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Nidau

Die Brache soll endlich aufleben

Soziale und kulturelle Projekte auf dem Expo-Areal – das will die SP mit ihrer Initiative für Zwischennutzungen erreichen. Am Freitag übergibt sie der Stadt Nidau knapp 400 Unterschriften.

Die Bar kommt seit ein paar Jahren jeden Sommer auf das Expo-Areal. Peter Samuel Jaggi

von Carmen Stalder

 

20 Jahre ist es her, seit die Expo.02 der Bieler Seebucht vorübergehend ein neues Gesicht verliehen hat. Die schwungvolle Helix, die silbernen Türme und die verschiedenen Pavillons sind wenige Monate nach Ausstellungsende von der Bildfläche verschwunden. 19 Jahre sind vergangen, seit der damalige Stadtrat und spätere Gemeinderat Philippe Messerli (EVP) in einem Vorstoss verlangte, dass für den Expo-Park eine Zwischennutzung realisiert werden soll. «Es wäre schade, wenn eines der schönsten und attraktivsten Gebiete Nidaus für längere Zeit abgesperrt und ungenutzt bliebe», schrieb Messerli 2003. Mit seiner Befürchtung sollte er Recht behalten: Die riesige Fläche darbt seit der Landesausstellung vor sich hin. Und auch das geplante neue Quartier am See liegt seit letztem Frühling in weiterer Ferne als zuvor – im März 2021 haben die Stadträte von Biel und Nidau Agglolac bachab geschickt.

 

Vereinzelt finden auf dem Expo-Areal zwar Veranstaltungen statt. An den meisten Tagen im Jahr herrscht auf dem Gelände allerdings gähnende Leere. Das mag teilweise an der zurückhaltenden Bewilligungspraxis liegen. Grundeigentümerin der Brache ist zwar die Stadt Biel, Veranstaltungs- und gastgewerbliche Gesuche müssen jedoch bei der Stadt Nidau eingereicht werden. Gemäss Konzept will das Stedtli neben den langjährigen Veranstaltungen (darunter «Das Zelt» und Zirkus Nock) und einem eintägigen Anlass auf dem Expo-Areal zusätzlich zum Lakelive-Festival keine weiteren Anlässe bewilligen. Dies, um dem Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner Rechnung zu tragen.

 

Organisatoren von Veranstaltungen haben es teilweise nicht leicht, ihre Projekte umzusetzen. Das zeigt etwa das abgelehnte Gesuch für eine temporäre Eisbahn in der Dispo-Halle für die Wintersaison 2019/2020. Oder das Autokino, das im ersten Pandemie-Sommer hätte stattfinden sollen und ebenfalls keine Bewilligung erhielt. Auf die Bewilligungspraxis angesprochen, sagt Nidaus Stadtpräsidentin Sandra Hess (FDP), dass sämtliche Gesuche gleich behandelt und auf ihre Baureglements- und Zonenkonformität geprüft würden – egal ob sie von Privatpersonen, Vereinen, Veranstaltern oder öffentlichen Institutionen eingereicht werden. «Die Praxis ist nicht strikt, sondern einheitlich und transparent. Nur so ist sichergestellt, dass die Interessen, Rechte und Pflichten aller gewahrt werden», sagt Hess.

 

Infrastruktur bereitstellen

 

Geht es nach der SP Nidau, soll es einfacher werden, das Expo-Areal zu bespielen. Mittels Initiative fordert sie ein Reglement für soziale und kulturelle Projekte. Für Zwischennutzungen soll ein Bewilligungsanspruch bestehen. Die Stadt Nidau soll Zwischennutzungen also grundsätzlich bewilligen und weniger Möglichkeiten haben, Gesuche abzulehnen. Letzteres soll nur eintreffen, wenn zwingende Gründe dagegen sprechen oder die Nutzung zu viel Lärm verursachen würde. Weiter soll Nidau eine fixe Infrastruktur (Strom, Wasser und Toiletten) zur Verfügung stellen.

