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Pensionierung

Die gute Seele der Redaktion tritt ab

Nach 40 Jahren als Redaktionssekretärin und Leserbrief-Redaktorin beginnt für Margrit Mast ein neuer Lebensabschnitt. Ein Rückblick auf Telex, Blitzableiter und Gloria von Kühnfels.

Margrit Mast hat die Redaktion des «Bieler Tagblatt» wie eine zweite Familie geschätzt. Mit vielen ihrer Tätigkeiten war sie oft die erste Ansprechstation der Leserinnen und Leser in Redaktionsfragen.

Theo Martin

Der damalige Chefredaktor Fritz Probst hat Margrit Mast am 1. Februar 1981 als Redaktionssekretärin angestellt – weil sie als Bauerntochter an Arbeit gewöhnt sei, wie er ihr Jahre später einmal verraten hat. Der Start beim «Bieler Tagblatt» geriet dann trotzdem harzig, weil «Maggie» – wie sie auf der Redaktion genannt wird – bereits nach fünf Tagen mit der «schlimmsten Grippe meines Lebens» während dreier Wochen flachgelegen ist.

 

Breites Spektrum

Das Wort Computer war damals noch unbekannt, geschrieben wurde auf einer «Hermes Baby». Die Texte der Nachrichtenagentur erreichten die Redaktion mittels Lochstreifen. Erst später kamen Telex-Ausdrucke dazu. Mast war dann innerhalb der Redaktion die erste Person, die mit einem Halbcomputer ausgestattet wurde – eine Schreibmaschine mit Speichermöglichkeit. Als später die ersten Computer aufkamen, wurde wieder zuerst das Redaktionssekretariat damit ausgerüstet.

Die ersten grösseren Veränderungen gab es mit dem Antritt von Martin Bühler als Chefredaktor. Von ihm hat Mast 
«extrem viel gelernt», wie sie sich gerne erinnert. Das sei sicher die Person, die sie beruflich am meisten geprägt habe. Bühler habe sie auch motiviert, Texte zu schreiben. Angefangen hat es mit der Promi-Glosse «Gloria von Kühnfels». Später folgten Texte über französische Musik, die damals im Kongresshaus häufig zu hören war. Die Betreuung der Mosaikseite war dann die erste redaktionelle Aufgabe. Später kam die Leserbriefseite dazu. In der Zeit von Chefredaktor Thomas Dähler arbeitete Mast als Abschlussredaktorin am Newsdesk. Danach betreute sie – immer zusätzlich zum Sekretariat – die Agenda. In dieser Zeit begann sie über das Kochen zu schreiben und eigene Rezepte zu verfassen.

 

Wie eine zweite Familie

Dem BT treu geblieben ist Mast, weil sie sich hier immer wohl gefühlt hat. Die abwechslungsreiche Tätigkeit gefällt ihr. In den 40 Jahren war der Gang an den Arbeitsplatz nie ein Zwang. «Ich habe das Umfeld toll gefunden und bin immer mit allen gut ausgekommen», sagt sie. Der heutige Chefredaktor Bernhard Rentsch attestiert ihr grosse 
Loyalität. Sie habe sich auf alle Personen und Konstellationen einstellen können. Wer einem Arbeitgeber so lange treu bleibe, habe einen speziellen Dank verdient, so Rentsch.

Martin Bühler erinnert sich, dass Mast über Jahrzehnte präsent, treu, loyal und vielseitig einsetzbar war – «und vor allem auch war sie effizient; ich kann mich nicht erinnern, dass ich sie je einmal mahnen musste». Mast spielt den Ball den Chefs zurück: Sie habe Produkt und Umfeld immer sehr geschätzt. Denn: «Für mich ist das ‹Bieler Tagblatt› wie eine zweite Familie.» Das Team hat ihr nach dem unerwarteten Tod ihres Sohnes wieder Halt gegeben.

