz importieren und die sich mit wenigen Handgriffen zu einem handlichen Paket zusammenklappen lassen. Die Räder gehören in der Stadt Biel schon lange zum Strassenbild.


Selten ist aber das Geschäft im «Faltrad plus» so gut gelaufen wie im ersten Halbjahr 2020: «Der Laden brummte, wir haben unsere Velos verkauft wie verrückt», sagt Jonas Römer. Um mindestens die Hälfte sei der Verkauf der handgefertigten Velos aus England angestiegen.  Und das nicht nur an der Verkaufsstelle in Port: Die Nachfrage nach Brompton-Rädern ist weltweit gestiegen,wie Jonas Römer sagt. Weil gleichzeitig die Produktion in der Covid-19-Krise leicht heruntergefahren wurde, führte dies zu Lieferengpässen.

Auch im asiatischen Raum, wo sich aber ebenso viele Leute ein solches Faltrad zulegen wollten. «Wir bekamen in unserem Geschäft in Port Anfragen aus China und Singapur – per Mail und Telefon», sagt Römer, der erzählt, dass vor allem Kundinnen, die auf Spezialanfertigungen setzten, auf eine längere Warteliste kamen. Beispielsweise, wer sein Rad mit einer besonderen Farbe wünschte.


149 Franken für einen Monat
Auch die Bahn hat die Porter Falträder aus England entdeckt. Seit Mitte September läuft bei den SBB ein Pilotversuch mit Falträdern der «Faltrad plus GmbH», der den öV und das Faltvelo kombiniert. Das Projekt sei eine Reaktion auf das veränderte Mobilitätsverhalten im Laufe der Covid-19-Krise und soll Erkenntnisse über die Nachfrage nach Angeboten der kombinierten Mobilität bringen.

In den Lockdown-Monaten habe die Nutzung von Fahrrädern Aufwind bekommen, so die Bahn. Dies, neben dem Umstieg auf Privatfahrzeuge, mehr eBikes und Zugreisen mit dem Velo. Danach seien die Kunden zwar wieder in Zug, Bus und Tram zurückgekehrt. «Doch das Fahrrad bleibt ein wichtiger Bestandteil der individuellen Fortbewegung», so die SBB. Allerdings sei diesem durch den limitierten Platz im Zug Grenzen gesetzt. Hier hat das Faltvelo einen grossen Vorteil: Es lässt sich wie ein Gepäckstück mitnehmen.  


Vorerst 30 Testkundinnen und -kunden aus der Region Biel hätten laut SBB seit Mitte September die Möglichkeit, für 149 Franken einen Monat lang ein Faltrad zu mieten. Einzige Bedingung: Sie verfügen über ein GA, ein Libero- oder SBB-Abonnemment.


So richtig eingeschlagen hat der Versuch zwar noch nicht, wie Jonas Römer sagt. «Für unseren Laden ist es aber natürlich toll, dass uns die SBB für den Pilotversuch ausgewählt haben – auch wir finden das eine super Aktion.»
Seit Beginn der Aktion sind es fünf Testpersonen, die sich bei den SBB online angemeldet haben und dann an den Velofaltladen an der Aegertenstrasse in Port weiter vermittelt wurden. Doch diese Faltvelotester scheinen zufrieden zu sein.

Eine von ihnen ist die Zürcherin Yvonne Christ, die regelmässig in der Stadt Biel unterwegs ist. Sie nutzt zwischen Zürich und Biel den Zug und seit Anfang Oktober in den Städten versuchsweise das erwähnte Faltvelo. Eine neue Erfahrung, wie sie dem BT sagt: «Mir gefällt es sehr gut, damit herumzufahren und die Aktion zum Ausprobieren ist toll. Ich kann mir sogar vorstellen, danach ein solches Velo zu kaufen. Geliebäugelt hatte ich schon länger damit», sagt sie.


Auch Christoph Walther ist einer der Tester und war nun mehrere Wochen mit dem Faltrad unterwegs. Diese Woche wird er das gemietete Rad zurückbringen und einen SBB-Fragebogen bezüglich seiner Erfahrung ausfüllen. Schon jetzt sagt er: «Ich finde dieses Velo sensationell. Vorher dachte ich, dass es bei höherer Geschwindigkeit instabil wird, doch das ist überhaupt nicht der Fall. Walther war damit in Biel, Ostermundigen, Olten und Aarburg unterwegs. Die Strecken dazwischen legte er mit dem Zug zurück. Auch in die Ferien ins Tessin hat er das Rad mitgenommen, das er mittlerweile innerhalb weniger Sekunden zusammenklappen kann, was ein wenig Übung braucht, wie er sagt.


Region Biel ist kein Zufall
Die SBB  dürfts freuen: Sie beobachten die Mobilitätsvorlieben der Schweizerinnen und Schweizer nach eigenen Angaben aufmerksam und testen ständig neue Möglichkeiten aus. Sei es das Mietvelo am Bahnhof, Sharing-Angebote oder selbstfahrende Shuttles. Und jetzt eben das platzsparende Faltvelo: Im Gegensatz zum Ausland bestehe in der Schweiz bisher kaum die Möglichkeit, ein Faltvelo länger zu mieten. Dabei ist es kein Zufall, dass sich die Bahn für den Pilotversuch für die Region Biel entschieden hat. Die Stadt legt in ihrer Gesamtmobilitätsstrategie 2018 bis 2040 einen Schwerpunkt auf die Förderung des sogenannt «intermodalen Verkehrs». Einer sinnvollen Kombination verschiedener Verkehrsmittel also, die die städtische Infrastruktur entlasten soll. Und gleichzeitig ein sicheres und angenehmes Pendeln ermöglicht, wie die SBB schreiben.


Übrigens erhalten Tester, die sich nach dem Ausprobieren entscheidet, ein Faltvelo zu kaufen, erhalten 100 Franken Rabatt.

Stichwörter: Faltvelo, SBB, Faltbar, Brompton

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