 

Für die Umsetzung ihres Anliegens hat sich die SP Nidau mit der SP Biel zusammengetan. Nach Ablehnung von Agglolac dürfe die Brache nicht erneut während Jahrzehnten ungenutzt bleiben, schrieben die Parteien in einer Mitteilung (das BT berichtete). Man setze auf eine Initiative in Nidau und einen parlamentarischen Vorstoss in Biel. Letzterer wurde im Dezember im Stadtrat diskutiert und teilweise gutgeheissen. Die Bieler Regierung ist nun damit beauftragt, in einen Austausch mit dem Nidauer Gemeinderat zu treten und diesen dazu zu motivieren, Zwischennutzungen auf der Expo-Brache ganzjährig zuzulassen.

 

Die Unterschriftensammlung für die Initiative hat die SP Nidau Ende August lanciert. Danach blieb es jedoch ruhig um das Anliegen. «Im Trubel der Wahlen im September ging das Ganze etwas unter», räumt Parteipräsidentin Bettina Bongard ein. Nach den Wahlen wurde eine neue Fraktion gebildet, verschiedene engagierte Personen hätten frischen Wind in die Partei gebracht, so Bongard. Und so ging es schliesslich doch noch vorwärts mit dem Unterschriftensammeln. Das war auch an der Zeit: Immerhin läuft die Frist Ende Monat ab. Am Freitag sollen die knapp 400 Unterschriften der Stadt übergeben werden. Nötig für das Zustandekommen einer Volksinitiative wären in Nidau deren 250. «In der Bevölkerung hat unser Anliegen grossen Anklang gefunden», freut sich Bongard.

 

Bevölkerung einbeziehen

 

Von der Initiative profitieren könnte unter anderem Steve Iseli, Mitbetreiber der temporären Bar auf dem Expo-Areal. Gerne würde er diese während acht bis neun Monaten pro Jahr betreiben anstatt wie bisher nur deren drei. Seine Idee: eine Art Showroom, in dem die Gäste für nachhaltigen Konsum sensibilisiert werden. Ausserdem möchten Iseli und seine Mitstreiter mit der Bar Geld für soziale Projekte des Vereins Fair sammeln. All dies sei aber nur möglich, wenn man länger als ein paar Monate präsent sein könnte, so Iseli. Überhaupt sei aktuell unklar, ob die Bar diesen Sommer wie bisher während 90 Tagen aufs Expo-Areal zurückkehre.

 

Auch unabhängig vom eigenen Projekt würde Iseli das Anliegen der SP unterstützen. Die Bevölkerung müsse endlich Stellung nehmen können, was die Nutzung des Expo-Areals angehe. Bei einer Annahme der Initiative würde die Gemeinde über einen verbindlichen Auftrag verfügen und könnte Zwischennutzungen «ruhigen Gewissens» bewilligen. «Nicht genutzte Flächen sollten grundsätzlich bespielt werden», sagt Iseli. Für ihn ist klar, dass Zwischennutzungen einen Mehrwert generieren – für die Bevölkerung und für die Gemeinde. Er verweist auf den Marché du Lez in Montpellier oder Projekte in Berlin, die zu Attraktionen für die Bevölkerung und für Touristen geworden seien.

 

Und was sagt die Stadtpräsidentin zur Initiative? Die formelle Prüfung könne sie nicht vorwegnehmen, so Sandra Hess. «Inhaltlich kann ich das Anliegen durchaus nachvollziehen. So, wie das Areal heute ist, ist es wirklich nichts Schönes.» Allerdings befinde sich der Platz nicht irgendwo im Industriegebiet, sondern in einer Wohnzone – mit entsprechenden Nutzungs- und Lärmvorschriften. Ob und wie das Anliegen der Initiative da hinein passe, müsse zuerst geprüft werden.

 

Eine interessante Wendung hat das Ganze jedenfalls unterdessen genommen: Mit Tobias Egger (SP) ist ein Mitinitiant der Zwischennutzungsinitiative in den Gemeinderat gewählt worden. Ebenfalls neu im Gremium sitzt Beat Cattaruzza (GLP), bis vor kurzem Präsident des Dispo. Gut möglich, dass die beiden das Augenmerk der Regierung vermehrt auf die Nutzung des Expo-Areals lenken werden.

 

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