Martin Bühler erinnert sich auch, dass «Maggie» nie schlechter Laune war oder etwas ablehnte, um das man sie bat. Mast hat auch den Kontakt nach aussen geschätzt. Da sie sich mit reklamierenden Personen jeweils intensiv abgegeben hat, sei es meistens doch noch gut gekommen. Auch Bühler betont, dass sie als Redaktionssekretärin und Leserbrief-Betreuerin der Leserschaft sehr nahe war und an dieser Scharnierstelle oft als Blitzableiterin fungiert hat – was der Redaktion wohl zu wenig bewusst gewesen sei.

Die Pensionierung ist schrittweise erfolgt. Mast konnte in den letzten Monaten das Pensum zuerst halbieren und später weiter reduzieren. Selbst jetzt ist es noch nicht zu Ende: Sie wird – quasi als «Betty Bossi» des «Bieler Tagblatt» – weiterhin eine Kochseite produzieren sowie als Testesserin Restaurants besuchen. Wenn nach Corona die Agenda in neuer Form starten wird, möchte sie die Nachfolgerin unterstützen.

Ob ihr noch alle früheren Kolleginnen und Kollegen in den Sinn kommen würden, fragt sie sich. Kaum, in bester Erinnerung bleiben aber auffällige Figuren. Mast denkt beispielsweise an den früheren Sport- und Biel-Redaktor Hans Küng. Einen guten Draht hatte sie auch zu den Jungen im Team. Deshalb sagt sie selber, sie habe fast so etwas wie eine Mutterrolle eingenommen. Etwas, das hat ihr durchaus entsprochen hat.

 

Zweisprachig aufgewachsen

Geboren ist Maggie Mast in Guggisberg, aufgewachsen ist sie hauptsächlich im Berner Jura in Loveresse. Dort hat sie die französische Schule besucht, hat aber früh auch deutsche Magazine gelesen. Medien haben sie schon als Kind fasziniert, ein Fernsehgerät wurde allerdings erst spät angeschafft. Zu Hause wurde deutsch gesprochen, die Geschwister verständigten sich französisch. Das Bilingue hat sich später für die Redaktionsarbeit als grossen Vorteil erwiesen. Auch wenn sie heute vor allem deutsch denkt, spricht und schreibt, ist ihr die französische Kultur sehr nahe geblieben.

Die Entwicklung in den 40 Jahren ist rasant gewesen. Computer und Internet haben die Redaktionsarbeit völlig verändert. Alles wurde schnelllebiger. Auch wenn die Jahrzehnte unglaublich schnell vorüberzogen, sei die Bereitschaft zur Veränderung stets essentiell gewesen. Das habe die Arbeit aber immer auch spannend gemacht. Mast bedauert einzig, dass der Zusammenhalt früher dank gemeinsamem Ausgang noch grösser gewesen sei.

 

Neue Ziele

Jetzt will Mast nicht mehr so früh aufstehen, sich mehr Zeit für sich nehmen und vermehrt kochen. Die Küche ist ihre Leidenschaft und im eigenen Haus haben sie und ihr Mann immer etwas zu tun. Sie sagt: «Mir ist es nie langweilig. Ich kann aber auch mal nichts machen.» Daher hat sie auch nicht Angst vor der Pensionierung. An ihrem Beruf schätzt sie, dass auch ohne Anstellung Texte entstehen können. Zudem ist ihr die Familie sehr wichtig. Das Ehepaar hütet regelmässig den Sohn einer Nichte. Denn auch wenn der dritte Lebensabschnitt der letzte ist, soll er mit sinnvollen Tätigkeiten gefüllt werden. Eine Idee ist deshalb, künftig in einem Altersheim als Vorleserin zu wirken – da wird ihr die Zweisprachigkeit wieder helfen.

 

40 Jahre beim BT

  • Chefredaktoren: Fritz Probst, Ulrich Arnd, Martin Bühler, 
Thomas Dähler, Catherine 
Duttweiler, Bernhard Rentsch.
  • Lehre in einem Hotel in Grächen, später Anstellungen in Davos, London, Reconvilier und Biel.
  • Beim BT an der Freistrasse begonnen – schon damals in einem Grossraumbüro. Später im Bözingenfeld und die letzten gut 20 Jahre im Kommunikationszentrum am Robert-Walser-Platz beim Bieler Bahnhof. tm

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