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Biel

Die SP trifft sich zum Krisengipfel

Die internen Querelen nehmen kein Ende: Zwei von drei Sektionen der SP Biel haben sich inzwischen aus der Parteiführung verabschiedet. Am Samstag wird an einem Anlass über die Zukunft der Partei debattiert.

Bild: SP Biel/ zvg

Lino Schaeren

Die Gesamtpartei der SP Biel ist seit den Wahlen 2016 vor allem mit sich selber beschäftigt. Die Geschäftsführungsmitglieder geben sich die Klinke in die Hand, die Sektionen streiten sich über die Fraktions-Abspaltung des Parti Socialiste Romand (PSR) im Stadtparlament. Und zuletzt sorgte der Versuch des Parteivorstands für Aufsehen, die Wahl von Cédric Némitz in das Präsidium der kantonalen SP zu verhindern, da der eigene Gemeinderat wegen Parteischulden betrieben wird. Die internen Querelen blieben nicht ohne Folgen: Inzwischen ist die Führung der Sozialdemokraten arg dezimiert. Nachdem der PSR bereits seit Längerem die Mitarbeit in der Gesamtpartei verweigert, hat nun auch die SP Biel-Stadt/Ost beschlossen, die Mitarbeit «per sofort und bis auf Weiteres zu sistieren», wie es in einem Schreiben an die Mitglieder vom 14. Januar heisst, das dem BT vorliegt. Damit haben sich zwei von drei Hauptsektionen aus der Gesamtpartei zurückgezogen.

Die Partei, bestehend aus den Sektionen PSR, Stadt/Ost und Madretsch sowie den Jungsozialisten, ist damit praktisch handlungsunfähig. Die Zukunft der Partei soll nun an diesem Samstag bei einem Krisengipfel beraten werden: Die SP-Mitglieder treffen sich unter dem Titel «Auf neuen Wegen, gemeinsam in die Zukunft» zu einem «Open Space». Moderiert wird der Anlass vom Basler Mediator Paul Krummenacher. Initiiert wurde das Ganze von Stadträtin Susanne Clauss. Sie sagt: «Die meisten Mitglieder wollen einfach wieder Politik machen. Viele Streitereien betreffen sie gar nicht, sie sind sie müde.» Dies zeige sich an den Mitgliederversammlungen, die immer schlechter besucht und die Partei nicht mehr repräsentieren würden. «Die, die sich in Konflikte verbissen haben, sind nicht in der Mehrheit. Ich kann mich damit nicht identifizieren.»

Die Wahlen rücken näher
Die Idee des «Open Space» sei es, jene Parteimitglieder zu erreichen, «die konstruktiv arbeiten wollen». Die Veranstaltung hat Clauss bereits im vergangenen Sommer und damit lange vor der letzten Eskalation um die Parteischulden von Cédric Némitz angestossen. Clauss betont denn auch, dass es am Samstag nicht um Vergangenheitsbewältigung gehe. «Wir wollen nicht zurück, sondern in die Zukunft schauen.» Und hier spielen auch die Gemeindewahlen vom Herbst 2020 eine Rolle, für deren Organisation und Finanzierung die Gesamtpartei verantwortlich zeichnet.

An der Organisation des samstäglichen Anlasses, sagt Clauss, beteiligten sich Mitglieder aller Sektionen. Und diskutiert werden sollen nicht nur politische Inhalte, sondern auch die Parteistruktur. Die Initiantin sagt es so: «Wenn man nicht aus dem Hamsterrad kommt, hat das oft auch mit den Strukturen zu tun.» Und in einem Hamsterrad steckt die SP Biel schon eine ganze Weile: Zuletzt wurden die Strukturen der Gesamtpartei 2014 wegen eines Zwists zwischen den Sektionen komplett überarbeitet, von einem «Neuanfang» war damals die Rede. Den parteiinternen Streitereien hat das aber offenbar keinen Abbruch getan.

