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Biel

«Die Zustände im Impfzentrum sind eine Zumutung»

Zu lange Wartezeiten, keine Sitzmöglichkeiten, zu wenig Personal: Geimpfte kritisieren das Bieler Impfzentrum. Die Verantwortlichen sehen die Schuld bei denen, die nicht pünktlich zum Termin erscheinen.

Am Eingang des Bieler Impfzentrums werden die Papiere geprüft. Rein kommt nur, wer einen Termin hat.  Peter Samuel Jaggi/a
Hannah Frei
 
«Die Zustände im Bieler Impfzentrum sind eine Zumutung», sagt Wiepke Weigang. Die 80-jährige Bielerin erhielt dort gestern vor einer Woche die erste Impfdosis gegen das Coronavirus. Die Wartezeit sei beträchtlich, bei ihr seien bis zum Einlass mindestens 20 Minuten vergangen. Warten musste sie, wie alle anderen auch, im Durchgang beim Bieler Bahnhof, ohne Sitzmöglichkeiten, «im Durchzug». «Da wird man durchgetrieben wie Vieh», sagt Weigang.
 
Ihr selbst habe das lange Stehen kaum etwas ausgemacht, sie sei fit und könne dies verkraften. Aber dies sei längst nicht bei allen der Fall, die zurzeit im Bieler Impfzentrum für einen Termin vorbeischauen – die meisten von ihnen gehören zur Impfgruppe A, sind also über 75 Jahre alt.
 
Auch drinnen fehle der Platz
Auch in den Innenräumen sei der Platz begrenzt. In der Viertelstunde, die man nach der Impfung zur Überwachung noch im Zentrum verbleiben muss, habe sie sich unwohl gefühlt, trotz der Plexiglastrennwände im Warteraum. Der Raum sei zu klein, die Menschen sitzen zu nahe, so Wiegang.
 
Diese Logistik sei Gift für die Motivation, sich impfen zu lassen. Dabei sei es doch nun zentral, die Umstände für die Impfungen so klein wie möglich zu halten. Für sie ist unverständlich, weshalb für die Impfungen kein grösserer Raum zur Verfügung gestellt wurde, etwa eine Turnhalle oder ein Vereinshaus.
 
Nebst Weigang wendete sich ein weiterer Bieler mit derselben Kritik ans «Bieler Tagblatt». Er war am selben Tag wie sie im Impfzentrum, für seine zweite Impfdosis. Beim ersten Mal vor gut drei Wochen sei alles noch reibungslos verlaufen. Aber beim zweiten Mal sei der Andrang so gross gewesen, dass das Team dies nicht mehr habe stemmen können, sagt der 75-Jährige, der anonym bleiben möchte. Eine Person habe alle Aufgaben für seine Impfung alleine erledigen müssen: Impfung vorbereiten, Dokumente ausfüllen, impfen.
 
Auch er schimpft über die Situation im Impfzentrum. «Die älteren Menschen, die kaum alleine gehen konnten, haben mir leidgetan.» Die Angestellten vor Ort seien zwar freundlich und effizient gewesen, aber dies habe nicht ausgereicht, um den Andrang zu bewältigen.
 
Rund 600 Impfungen täglich
Medin-Direktor Michael Stettler nimmt zur Kritik Stellung, wiegelt jedoch ab: Er bedaure die längeren Wartezeiten. «Mir gefällt es auch nicht, wenn vor dem Zentrum viele Menschen Schlange stehen.» Dies sei aber bisher nur selten vorgekommen.
 
Die vergangenen Tage sind laut Stettler die ersten, an denen die Kapazität zu 85 bis 90 Prozent ausgelastet war; das entspricht 550 bis 600 Impfungen pro Tag. Dabei sei das Konzept des Impfzentrums zum ersten Mal richtig auf die Probe gestellt worden. Man beobachte die Entwicklung deshalb genau. Ende letzter Woche habe man die Aufenthaltszeit der zu impfenden Personen gemessen, im Schnitt seien diese nach 25 Minuten durch und wieder draussen gewesen, inklusive der 15-minütigen Wartezeit nach der Impfung.
 
Sitzmöglichkeiten vor dem Eingang zu installieren, sei wegen des Feuerschutzes nicht möglich. Personen, die weniger gut zu Fuss unterwegs sind, empfiehlt Stettler, sich für das mobile Impfteam anzumelden. Das sind zwei Equipen, die bei Nachfrage täglich jeweils zwischen 20 und 25 Hausbesuche machen.
 
Das Konzept bleibt bestehen
Am Konzept will Stettler weiterhin festhalten. «Wir haben kein Logistik- oder Platzproblem», so der Direktor. Er sei davon überzeugt, dass die Fläche im Impfzentrum ausreichend ist. Aber er habe sich eingestehen müssen: Bei habe man nicht damit gerechnet, dass mehrere Impfwillige bereits Stunden vor ihrem Termin oder gar an einem falschen Tag kommen.
 
Zudem gebe es auch immer wieder Personen, die sich ohne Termin vor dem Impfzentrum anstellen. Dies seien die Hauptgründe für die langen Wartezeiten.
Stettler appelliert daher an alle Menschen, die sich impfen lassen wollen, pünktlich zum Termin zu erscheinen. «Nur so können wir lange Wartezeiten verhindern», sagt er.
 
Man werde zudem Massnahmen treffen: Ab nächster Woche werden die Wartenden in zwei Gruppen aufgeteilt, nach Erst- und Zweitimpfung. Dadurch könne man bei denjenigen, die zum ersten Mal im Impfzentrum erscheinen, einen Teil der Anmeldung bereits beim Anstehen erledigen. Zudem rekrutiere man zurzeit zusätzliches Personal.
 
Weiter wäre denkbar, die Impfzeiten auszudehnen, folglich auch über den Mittag und an den Wochenenden zu impfen. Denn man rechne damit, im April eine grosse Ladung Impfdosen zu erhalten. Wann genau und wie viele das sein werden, wisse er jedoch nicht.

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