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Biel

«Die Menschen sind zurzeit sehr testmüde»

Gestern wurde am Bieler Bahnhof der erste Corona-Test-Truck eingeweiht. Obwohl die Schnelltests gratis waren, kamen nur wenige. Die Testbereitschaft müsse zunehmen, sagt Kantonssprecher Gundekar Giebel.

Der Covid-19-Testtruck im Einsatz auf dem Bahnhofplatz in Biel. Bild: Peter Samuel Jaggi

Hannah Frei


Es ist der erste Covid19-Test-Truck in der Schweiz: Bei voller Auslastung sind darin vier Zweierteams im Einsatz, die bis zu 600 Covid19-Antigen-Schnelltests pro Tag durchführen können. Der Truck soll an sogenannten Corona-Hotspots eingesetzt werden, oder auch für Massentests an Schulen oder in Dörfern.


Gestern rollte der mächtige Koloss am Mittag am Bieler Bahnhof ein – vorerst für den Testbetrieb. Zwischen 12 Uhr und 18 Uhr konnte man sich dort gratis testen lassen, auch ohne Symptome. Doch gekommen sind besonders in den ersten Stunden nur wenige. Das sei auch nicht anders zu erwarten gewesen, sagt Gundekar Giebel, Mediensprecher der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI). «Wir haben die Öffentlichkeit ja auch erst am Montag um 14 Uhr darüber informiert», sagt er.

Doch warum so kurzfristig? Man habe das OK für die Durchführung abgewartet und danach sofort losgelegt. Zurzeit dürfe man mit solchen Projekten keine Zeit verlieren. «Das Virus wartet nicht», sagt Giebel.


Ein Zwei-Wochen-Projekt
Von der Idee bis zum ersten Einsatz des Test-Trucks sind laut Giebel lediglich zwei Wochen vergangen. Es ist ein Projekt des Sonderstabs Corona des Kantons Bern. «Wir müssen uns dem Virus laufend anpassen», erklärt Giebel. Sobald eine neue Idee auf dem Tisch liege, müsse man diese umgehend testen und allenfalls umsetzen. «Uns bleibt keine Zeit mehr.»


Giebel spricht von den Mutationen aus Grossbritannien und Südafrika. Davon, dass sich diese höchstwahrscheinlich rasant verbreiten werden. Und von einer dritten Welle. Treffe diese ein, müsse man die Ansteckungsketten noch schneller unterbrechen können. Dabei soll der Test-Truck eine wesentliche Rolle spielen. Wird ein Ansteckungsherd gemeldet, könne der Truck sofort losfahren und durch gezielte Tests einen Überblick über die Situation verschaffen.


Doch zurück nach Biel: Von einem solchen Szenario war man dort gestern weit entfernt. Es ging darum, die Abläufe zu prüfen und allenfalls zu verbessern. Klar sei bereits, dass es künftig ein grösseres Vordach brauche, falls es, wie es gestern der Fall war, regnen sollte, sagt Giebel.


Immerhin: Die Test-Teams sind bereits eingespielt. Es sind keine Medizinerinnen oder Pfleger, sondern eine gemischte Truppe aus jeglichen Berufsfeldern. Sie arbeiten alle gemeinsam im Test-Center in Belp. Die Abläufe seien im Truck dieselben, sagt einer von ihnen, der in normaleren Jahren für die Gurtenfestival AG im Einsatz ist. Nur der Platz sei im Truck halt begrenzt. Begleitet werden die Test-Teams jeweils von einem Supervisor, entweder einer Ärztin oder einem Rettungssanitäter.


100 Tests, wenige positiv
Pro Stunde hätten gestern 40 Tests gemacht werden können, insgesamt wären in den sechs Stunden also 360 Tests möglich gewesen. Insgesamt liessen sich gestern aber lediglich 100 Personen testen. Positiv seien weniger als 5 Prozent gewesen, sagt Gundekar Giebel.


Er sieht nebst der spontanen Kommunikation noch einen weiteren Grund für das geringe Aufkommen gestern: «Die Menschen sind zurzeit sehr testmüde.» In den Testzentren des Kantons Bern werde zurzeit nur etwa die Hälfte der Kapazität ausgeschöpft. Zwischen 12000 und 15000 Tests werden wöchentlich durchgeführt, es wären aber problemlos 33000 machbar. Mit dem Truck sieht Giebel nun aber die Möglichkeit, auf die Leute zuzugehen und dadurch das Testprozedere einfacher zu machen.


Kein Smartphone, kein Test
Für einen Antigen-Schnelltest im Truck musste man sich online auf der Website der GSI registrieren. Kurzentschlossene konnten sich auch noch vor Ort anmelden, wovon einige Gebrauch machten. Aber dies war nicht allen vergönnt. Denn ohne Smartphone in der Tasche war sowohl die Registrierung als auch die Übermittlung des Testergebnisses nicht möglich. So musste das Test-Team einige – überwiegend ältere – Passanten abweisen.


Hatte man die Registrierung geschafft, war der Schnelltest rasch gemacht: Maske runter, Stäbchen durch die Nase in den Rachen, fünf Mal drehen und wieder raus. Das Testergebnis kam bereits 20 Minuten nach dem Test per SMS.


Schweizweit Erster seiner Art
Künftig sei aber kein Smartphone mehr nötig, um sich im Truck testen zu lassen, sagt Gundekar Giebel. Dies habe man bei der grossen Testaktion in Wengen festgestellt. Die Getesteten konnten dort gleich vor Ort auf ihr Ergebnis warten. Der Truck ist schweizweit der erste dieser Art. Laut Giebel stand im Kanton Bern im Frühjahr 2020 bereits ein Testbus im Einsatz. Es sei jedoch kein komplett ausgerüstetes Testzentrum auf Rädern gewesen.


Der Truck soll laut Giebel später auch an Veranstaltungen eingesetzt werden – aber nicht für Coronaschnelltests, sondern zum Beispiel als Samariter-Truck. Bis dahin werde es aber noch eine Weile dauern. Denn Giebel ist überzeugt: «Es wird auch diesen Sommer keine grossen Festivals geben.» Auch wenn die Zahlen weiter zurückgehen, sei dies kein Freifahrschein für die Sommer- und Herbstmonate. «Wir sind noch nicht über dem Berg.»

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