Laut Clauss gehe es nun darum, herauszufinden, ob es künftig neue Gefässe braucht, in denen man politische Inhalte diskutieren könne. Die Statuten der Gesamtpartei, die etwa vorsehen, dass das jeweilige Präsidium der Sektionen auch in der Geschäftsleitung der Gesamtpartei Einsitz nimmt, seien zu starr. Mögliche Lösungsansätze will die Stadträtin keine nennen. «Ich will nicht vorgreifen. Die Ideen jedes einzelnen Teilnehmenden sind gefragt. Nicht meine Idee des ‹Open Space› bringt uns weiter, sondern die Ideen der Basis. Der Anlass ist nur das Instrument dazu», sagt Clauss. Wichtig sei vor allem, positiv an die Sache heranzugehen. «Wenn wir schon unsere Freizeit investieren, dann konstruktiv.»

«Mit alten Geschichten aufräumen»
Mit dabei sein wird am Samstag auch Ueli Egger, Co-Präsident der SP Kanton Bern. Seine Vorgängerin an der Spitze der Kantonalpartei, Ursula Marti, hatte vor ihrem Abgang im Dezember noch eine Mediation in der festgefahrenen Bieler Situation angekündigt. Der «Open Space» ist zwar nicht Teil dieser Mediation, gehört aber irgendwie doch dazu: Egger hat im Vorfeld eine Mail an alle Mitglieder der Bieler SP verschickt mit der Aufforderung, am «Grossgruppenevent» teilzunehmen, an dem der «Grundstein für neue Partei-Wege» gelegt werde. Auch habe er «mit verschiedensten Exponentinnen und Exponenten» persönlich gesprochen.

Laut dem Co-Präsidenten der Kantonalpartei werde die Mediation damit aber nicht abgeschlossen sein. Er sei, so Egger, zusammen mit der Co-Generalsekretärin der SP Schweiz Rebekka Wyler in Kontakt mit den Bieler Sektionen. Denn: «Wir müssen mit den alten Geschichten aufräumen. Soweit dies überhaupt möglich ist.»

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«Wir haben die Arbeit nicht eingestellt»
Daniela Hess ist Präsidentin der Sektion SP Biel-Stadt/Ost. Bis zuletzt stand sie als Co-Präsidentin auch der Gesamtpartei vor. Genau genommen tut sie das immer noch: Sie hat zusammen mit ihrer Sektion lediglich beschlossen, die Mitarbeit bis auf Weiteres zu sistieren. Weil dies auch die Sektion Parti Socialiste Romand (PSR) bereits vor Längerem getan hat, ist das Co-Präsidium der SP Biel derzeit verwaist. «Die Geschäftsleitung ist mit dem Rückzug von zwei von drei Sektionen eigentlich handlungsunfähig», sagt Hess.

Dem widerspricht allerdings Erich Augsburger von der Sektion SP Madretsch, der in der Gesamtpartei als Vize-Präsident amtet. Die Geschäftsleitung könne nur von der Hauptversammlung der Gesamtpartei aufgelöst werden, sagt er, solange bleibe sie bestehen. «Wir haben die Arbeit nicht eingestellt.» Wenn einer aus der gewählten Führung nicht mitmachen wolle, sei das seine Entscheidung. Augsburger sagt zudem, dass die Geschäftsleitung bisher keinen offiziellen Brief erhalten habe, in dem Daniela Hess ihren Rückzug als Präsidentin kommuniziere. Beim PSR sei das anders gewesen.

Augsburger und Hess wollen am Samstag beide am «Open Space» teilnehmen. «Mal schauen, was dabei herauskommt», sagt der Vize-Parteipräsident, vorher will er sich zum weiteren Vorgehen nicht äussern. Hess sagt, sie wolle nun positiv in die Parteizukunft schauen. Sie macht sich jedoch keine Illusionen: «Es wird keinen Neustart ohne Reibereien geben.» lsg

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