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Niels Arnold

«Die Stadt könnte effizienter arbeiten»

Der SP-Stadtrat möchte die unternehmerische Sichtweise in den Bieler Gemeinderat einbringen. Niels Arnold glaubt, dass mit dem nötigen Fachwissen und einer effizienten Arbeitsweise Millionen eingespart werden könnten.

Niels Arnold, Copyright: Matthias Käser / Bieler Tagblatt
  • Dossier

Interview: Lino Schaeren

Niels Arnold, eines Ihrer Kernanliegen sei die Ansiedlung von Firmen und die damit verbundene Schaffung von Arbeitsplätzen. Das sagten Sie vor vier Jahren. Sind Sie mit der Entwicklung zufrieden?

Niels Arnold: Zufrieden bin ich nicht. Doch das hat mit meiner persönlichen Einstellung zu tun, denn zufrieden bin ich nie. Es gab einige positive Entwicklungen. Biel hat gewisse wirtschaftliche Kernkompetenzen, etwa in der Mikroelektronik, der Medizinaltechnik oder der Cleantech. Hier muss aktiv gefördert werden. Entsteht eine Dynamik bei der Mischung aus grossen international tätigen Firmen und lokalen KMU, ist eine noch grössere nationale und internationale Ausstrahlung möglich. Ich möchte den Werkplatz Biel weiter vorwärtsbringen.

Es kann mehr getan werden?

Auf jeden Fall. Natürlich gibt es wirtschaftliche Risiken, etwa im Umfeld der Währungen, vor allem seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die SNB gibt es gewisse Rückschläge. Aber Förderung hat auch etwas zu tun mit einer aktiven Standortpolitik. Und ich habe das Gefühl, ei ne gewisse Erfahrung im Ansiedeln von Firmen im Bieler Gemeinderat würde der Stadt guttun. Diese Erfahrung bringe ich mit. Ich war bei etlichen Standortentscheiden auf der anderen Seite – in Unternehmen – sowohl im Ausland wie in der Schweiz direkt beteiligt. Bei einer Ansiedlung sind Kriterien wie etwa das Arbeitspotenzial, die Verkehrslage, die Bildung, die Verwaltung oder das Potenzial für den Markt für eine Firma mitentscheidend.

Welche Rolle spielt die Attraktivität der Stadt als Wohnstandort?

Das hängt alles eng zusammen. Die Leute brauchen einen attraktiven Wohn- und Wirtschaftsstandort, aber sie müssen auch ein Einkommen haben. Wenn man Wertschöpfung generieren kann, bringt das Mehreinnahmen für Biel mit sich. Kommen Firmen nach Biel, ist das also nicht nur positiv für die Wirtschaft, es werden Arbeitsplätze geschaffen und damit Kaufkraft generiert. Davon profitieren schliesslich auch die Einwohnergemeinde und die hiesigen Geschäfte. Wenn die Stadt Biel attraktiver wird, löst das eine positive Spirale aus.

Und was macht Biel denn nun attraktiv?

Ein attraktiver Wohnstandort besteht aus etlichen Faktoren, beispielsweise verkehrsberuhigten, familienfreundlichen Wohnquartieren, einem qualitativ guten Bildungsangebot, einem guten öV aber selbstverständlich auch attraktiven Arbeitsplätzen mit guten Verdienstmöglichkeiten. Die Zweisprachigkeit ist nicht nur eine gesellschaftliche, sondern auch eine wirtschaftliche Stärke. Zudem ist die Verkehrslage Biels mit der Nähe zu Bern, Zürich aber auch Lausanne ein grosser Vorteil.

Die Abhängigkeit Biels von der Industrie, was die Steuereinnahmen betrifft, könnte mit der Unternehmenssteuerreform III (USR III) zur Gefahr werden.

Das stimmt. Noch ist ja nicht klar, ob die USR III so zustande kommt, wie sie heute angedacht ist. Das Referendum wurde von der SP ergriffen. Wird sie aber dennoch so umgesetzt, muss es vom Kanton Kompensationen für die Gemeinden geben, um die finanziellen Ausfälle zu kompensieren. Übrigens bin ich der Auffassung, dass wir den ausfallenden Betrag auch intern einsparen könnten. Allerdings will ich nicht damit den Ausfall im Zusammenhang mit der USR III finanzieren.

Biel könnte intern 15 Millionen einsparen?

Ja, aber noch einmal: Losgelöst von der USR III, ich will nicht deswegen Einsparungen. Ich will sowohl auf der Einnahmen- wie auch auf der Ausgabenseite Verbesserungen in Millionenhöhe, damit wir die aktuellen Leistungen, wie etwa ein breites soziales und kulturelles Angebot, erhalten können. Bei einem Finanzhaushalt von jährlich 430 Millionen haben wir ein riesiges Optimierungspotenzial – ohne deswegen Leistungsabbau betreiben zu müssen. Wenn die Effizienz nur schon um fünf Prozentpunkte gesteigert werden kann, macht das schnell einmal 15 bis 20 Millionen Franken aus.

