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Biel

Die Guggen bleiben stumm

Die Bieler Fasnacht wird auch nächstes Jahr nicht stattfinden. Man habe jede Möglichkeit ausgelotet und letztlich einen Vernunftentscheid gefällt, so die Faschingszunft.

Symbolbild: bt/a

Carmen Stalder

Vorletzte Woche hiess es aus Basel, dass es im nächsten Jahr wegen der Coronapandemie keine Fasnacht im gewohnten Stil geben wird. Vor ein paar Tagen meldete sich das Luzerner Fasnachtskomitee zu Wort und kündete ebenfalls eine abgespeckte Fasnacht ohne grosse Anlässe an. Und nun folgte gestern die Faschingszunft Biel mit dem drastischen Entscheid, die Fasnacht 2021 wegen der aktuellen Situation zum zweiten Mal in Folge komplett zu streichen.

«Es ist eine Katastrophe», sagt Zunftpräsident Daniel Ochsner, «einfach nur saumässig schade.» Dass die Fasnacht abgesagt ist, sei sowohl für das kulturelle Leben in der Stadt und die betroffenen Vereine als auch für die Zunft ungesund. Kommt hinzu: Letztere hätte nächstes Jahr in grossem Stil ihr 125-Jahr-Jubiläum feiern wollen. «Das haben wir uns ganz anders vorgestellt», sagt der hörbar enttäuschte Ochsner.

 

«Ellenlange Vorschriften»

Leicht hat sich die Zunft ihren Entscheid keineswegs gemacht. Seit der Bund am 2. September die «Covid-19-Verordnung besondere Lage» dahingehend angepasst hat, dass Grossveranstaltungen mit über 1000 Personen ab Oktober wieder erlaubt sind, haben sich die Bieler Fasnächtler zu mehreren Sitzungen getroffen. «Wir haben jede Möglichkeit ausgelotet», sagt Ochsner. Doch nach intensiver Auseinandersetzung mit den «ellenlangen Vorschriften» sei man zum Schluss gekommen, dass eine Durchführung des Traditionsanlasses nicht zu verantworten wäre.

«Man hängt gewissermassen dreifach in der Luft», begründet Ochsner den Entscheid. Erstens müsste der Kanton die Veranstaltung überhaupt erst bewilligen. Zweitens könnten die verordneten Massnahmen bis im Februar weiter verschärft werden. Und drittens sei es nicht ausgeschlossen, dass die Fasnacht dann nicht plötzlich doch noch kurzfristig abgesagt werden müsste. Gemäss gestern verschickter Mitteilung will man mit dem frühen Entscheid die Planungssicherheit der teilnehmenden Gruppen, Marktsteller und Einzelpersonen garantieren.

Die Faschingszunft hat durchaus diskutiert, ob nicht eine Art «Fasnacht-Light» möglich wäre. Beim Umzug beispielsweise könnten die Guggenmusiken die nötigen Abstände einhalten. Doch dann stellt sich das Problem mit den Zuschauenden: Wie sollen diese in 300er-Sektoren eingeteilt werden, in denen auch noch ihre Kontaktdaten registriert werden müssten? «Das ist praktisch nicht zu bewerkstelligen», so Ochsner.

Ähnlich schwierig sieht es bei den Schnitzelbänken aus. Klar könnten die Gruppen wie gewohnt von Lokal zu Lokal ziehen und dort ihre mal humorvollen, mal bitterbösen Verse vortragen. Doch auch hier müsste das mit Schutzmasken ausgestattete Publikum registriert und gezählt werden. Erfahrungsgemäss gilt: Je später die Stunde, desto ausgelassener die Stimmung. «Um 
20 Uhr hätten wir die Situation vielleicht noch im Griff, aber wie sieht es nach Mitternacht aus?», fragt sich der Zunftpräsident.

 

Gefährdete Vereine?

Die Verantwortlichen sorgten sich darum, was ihnen bei einer allfälligen Verbreitung des Virus an der Fasnacht drohen könnte. Es sei nicht bekannt, welche Folgen das konkret mit sich bringen würde. «Kommt dann der Veranstalter vor Gericht? Oder drohen ihm Anzeigen von betroffenen Arbeitgebern?», sagt Ochsner. Am Ende trage man auch eine moralische Verantwortung: Schliesslich könnte im schlimmsten Fall ein Fasnachtskollege angesteckt werden und am Virus sterben. «Unsere höchste Priorität ist es, die Leute zu schützen. Deshalb gibt es unter dem Patronat der Faschingszunft 2021 keine Fasnacht», fasst Ochsner zusammen.

Der Bieler sorgt sich um die betroffenen Vereine. Denn für manche von ihnen sei die Teilnahme an der Fasnacht eine Existenzgrundlage. Er schliesst nicht aus, dass einzelne Guggenmusiken eigene Veranstaltungen organisieren werden. Auch Schnitzelbänke in kleinem Rahmen wären denkbar. Wer weiss, ob im Februar also nicht doch noch etwas Fasnachtsstimmung durch die Stadt wehen wird.

Die Hoffnung der Zunft konzentriert sich derweil auf das Jahr 2022. Denn für Ochsner ist klar, dass es mit der Bieler Fasnacht weitergehen wird. «In den vergangenen 125 Jahren gab es immer wieder Krisen. Auch diese wird uns nicht auslöschen», ist er überzeugt. Die Plaketten für das Jubiläumsjahr seien übrigens bereits produziert. Sie sollen trotzdem in den Verkauf gelangen – und vielleicht könne man das geplante Geburtstagsfest wenigstens im Sommer noch etwas nachfeiern.

Stichwörter: Fasnacht, Biel

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