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Coronavirus

Diese Trainerin kontrolliert keine Zertifikate

Fitnesszentren stehen vor der Wahl: Entweder 3G mit Maskenpflicht oder 2G. Es gibt aber auch Trainingsangebote, die von den Massnahmen kaum betroffen sind.

Draussen turnen geht auch im Winter: Instruktorin Leanna Wey auf ihrer Trainingswiese. Copyright: Peter Samuel Jaggi / Bieler Tagblatt

Mengia Spahr, Hannah Hermann, Hannah Frei

Es liegen Reste durchnässten Schnees auf der Wiese am Bieler Strandboden. Wenn man den Fuss darauf setzt, schmatzt der Matsch. Hier also trainiert die Fitnessinstruktorin Leanna Wey jeden Montagabend mit einer Gruppe. Jeden.

Letzten Januar hat die Sportstudentin in Biel die Outdoortrainings von «Xung macht Yung» eingeführt. Jede Woche finden an 15 Standorten im Kanton Bern solche Trainings statt – bei jedem Wetter und auch an Feiertagen. Die Teilnehmenden in Biel sind zwischen 20 und 40 Jahren alt und haben unterschiedlichste Fitnesslevels. Sie trainieren zusammen Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Schnelligkeit und Koordination. Auf dem Programm stehen etwa Übungen an Ort und Stelle, Sprints und Sprünge auf niedrige Mauern. So habe man auch im Winter warm, versichert Leanna Wey.

 

Coronakonform trainieren

Leanna Wey sieht nur Gutes am Outdoor-Training: «Das Gefühl, immer draussen zu trainieren, ist unglaublich, und im Herbst sind die Sonnenuntergänge besonders schön.» Ausserdem gebe die Natur Energie und man werde gesundheitlich resistenter, ist Wey überzeugt. Das Konzept scheint auch bei den Teilnehmenden auf Anklang zu stossen. Einer habe zwar angekündigt, dass er im Winter nicht kommen werde, weil es ihm zu kalt sei, nun sei er aber immer noch bei jedem Training dabei, sagt Wey. Nach getaner Anstrengung in der Kälte sei man einfach zufrieden, und der Spassfaktor komme auch bei widrigen Bedingungen nicht zu kurz: «Es wird in jedem Training gelacht.»

Ein grosser Vorteil am Sport im Freien: Von den immer wechselnden Corona-Massnahmen sind die Gruppen von «Xung macht Yung» kaum tangiert. Wey erzählt, dass sie zwar zwischenzeitlich habe darauf achten müssen, dass alle die Distanzregeln einhalten. Die Polizei habe dies auf ihren Patrouillen jeweils kontrolliert. Aber ansonsten finden die Trainings ungeachtet von Zertifikats- oder Maskenpflicht statt.

Davon hat «Xung macht Yung» im Frühjahr profitiert. Wey sagt, dass die Gruppe damals grösser gewesen sei als jetzt. Da ihre Trainings nicht stattfanden, hätten sich Tennisspieler, Tänzerinnen und Boxerinnen vorübergehend der Gruppe angeschlossen, bis sie wieder ihre Sportart ausüben konnten. Bislang hat die Standortleiterin noch keinen neuerlichen Andrang bemerkt von Leuten, die wegen der Zertifikatspflicht eine Alternative zum Fitnessstudio suchen. «Ich könnte mir aber vorstellen, dass sich nun einige überlegen, zu uns zu kommen.»

 

Boxen für alle

Denn seit gestern die neuen Corona-Massnahmen des Bundes in Kraft getreten sind, gilt in Fitnessstudios eine Maskenpflicht, es sei denn, die Betreiberinnen führen freiwillig 2G ein. In diesem Fall darf trainieren, wer geimpft oder genesen ist.

Die neuen Massnahmen betreffen etwa Roger Rubi. Er betreibt in Brügg und Lyss das MTSB Fightsports. Für ihn und seine Mitarbeitenden haben die Bestimmungen von Freitag vor allem eins bedeutet: Überstunden. Um den im Studio Trainierenden trotzdem weiterhin Angebote zur Verfügung zu stellen, musste über das Wochenende ein Plan ausgetüftelt werden. Rubi entschied sich gegen eine 2G-Regel in seinem Unternehmen.

Grund dafür sei, dass er motivierte Leute, die schon seit vielen Jahren in sein Studio kommen, nicht ausschliessen möchte. Jeder solle die Chance haben, weiterhin sein Immunsystem zu stärken und sich fit zu fühlen, so Rubi. Er wolle in den schwierigen Zeiten etwas Positivität unter seinen Sportlern verbreiten. Dafür offeriert der 43-Jährige seinen Kundinnen zweimal pro Woche frische Früchte.

Bereits seit September müssen Rubi und seine Mitarbeitenden vor jedem Kurs die Zertifikate aller Anwesenden kontrollieren. Das beanspruche Zeit. Man habe die Frequenz der angebotenen Kurse reduzieren müssen, sagt der Geschäftsführer. Dies bleibe nicht ohne Folgen: Die ersten Kündigungen sind schon eingetroffen. Wer kein Zertifikat besitzt und sich fit halten möchte, kann dennoch in der Kampfsportschule vorbeischauen. Das Team des MTSB Fightsports wird neu sein Outdoor-Programm über den Winter beibehalten. Dafür wurde auch schon ein gedeckter Platz als Trainingsort gefunden. Den eisigen Temperaturen im Dezember muss man allerdings standhalten können.

Rubi hofft, dass es ab Januar langsam wieder Lockerungen gibt. Für die kommenden Monate will der selbstständige Unternehmer weiterhin positiv bleiben und sich, wie es sich für einen Kampfsportler gehört, durchboxen.

 

Herakles setzt auf 2G

Anders klingt es im Herakles-Fitnesspark in Sutz: Dort gilt seit gestern die 2G-Regel. Für seine Kunden sei das die angenehmste und einfachste Lösung, sagt Geschäftsführer Philipp Weibel gegenüber «Telebielingue». Im Grunde würden bereits seit dem 13. September praktisch nur noch Geimpfte und Genesene kommen. «Es ist kaum jemand bereit, sich zwei- oder dreimal pro Woche testen zu lassen, um zu trainieren», sagt Weibel. Seit der Einführung der 2G-Regel habe er daher hauptsächlich positive Rückmeldungen erhalten. Dass er dadurch seine Kundschaft verlieren könnte, glaubt er nicht. «Für meine Kunden war die 2G-Regel vielmehr ein Ausatmen», so Weibel. Die kommenden Tage sieht der Fitnesstrainer als Testphase für das, was danach folgt. «Ich denke, der Bundesrat hat uns bewusst die Wahl gelassen, um zu sehen, für was sich das Gewerbe entscheidet. Er fühlt den Puls.» Das Resultat werde dann wohl in den nächsten Entscheid des Bundesrates mit einfliessen.

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