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Wochenkommentar

Die Zeit nutzen, um nachzudenken

Es ist gut, dass die Abstimmung zu Agglolac erst später durchgeführt wird. Warum erklärt Peter Staub, Ressortleiter Region, im Wochenkommentar.

Peter Staub, Ressortleiter Region. Copyright / Peter Samuel Jaggi / Bieler Tagblatt

von Peter Staub

Die geplante Grossüberbauung auf dem ehemaligen Expo-Areal hinter dem Bieler Strandbad wird nicht so schnell realisiert, wie sich das die Agglolac-Promotoren gewünscht haben. Diese Woche haben die Nidauer Stadtpräsidentin Sandra Hess (FDP) und der Bieler Stapi Erich Fehr (SP) bekanntgegeben, dass die Stimmberechtigten frühestens Ende 2018 über Agglolac befinden werden. Das ist gut so. Denn bis dann müssen noch einige wichtige Fragen geklärt werden. Nicht nur die von Fehr und Hess erwähnten «einzelnen Aspekte der Planung», die noch vertieft werden sollen: Fragen zur Mobilität, zur Nutzungsdichte und zum Ortsbild, also zum geplanten 70 Meter hohen Hochhaus, das viele Nidauer im Mitwirkungsverfahren harsch kritisierten.

Als die Parlamente von Biel und Nidau im Juni 2013 über Agglolac informiert wurden, waren die Volksabstimmungen noch für Ende 2016 geplant. Im Mitwirkungsbericht zur «Teiländerung der baurechtlichen Grundordnung der Stadt Nidau im Bereich Agglolac» hiess es drei Jahre später, dass die kantonale Vorprüfung ab Juli und die öffentliche Auflage ab Oktober 2016 stattfinden sollten. Die Einspracheverhandlungen waren ab Februar geplant. Also ab jetzt. Bisher weiss die Öffentlichkeit allerdings noch nicht einmal, wie die kantonale Vorprüfung der vorgesehenen Zonenplanänderung ausfällt. Man darf also weiter gespannt sein, was der Kanton zum neuen Nutzungsplan Nidau sagt. Und ob sich die intensive Mitwirkung der Bevölkerung wirklich grundlegend auf das Projekt Agglolac auswirkt.

Unterdessen zeichnen sich für die Realisierung des «Jahrhundert-Projekts», wie Hess die geplante Grossüberbauung am See nennt, aber neue Probleme ab. Schwierigkeiten, um die sich die Machbarkeitsstudie der Bieler Baudirektion aus dem Jahr 2009 noch nicht gekümmert hatte. Wie das BTdiese Woche öffentlich machte, droht der Gegend um den Guido-Müller-Platz, der ganz in der Nähe von Agglolac liegt, nach der Eröffnung des A5-Ostasts ein veritables Verkehrschaos. Dieses wird bis zur Eröffnung des A5-Westastes im Jahr 2030 kaum behoben. Dennoch dürfte der sich abzeichnende Verkehrsstau für Agglolac das kleinere Problem sein.

Die grösste Herausforderung für Agglolac wird die hohe Dichte an gigantischen Baustellen sein, die zwischen dem Bieler Bahnhof und dem See in den nächsten Jahren aus dem Boden schiessen. Ab dem Jahr 2020 wird der A5-Westast gebaut. Das ergibt gleich mehrere Baustellen: Die Westumfahrung beinhaltet die Teilprojekte Weidteile und City mit je einem Tunnel, den Zubringer rechtes Bielerseeufer mit dem Porttunnel und der Kanalbrücke Port-Brügg. Und nicht zu vergessen, die Umfahrung Vingelz mit dem Tunnel und dem Halbanschluss Rusel. Diese Baustellen verursachen nicht nur endlosen Lastwagenverkehr, sie belasten auch die Naherholungszone am Strandboden beträchtlich.

Damit aber nicht genug. Nächste Woche präsentiert der Switzerland Innovation Park Biel das Siegerprojekt für seinen Neubau hinter dem Bahnhof, der ebenfalls in den nächsten Jahren realisiert wird. Und das ist nicht etwa die letzte Baustelle. Denn da ist auch noch der Neubau des Campus’ Technik der Fachhochschule Bern; eine veritable Grossbaustelle. Der Baustart für den Campus ist momentan für 2018 geplant. Auch hier muss mit Verzögerungen gerechnet werden, sodass diese Bauarbeiten wohl über das Jahr 2022 hinaus andauern werden.

Ob es die Gegend erträgt, dass zur gleichen Zeit Hunderte Arbeiter auf drei Grossbaustellen malochen, ist eine Frage, die auch in der Öffentlichkeit eingehend diskutiert werden muss. Damit Biel und Nidau derart aufgeklärt an der Urne über das Schicksal von Agglolac entscheiden. Deshalb ist es gut, dass die Städte den Termin für die Abstimmung verschoben haben. Nun können sie die Zeit nutzen, um darüber nachzudenken, was den Menschen im Westen Biels und in Nidau in den nächsten Jahren alles zuzumuten ist. Die Antwort wird mitentscheidend sein, ob Agglolac tatsächlich gebaut wird.

Kommentare

ligerius47

Zweimal Hr. Staub habe ich ihren Bericht gelesen. Ihre Gedanken und Aussichten können zutreffender nicht sein. Warum liesst ein Erich Fehr diese Zeilen nicht????? Der Beitrag ist doch überzeugend und zukunftgerichtet. Vermutlich sind Gruppierungen darunter denen die Finanziellen Vorteile wichtiger sind als eine gute und vernünftige Städtplanung.


Biennensis

Agglolac Biel-Bienne, Westast - A5 Biel-Bienne, Bieler Regiotram usw. - zu viel nachzudenken ist bestimmt nicht gerade gesund und Grübeln kostet Energie, Zeit und vor allem Lebensfreude!


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