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Biel

Die Gestaltung ist komplexer als gedacht

Vor zwei Jahren wurde die Neugestaltung des Bieler Neumarkplatzes vom Stimmvolk bachab geschickt. Nun bringen die welschen Sozialdemokraten das Thema wieder aufs politische Parkett. Nur: Die Stadtregierung hat gar nie abgeschrieben – doch es ist kompliziert.

Öd, leer und trostlos: So sieht der Neumarktplatz heut aus. Julie Lovens/a

Julien Baumann/pl

Im Februar 2016 lehnte das Bieler Stimmvolk eine aufwändige Sanierung des Neumarktplatzes ab. Daraufhin beschloss der Gemeinderat, den Platz als neuen Standort für den Bieler Wochen- und Monatsmarkt aufzuwerten. Aber der einjährige Pilotversuch scheiterte, weil die Kundschaft ausblieb. Die Märkte sind inzwischen an ihren angestammten Platz in der Nidaugasse zurückgekehrt (das BT berichtete). Bis auf wenige Veranstaltungen wie der Lunapark oder der Zwiebelmarkt ist der Neumarktplatz nun wieder fast das ganze Jahr über öde und leer.

Heute, zwei Jahre nach dem Volks-Nein, macht die Fraktion der welschen Sozialdemokraten (PSR) einen neuen Vorstoss im Hinblick auf die Belebung des Neumarktplatzes. In einer Motion verlangt Stadtrat Mohamed Hamdaoui vom Gemeinderat ein neues «finanziell vernünftiges» Projekt, «damit am Übergang zwischen Innen- und Altstadt ein Ort der Begegnung und der Erholung entstehe». Der neue Anlauf zur Gestaltung des Neumarktplatzes sei auch deshalb sinnvoll, weil der Strassenverkehr seit der Eröffnung der Bieler Ostumfahrung «deutlich abgenommen» habe. Schliesslich argumentiert Hamdaoui: «Selbst wenn das Volk vor zwei Jahren Nein gesagt hat, bedeutet dies nicht, dass die Bevölkerung mit dem Status quo zufrieden ist.»


«Ein wunderbarer Ort»
Aber die Stadt wollte ja eben diesen Neumarktplatz durch die Ansiedlung der Wochen- und Monatsmärkte neu beleben. Und dagegen hatte sich ausgerechnet Mohamed Hamdaoui aktiv gewehrt. Liegt hier nicht ein Widerspruch zum heutigen Anliegen des Politikers? «Im Gegenteil», wehrt sich Hamdaoui, «die Initiative der Stadtregierung war eine Alibiübung, und ich habe mich für die Markfahrer eingesetzt, damit diese wieder in die Nidaugasse zurückkehren können.» Der heutige Neumarktplatz sei nämlich «grässlich» und schon lange nicht mehr für Märkte geeignet. Hamdaoui verlangt, dass der Ort «der Bevölkerung zurückgegeben» werde. Hier könnten die Menschen ihr Picknick abhalten, eine kleine Auszeit nehmen oder Petanque spielen. «Ich bin überzeugt, dass ein derart aufgewerteter Neumarktplatz ein wunderbarer Ort sein könnte», ist der Volksvertreter überzeugt.

Barbara Schwickert, die zuständige Bau-, Energie- und Umweltdirektorin, hatte sich auch nach der verlorenen Abstimmung klar für eine Veränderung des Platzes ausgesprochen. In einem Interview im November 2016 erklärte sie gegenüber dem «Bieler Tagblatt», dass der Neumarktplatz zwar erst im Rahmen der flankierenden Massnahmen zur A5 «an die Reihe» käme. Allerdings stellte die Gemeinderätin damals schon in Aussicht: «Der Platz soll aber bald einmal belebter werden. Vielleicht steht dort schon bald ein kleines Café, ein grosser Sandkasten oder ein Kunst- und Kulturprojekt.»