Die Stadt arbeitet nicht effizient genug?

Wir haben einen Finanzhaushalt, bei dem viele Leistungen gesetzlich vorgegeben sind. Vorgegeben wird allerdings, was gemacht werden muss, nicht wie. Die Stadt wird nicht geführt wie ein professionelles Unternehmen. Da gibt es auf Führungsebene grosse Unterschiede, betreffend Fachwissen. Die Gemeinderäte sind nicht alle Experten für die Geschäfte, die sie auf ihren Direktionen führen müssen. Würden Sie Ihr Geld jemandem anvertrauen, der davon keine Ahnung hat? Ich denke Sie würden einen Vermögensverwalter kontaktieren. Bei 100 Millionen Bruttoinvestitionen können ohne Probleme 15 bis 20 Prozent mehr herausgeholt werden. Ich weiss wovon ich spreche, ich war lange Jahre im Management von international agierenden Unternehmen. Das Leben ist etwas komplexer als Steuererhöhung versus Leistungsabbau. Es macht keinen Sinn, über Kleinstbeträge zu streiten, etwa bei den Subventionen. Optimierung muss das Thema sein.

Sie finden also, die Verwaltung arbeitet zu wenig wirksam.

Ich will nicht sagen, die Verwaltung arbeite schlecht. Das hängt mit der Führung und dem Umfeld zusammen. Die Verwaltung macht, was ihr vorgegeben wird. Welche Freiräume haben die Mitarbeiter, welche Kompetenzen? Ich würde lieber in Richtung Globalbudget gehen. Ziele vorgeben und Freiräume gewähren, das wäre spannend. Das entspricht einer unternehmerischen Sichtweise und eine politische Kontrolle wäre Voraussetzung.

Wieso ist die Sozialhilfequote in Biel in den letzten vier Jahren nicht gesunken?

Das müsste man Sozialdirektor Beat Feurer fragen, der eine deutliche Senkung versprochen hatte. Offenbar ist das Thema aber nicht so einfach, wie sich die SVP dies vorgestellt hat. Fakt ist aber: Die Quote ist zu hoch. Das hat mit der sozialen Durchmischung zu tun und damit, dass es für die betroffenen Personen nicht genügend entsprechende Arbeitsplätze gibt. Es ist nicht möglich, in Biel die gleiche Sozialhilfequote zu haben wie etwa in Mörigen, diese Vorgabe wäre absurd.

Beat Feurer hat Massnahmen präsentiert, es wurden etwa 14 neue Vollzeitstellen auf der Abteilung Soziales geschaffen. Muss man nun Geduld haben, bis Resultate sichtbar werden?

Man muss Zeit einräumen, ja. Skeptisch bin ich trotzdem, ob man mit rein administrativen Massnahmen die Quote signifikant wird senken können. Es braucht wohl einen Mix von Massnahmen. Alleinerziehende Mütter etwa benötigen Kinderbetreuungsangebote, damit sie arbeiten können. Darum müssen auch Arbeitsplätze geschaffen werden, denn ein Grossteil der Sozialhilfebezüger in Biel möchte arbeiten. Natürlich gibt es auch Missbrauch, doch jene, die Sozialhilfe beziehen müssen, befinden sich grundsätzlich in einer Notsituation.

Der Gemeinderat hat die Obergrenze der Mietzinslimiten für Sozialhilfebezüger gekürzt. Eine richtige Massnahme?

Eines möchte ich betonen: Es gibt viele Liegenschaftsbesitzer, die ein Geschäft machen mit der Sozialhilfe. Sie investieren nicht in die Gebäude, lassen sie verlottern und sahnen ab. Man müsste jene bekämpfen, die solch ein Geschäftsmodell entwickeln. Ob die Senkung der Obergrenze die richtige Massnahme ist, kann ich heute nicht abschliessend beurteilen.

Es formiert sich Widerstand gegen das Projekt Westast in seiner heutigen Form. Können Sie die Kritik nachvollziehen?

Der städtebauliche Eingriff gerade im Bereich des Anschlusses Bienne-Centre ist ziemlich massiv. Ich kann mir vorstellen, dass durch die Anschlüsse Mehrverkehr entsteht, denn hier wird nicht nur Verkehr abgesaugt, die Anschlüsse sind auch Zubringer. Auf den Westast zu verzichten, wäre wohl nicht sinnvoll. Die Frage, wie viele Anschlüsse es tatsächlich braucht und in welcher Dimension, darf aber gestellt werden.

Sie sind Ende 2014 in den Stadtrat nachgerückt, ist es bereits Zeit für den nächsten Schritt?

Ich bin seit 2004 bei der SP, hatte verschiedene Positionen in der Partei inne und bin heute noch in der Geschäftsleitung der SP Biel. Ich möchte gerne eine etwas andere, eine unternehmerische Perspektive in die Regierung bringen. Wenn man etwas fordert, muss man auch wissen, wie man es realisieren kann. Ich wäre bereit für den Gemeinderat.

 

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