«Wir werden sehen»
Heute verwahrt sich Schwickert gegen den Vorwurf des PSR, die Stadtverwaltung habe die Hände in den Schoss gelegt und das Projekt Neumarkplatz vernachlässigt. Die Gemeinderätin verweist auf die baldige Erneuerung der Reitschulstrasse im Osten des Platzes: «Wir haben diesen Abschnitt in das Projekt Tempo 30 im Bubenbergquartier einbezogen», so die Baudirektorin.

Sie erinnert daran, dass der Gemeinderat seine Absichten zum Neumarktplatz im August 2016 ausführlich dargelegt hatte, nämlich in der Antwort auf eine entsprechende Interpellation von Stadträtin Ruth Tennenbaum (Passerelle). Darin wird unter anderem eine erneute Nutzung als Parkplatz kategorisch ausgeschlossen. Allerdings wurde die endgültige Lösung weit hinausgeschoben: «Die Wiederaufnahme der Neugestaltung des Neumarktplatzes sieht der Gemeinderat als mittel- bis langfristige Perspektive. Spätestens mit der Umsetzung der verkehrlich flankierenden Massnahmen zum Westast der Autobahnumfahrung sollte die Neugestaltung des Neumarktplatzes wieder aufgenommen werden», heisst es in der Stellungnahme des Gemeinderates von 2016.

Heute geht es also vorerst um die Anpassung der umliegenden Strassen, wie Barbara Schwickert erklärt: «Vor der Sommerpause werden wir beim Parlament einen Kredit für die Gestaltung der Neumarktstrasse im Westen des Platzes beantragen.» Über die Frage nach konkreten Massnahmen zur Wiederbelegung des eigentlichen Platzes hält sich die Baudirektorin bedeckt: «Der Gemeinderat wird darüber beraten. Ob wir eine ‹Version light› unterstützen werden, wie sie in der Motion verlangt wird, oder ob wir am Ende eine definitive Variante bevorzugen, bleibt offen.»

Schwickert räumt ein, dass es nicht einfach sein wird, eine gute Lösung zu finden: «Der Platz ist von Strassen umgeben, auf welchen ziemlich reger Verkehr herrscht.» Zudem fehlten schattenspendende Bäume. Aber eine grosszügige Bepflanzung würde wiederum zum Konflikt mit dem Lunapark führen – eine verzwickte Ausgangslage. «Unter den aktuellen Umständen lädt der Ort nicht zum Verweilen ein, und Kinder können dort erst recht nicht spielen», bestätigt auch die Gemeinderätin.
Aber wie steht es mit den Anregungen aus der Bevölkerung aus? «Jemand hat ein Open-Air-Kino vorgeschlagen, aber dafür eignet sich die Esplanade viel besser», antwortet Schwickert. Alles deutet also darauf hin, dass die positiven Veränderungen auf dem Neumarktplatz noch geraume Zeit in Anspruch nehmen werden. Deshalb meint die Politikerin nicht ohne eine gehörige Portion Realismus: «Wir werden sehen.»


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Biel und seine öffentlichen Plätze

Projekte zur Neugestaltung von öffentlichen Plätzen haben derzeit einen schweren Stand in Biel. Die knappe Ablehnung der Vorlage zum Neumarktplatz im Februar 2016 war für den Gemeinderat schon das zweite Volks-Nein. Wenige Monate zuvor, nämlich im März 2015, war der Umbau des Bahnhofplatzes abgelehnt worden. Stadtrat Mohamed Hamdaoui (PSR) ist überzeugt, dass die Stadtregierung im Vorfeld der Abstimmungen Fehler begangen habe: «Solche Projekte müssen vom Finanziellen her realistisch sein und der gesamten Bevölkerung dienen.» Zuvor gelte es, alle Beteiligten anzuhören: Gastwirte, Geschäftsinhaber und Leiste. «Wird bei der Planung eine Etappe vernachlässigt, läuft in dieser Stadt gar nichts», so Hamdaoui. Der Umbau des Bahnhofplatzes sollte rund 18 Millionen und jener des Neumarktplatzes rund 5 Millionen Franken kosten. Jba/pl

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